Antwort auf: 07.01.2017 – Konsensspiel "Psychedelische Musik "| Wüste Mischung

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demon

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20. N. Rajam – Raga Bageshree Kanhra (2004)

A: Maestro’s Choice (2004)

Nominiert von wahr; er schreibt dazu:

Mir war wichtig, den Begriff der „psychedelischen Musik“ erweitert zu begreifen – also nicht nur als westlich geprägten Psychedelic Rock – sondern auch zum Beispiel diejenigen Musiken mit einzubeziehen, die dem psychedelischen Rock als Inspiration galten – oder eben aus ganz anderen Zusammenhängen einen bewusstseinserweiternden Spin aussenden. Um ein Beispiel aus der indischen Musik vorzuschlagen, wollte ich ursprünglich eigentlich was von Ali Akbar Khan suchen, fand dann aber stattdessen auf Youtube den „Raga Bageshree Kanhra“ von N. Rajam. Indische Musik und indische Instrumente waren eine wichtige Inspiration für die westlich geprägte Psychedelik, wie sie in den 1960ern und 70ern in Europa, den USA und auch auf anderen Kontinenten entstand. Das hatte sicher auch mit den fremdartigen Metren und Stimmungen zu tun, mit denen indische Musik arbeitet. Ich finde das nämlich einen ganz wichtigen Aspekt, der Musik psychedelisch werden lassen kann: Dass sie sich von Fremdem und Ungewohntem inspirieren lässt, sich darauf einlässt, sich eben nicht nur aus dem bedient, was es schon kennt. Die Psychedelik beginnt dort, wo Musik ungewohntes Terrain betritt, das nicht sofort zu erfassen ist. Wie sonst soll Musik auch das Bewusstsein erweitern, wenn nicht über das Unbekannte? Dass das Unbekannte irgendwann nach dem ersten Hören dann wiederum bekannt ist, nimmt ihr auch ein bisschen die Psychedelik. Deswegen wäre es schade gewesen, wenn nur die altbekannten Heuler des Psychedelic Rock in der Konsensliste ihren Platz gefunden hätten. Sie beziehen für den Hörer ihre Psychedelik teilweise nur noch aus dem Abruf nostalgischer Gefühle, nämlich aus den Gefühlen, die man damals hatte, als man sie die ersten Male gehört hat.

Ich kann zu N. Rajam nicht viel sagen. Eine Virtuosin auf der Violine, Musikprofessorin, die klassische hinduistische Musik spielt. Der „Raga Bageshree Kanhra“ erinnert mich daran, dass Musik manchmal mehr Zeit benötigt, um ausgespielt zu werden, als man bereit ist zu investieren. Wenn man sich die halbe Stunde dieser Violine ausgesetzt hat, wie sie fortgesetzt und scheinbar mühelos Melodien in für westlich geschulte Ohren ungewohnten Skalen spielt, Wendungen einflicht und die Stille dazwischen belässt, dann kann man schon von einer bewusstseinserweiternden Erfahrung sprechen. Eine Erfahrung eben, die ohne das Unbekannte nicht zu haben ist.

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Software ist die ultimative Bürokratie.