Re: The Black Keys

#1031375  | PERMALINK

friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

Beiträge: 5,160

Nur noch 10 Tage bis zur Veröffentlichung des neuen The Black Keys-Albums BROTHERS. Wir haben aber noch zwei TBK-Alben aus dem back catalogue, eine Hip Hop-Kollaboration und ein Dan Auerbach-Soloalbum zu besprechen. Die Zeit drängt also.

Offenbar besteht bei den RS-Forianern mehr Diskussionsbedarf wegen eines einzigen, mehr als 30 Jahre alten Songs der Stones und einer noch nicht einmal veröffentlichten Scheibe des Barock Pop-Dinosauriers Jeff Lynne/ELO als wegen des heißesten Rock Duos Anfang des 21. Jahrhunderts. Die Geschmäcker sind halt verschieden, da kann man nichts machen. ;-) TBK fliegen offenbar unter dem Radar und das ist auch gut so. Da wird man zwar nicht so leicht wahrgenommen, darf aber machen, was man will. Gerade das gefällt mir und deswegen mache ich weiter. Dennoch möchte ich noch mal erwähnen, das jeder eingeladen ist, sich hier zu beteiligen.

Das vierte TBK-Album MAGIC POTION (dtsch: Zaubertrank) erschien 2006. Das Cover zeigt vorne die Zeichnung eines Farbergé-Eis, auf der Rückseite die Zeichnung eines Vogels und auf der Innenseite das Foto eines – Spiegeleis. Das Beste sind aber die Fotos im Booklet: TBK in ihrem Proberaum, einem Keller, in dem neben allerlei musikalischen Gerät auch eine Waschmaschine steht. Wie gesagt: TBK fliegen unter dem Radar.

Gleich das erste Stück auf MP ist ein kleines Meisterwerk. JUST GOT TO BE ist ein 3-minütiges Drama zwischen E-Gitarre und Drums. Ein knackiges Thema mit spannendem stop-and-go, unheimlicher Text („evil hearts / in dark places / but now I find it / in familiar faces“) und kurz vor Schluss schraubt Dan Auerbach JGTB mit einem kurzen Solo auf den Höhepunkt, bevor das Stück wieder auf dem Boden landet. Grandios! Knapp und effektiv auf den Punkt gebracht. Diese Einfachheit zeichnet MP über die gesamte Länge aus. YOUR TOUCH ist ein packender Rocker, YOU’RE THE ONE und THE FLAME zeigen wieder die melancholische und nachdenkliche Seite der TBK. STRANGE DESIRE ist ein weiteres Meisterstück an dramatischen Songaufbau, wobei hier die Intensität im Laufe des Stücks gesteigert wird, indem TBK das Tempo raus nehmen und sich auf einen kurzen psychedelischen Trip begeben. MODERN TIMES fetzt dann wieder und die übrigen Songs sind nicht von minderer Güte. Jeder einzelner ein kleiner Ohrwurm.

Bei aller Qualität ist MAGIC POTION für TBK jedoch kein Schritt nach vorne. Sie gehen nicht weiter auf dem Weg, auf den sie sich mit RUBBER FACTORY begeben hatten. Also nicht weiter in Richtung größere stilistische Breite und komplexere Produktion. Nichts Neues also von TBK. MP ist back to basics. Auf die Essenz reduzierter, riff-orientierter, im Blues verwurzelter Rock, der sich ausschließlich zwischen git., dr. und voc. abspielt. TBK tun das, was sie am besten können, und zwar auf höchstem Niveau. Insofern ist MP auch keineswegs enttäuschend. Eine runde Sache mit durchweg erstklassigen Songs. TBK könnten immer so weitermachen. Dennoch haben sie sich für die nächste Platte ATTACK & RELEASE etwas Neues ausgedacht.

Fortsetzung folgt.

--

„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)