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Heute Abend ab 22 Uhr gibt es auf StoneFM die nächste Folge meiner Serie zu John Coltrane, der vor 50 Jahren verstarb. Warum ich das hier im Miles Davis-Thread erwähne? Weil im Mittelpunkt Aufnahmen des Davis-Sextetts von 1958/59 (mit Cannonball Adderley, John Coltrane, Bill Eavns/Wynton Kelly, Paul Chambers und Jimmmy Cobb) sowie von der Europa-Tour des Quintetts (Coltrane, Kelly, Chambers, Cobb) im März/April 1960 stehen.
Mitten drin, im März 1959, entstand das bahnbrechende Album „Kind of Blue“, einer der Klassiker des Jazz. Darauf perfektioniert die Band – mit Hilfe ihres damals schon ehemaligen Pianisten Bill Evans, der auf den meisten Stücken seinen Nachfolger Wynton Kelly ersetzt – eine neue Form der Improvisation, die auf wenigen Tonleitern statt auf Songformen mit mehr oder minder standatisierten Akkord-Folgen beruht. Man sprach bald vom „modalen Jazz“ (Modus=Tonart/Tonleiter) und „So What“, das auf gerade mal zwei Tonleitern beruht, wurde zu einer der einflussreichsten Kompositionen der Jazzgeschichte.
Das Stück behält die 32taktige Chorus-Form bei, in je vier 8taktigen Abschnitten und einer übliche AABA-Form, in der aber die A-Teile in einer Tonart gespielt werden, wärhend sich der B-Teil einen Halbton hochschraubt. Diese Reduktion bietet dem Solisten viel mehr Freiräume, aber bürdet ihm auch deutlich mehr Verantwortung auf – im Autopilot durch altbekannte Changes zu Steuern geht nicht mehr, jeder Moment muss selbst gestaltet werden, sei es es durch Reduktion auf die Essenz, auf den Sound (à la Davis), durch Überlagerung von passenden neuen Strukturen der konventionelleren (Adderley) oder unkonventionelleren (Coltrane) Art.
Noch radikaler – und in letzter Konsequenz erfolgte der Bruch im zauberhaften „Flamenco Sketches“. Hier sind einzig fünf Tonleitern bzw. deren Abfolge festgelegt, jeder Solist entscheidet selbst, wann er zur nächsten wechseln will – die Rhyhtmusgruppe muss auf Zehenspitzen zuhören und reagieren, wenn es soweit ist. Eine sich repetierende Chorusstruktur gibt es nicht mehr, wenn der Solist die letzte Tonart erreicht hat, übernimmt der nächste und fängt denselben Zyklus wieder von vorne an.
Zur Sendungseinfürhung hier lang:
http://www.radiostonefm.de/naechste-sendungen/4250-170530-ggj-53
Über zahlreiches Publikum würde ich mich natürlich freuen!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba