Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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Philharmonia Zürich, 3. La Scintilla Konzert – Opernhaus Zürich – 20.2.

Julie Fuchs, Sopran
Orchestra La Scintilla
Raphaël Pichon, Dirigent

Jean-Philippe Rameau (1683-1764)
Zaïs: Ouverture
Platée: Récit et air de la Folie «Formons les plus brillants concerts… Aux langueurs d’Apollon»
Les Boréades: Entrée de Polymnie

Castor et Pollux: Prélude de tambour voilé et scène funèbre
Castor et Pollux: Air de Télaïre «Tristes apprêts, pâles flambeaux»

Les Paladins: Entrée très gaye de troubadours
Les Boréades: Contredanse en rondeau
Les Boréades: Ariette d’Alphise «Un horizon serein»

Jean-Philippe Rameau
Zoroastre: Air tendre en rondeau
Les Indes galantes: Air de Phani «Viens, hymen»

Christoph Willibald Gluck (1714-1787)
Orphée et Eurydice: Introduction au second acte/ Danse des furies
Orphée et Eurydice: Danse des Ombres heureuses
Orphée et Eurydice: Récit, Air et Duo (Eurydice) «Mais d’où vient qu’il persiste à garder le silence…/ «Fortune ennemie, quelle barbarie»

Jean-Philippe Rameau
Les Fêtes d’Hébé: Tambourin en rondeau
Dardanus: Chaconne
Les Indes galantes: «Régnez, plaisirs et jeux» (Zima)

Zugaben:

Georg Friedrich Händel (1685-1759):
Alcina: «Credete al mio dolore« (Morgana)

Jean-Philippe Rameau
Platée: Récit et air de la Folie «Formons les plus brillants concerts… Aux langueurs d’Apollon»

Gestern Abend im Opernhaus Julie Fuchs mit dem hauseigenen HIP-Ensemble, das ich inzwischen schon mehrmals in Opern gehört habe. Es war dies allerdings das erste Mal, dass ich ein Konzert in der Oper hörte. Die Bühne war mit einem riesigen Vorhang, der zur pseudobarocken Stuck-Ausstattung passte, verhängt, das Orchester spielte im ganz nach oben gefahrenen Graben, was leider dazu führte, dass es etwas schwierig war, die Solistin und den Dirigenten zu sehen, da sie schlicht zu weit vorn im Raum standen. Doch die Köpfte reckten sich neugierig nach vorn, um Julie Fuchs zu lauschen, die später in einer kurzen Ansage meinte, sie käme stets sehr gerne nach Zürich.

Der erste Auftritt gelang: sehr theatralisch trat sie (für mich unsichtbar) zunächst auf der Seite ins Parkett, schleuderte erste Worte aus Rameaus „Air de la folie“ in den Saal, warf die Tür hinter sich zu, kam wieder herein, drang am Rand fast bis zur Bühne vor, raus, Türe zu, und dann kam sie auf die Bühne, wo es auch gleich noch zu Spielereien mit dem Dirigenten Raphaël Pichon kam. Die beiden strahlten viel Freude an der Musik aus, die sie zusammen auf die Bühne brachten. La Scintilla beeindruckte mich ja bei Opern-Aufführungen bisher sehr, in der Konzertsituation fand ich da und dort etwas zu mäkeln, an der Intonation, am nicht so gut integrierten Klang der Streicher … das mag auch mit der Positionierung zu weit oben im Raum (und die Stimme dann zu weit vorn) zu tun haben, doch die Skepsis verflog mit der Zeit immer mehr und es gab auch ein paar Glanzpunkte des Orchesters, ein paar Momente höchster Konzentration gerade im langsamen Tempo und wenn es so leise wurde, dass man – leider – das Brummen der Lüftung hören konnte.

Fuchs überstrahlte mit ihrem Charme jedoch alles, und stimmlich scheint sie der Herausforderung mehr als gewachsen zu sein. Auch sie hatte immer wieder betörende Momente, ein paar Male auch ganz zart und leise, dann wieder beschwingt und mit einem Drang, den Pichon am Pult zwar auch verkörperte, der beim Orchester aber manchmal nur halb anzukommen schien. Doch wie gesagt: je länger das Konzert, desto besser wurde es, desto höher die Konzentration. Eine Zugabe wurde dann selbstverständlich gefordert und Fuchs sang die betörende Arie der Morgana, mit der sie schon in der Aufführung von „Alcina“ (auch mit La Scintilla, dirigiert von Giovanni Antonini) geglänzt hatte. Damit war noch nicht genug, und nach der erwähnten Ansage (in französisch natürlich, das soll man in der Schweiz auch düften) gab es noch eine Reprise der „Folie“ von Rameau, diesmal etwas anders inszeniert, aber nicht weniger bühnenwirksam. Am Ende gab es eine Standing Ovation, die alles in allem gewiss nicht unverdient war.

Die Händel-Arie gibt es – mit einem etwas seltsamen Ensemble an modernen und postmodernen Instrumenten – auch in der Tube:

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