Antwort auf: Die Gitarre im Jazz

#10250561  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 67,300

Ich bleibe noch etwas bei Joe Pass … bei Norman Granz‘ neuem Label Pablo wurde er in den Siebzigern war er nahezu omnipräsent (was seinem Image bei mir nicht gerade zuträglich war, aber man kann seine Fehler ja manchmal korrigieren) und nahm neben seinen Solo-Alben und seinen bekannten Duos mit Ella Fitzgerald auch mit verschiedenen anderen Musikern auf. Duke Ellington hat sich jedenfalls sehr lobenswert geäussert und die Duke’s Big 4 mit Pass, Ray Brown und Louis Bellson sind auch wirklich toll!

In den Studios wollte Pass sich ja gerade nicht versenken lassen, obwohl er zweifellos innert weniger Sekunden zum gefragtesten Gitarren-Slinger von Kalifornien geworden wäre – einen Eindruck davon mögen die LA-Sessions von 1970/71 (oder schon von Ende der Sechziger, die Daten scheinen unklar) geben, die auf der CD Better Days (welche Ironie!) zu finden sind und Pass an der Seite von Carol Kaye (yeah!), Ray Brown, Joe Sample, Milt Holland, Earl Palmer, Paul Humphrey, Tom Scott, J. J. Johnson, Conte Candoli und anderen präsentieren – leichte Kost mit schweren Beats, also irgendwie gar nicht für Pass geeignet, aber ab und zu machen diese Aufnahmen durchaus Spass (das Titelstück „Better Days“ erschien übrigens schon auf der Carol Kay-Compilation desselben Labels, „The First Lady on Bass“, das Label ist deutsch und heisst Hot Wire – die Tracklist auf „Better Days“ stimmt übrigens nicht mit der Reihenfolge der Tracks auf der CD überein). Die Stücke stammen von Scott, Sample, Johnson sowie von Richard Evans, Steve Hufstetter, Ralph Peña und Jimmy Rowles, zudem sind ein Carole King-Cover und ein Standard („We’ll Be Together Again“) zu hören, doch meistens wird ausgeblendet, bevor es richtig interessant wird. Nach den zehn Stücken mit den genannte Leute sind noch sieben von den „O’Jai Trio Sessions“ zu hören: Joe Pass (g), Carol Kaye (b) und Paul Humphrey (d). Zwei der Stücke finden sich neben dem bei Pass fehlenden „Bass Blues“ ebenfalls auf der Kaye-CD wieder.

Das alles ist gewiss nur ein unbedeutendes Nebengeleise in der Karriere von Pass – sowas wie das Ende der Sackgasse, in der er in den späten Sechzigern gelandet war mit dem Schlock, den er für Richard Bock aufnahm – sowas wie The Stones Jazz (da sind mit John Pisano und Dennis Budimir gleich noch zwei tolle Gitarristen versenkt) – Fahrstuhlmusik für den Fahrstuhl in den Muzak-Limbus:

Das war tatsächlich das Album, das auf „For Django“ folgte, Pass‘ erstes grosses Meisterwerk … nicht besser war das nächste Album, Sign o‘ the Times mit nervtötendem „uuuh uuuuh“-Gesang, bei dem auch noch Chet Baker mitwirkte, der damals auch nicht seine beste Phase durchmachte und von Bock ebenfalls für allerlei Unsinn missbraucht wurde. An dritter Stelle (kurz vor der 8-Minuten-Marke) findet man da auch Jobims „Dindi“:

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba