Re: The Black Keys

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friedrich

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THR BIG COME UP

Das Debüt von The Black Keys (kurz auch: TBK) THE BIG COME UP (2002) beginnt mit einem absolut klassisch klingenden Blues-Motiv auf der E-Gitarre. Eigentlich erwartet man als nächstes die Stimme von John Lee Hooker, Howlin’ Wolf oder Muddy Waters zu hören. Stattdessen hört man aber Dan Auerbach, damals gerade Anfang 20, aber doch mit einer kräftigen und reifen und rauen Stimme. Verzerrter und satter Gitarrensound, dazu ein sparsam ratterndes Schlagzeug von Pat Carney, das das Stück namens BUSTED knapp und effektiv strukturiert. DO THE RUMP ist dann richtig rumpelig, auch hier ein deutlicher Blueseinschlag. Rockiger wird es dann mit I’LL BE YOUR MAN und mit COUNTDOWN fangen TBK an zu grooven. An den Anfang von THE BREAKS haben TBK einen Hip Hop-Beat gesetzt (aber nur als gesampeltes Zitat), man merkt also, dass der musikalische Horizont von TBK durchaus über den Tellerand des Blues hinausreicht. HEAVY SOUL ist ein herrlich groovender Bluesrock, bei dem kurz vor Schluss die Sicherungen durchzubrennen drohen, weil DA ausgiebig Gebrauch von der Fuzzbox macht und PC als Produzent nicht zimperlich dabei ist, das kurze Gitarrensolo brutal in den Vordergrund zu mischen, so dass die Trommelfelle fast bis zum Anschlag belastet werden. SHE SAID SHE SAID ist ein Cover des Beatles-Songs.

Auch die übrigen Songs changieren zwischen Blues und Rock. Sie sind vielleicht nicht alle herausragend aber grundsolide. Absolut überzeugend ist aber die frische wir-haben-keine-Chance-aber-wir-nutzen-sie-Haltung von TBK. Da klingt so, als hätte man es mit den bescheidenen technischen Mitteln, über die man verfügt, selbst zusammengezimmert. Der Sound hat bestenfalls Übungskellerqualität, keinerlei Brillanz und Tranzparenz, ist aber satt und kraftvoll. Fängt den verzerrten, tiefenlastigen Klang der Gitarre und der Stimme von DA perfekt ein und die Drums rumpeln und scheppern. Der Verzicht auf einen Bass ist keineswegs ein Mangel, sondern hat den Effekt, dass die Musik sehr konzentriert und komprimiert und auf den Punkt gebracht klingt. Es spielt sich alles auf engstem Raum und in einer kurzen Zeitspanne ab. Basta!

50er Jahre Blues, Jimi Hendrix, britischer Bluesrock der späten 60er, vielleicht sogar die sumpfigeren Stücke von CCR sind wohl einige der Bezugspunkte von TBK. Was aber TBK aus der nostalgischen Retro-Ecke herausholt, ist, dass sie offensichtlich auch amerikanischen Indierock der 80er und 90er lieben. PC hat mal erwähnt, dass ihn als Teenager die Band Pavement (die ich – offen gesagt – nicht kenne) schwer beeindruckt hat. Ich kann es natürlich nicht belegen, aber ich würde mich so weit herauslehnen, zu behaupten, dass auch Bands wie Hüsker Dü und vor allem Dinosaur Jr. bei TBK Spuren hinterlassen haben. Die kleinen Hip Hop Zitate deuten noch auf etwas anderes hin, von dem wir später mehr hören werden: auch Black Music ist den THK nicht fremd.

THE BIG COME UP ist ein gutes und frisches Debüt. Keineswegs perfekt aber durch seine sympathische, engagierte do-it-yourself Haltung überzeugend. Ich kenne TBCU erst seit kurzem. Die erste Platte von TBK, die ich hörte, war der Nachfolger THICKFREAKNESS. Ein Stück davon traf mich direkt in die Magengrube. Davon später.

Gruß,

F.

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)