Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Blindfold Test #22 – Friedrich › Antwort auf: Blindfold Test #22 – Friedrich
friedrich
An Johnny Hodges hatte ich später auch noch gedacht. Wo ordnet @gypsy-tail-wind den im Jazz-Raum-Zeit-Kontinuum eigentlich ein?
Beim Altsax ist die Sache eigentlich viel einfacher … mit Hawkins bahnt sich das Tenorsax ja bereits allmählich den Weg an der Trompete vorbei zum Königsinstrument des Jazz. Am Altsax gibt es nur wenige frühe Vertreter (Don Redman vor allem), dann die Solisten, die vielleicht etwas älter waren aber in der Swing-Ära gross rauskamen (das sind primär Johnny Hodges mit Ellington; Benny Carter, meist mit eigenen Bands; Willie Smith mit Jimmie Lunceford; und daneben noch ein paar weitere wie z.B. Charlie Holmes mit Luis Russell). Und dann folgt mit Charlie Parker der grosse Bruch, danach eine Reihe stark bis übermässig von ihm beeinflusster Nachfolger, von Sonny Stitt und Lou Donaldson über Ernie Henry, Gigi Gryce, Cannonball Adderley bis hin zu Jackie McLean und Eric Dolphy … wobei der eine oder andere sich natürlich freispielen konnte und gerade die beiden letztgenannten stilitisch deutlich weiter gingen … und dann folgt der nächste Bruch mit Ornette Coleman – und danach öffnet sich das Feld wohl wieder, mit Leuten wie Marion Brown, John Tchicai (noch einer, der Alt und Tenor spielte, aber auch Sopran und Bariton), Noah Howard, Charles Tyler etc., ebenso wie mit etwas älteren oder gleich alten Jimmy Lyons, Ken McIntyre oder McLean … aber da sind wir längst mitten in der Zersplitterung der Siebziger, wo einfache Zuordnungen eh nicht mehr wirklich greifen. Die zeitliche Schiene, die ungefähr parallel zur oben geschilderten (und natürlich auch schon massiv verkürzten: Chu Berry und Herschel Evans wären zu nennen, die Bedeutung von Webster wäre herauszustreichen, die ganze auf Pres folgende Texas-Tenor-Linie, die dann ja auch bis zu Ornette führt, wäre ordentlich zu bewerten, Solitäre wie der in der Tenor-Battle präsente Budd Johnson wären zu erwähnen etc. etc.) Tenor-Geschichte läuft, wäre bei Parker ungefähr zu Ende, zeitlich wie stilistisch (klar, ich habe auch Rollins und Coltrane erwähnt, aber hier ja auch McLean und Cannonball).
Aber mich dünkt halt schon, dass das Tenorsaxophon das Instrument ist, auf dem in der Geschichte des Jazz die grösste Vielfalt an persönlichen Ausdrucksmöglichkeiten entstanden ist, deshalb ist es auch so faszinierend, das bis in die Verästelungen hinaus zu verfolgen.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba