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wahrensfeld Zweitaccount von 'wahr', solange der Erstaccount nicht funktioniert hat. Ist mittlerweile behoben.
Registriert seit: 22.12.2016
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Kommentare sind recht spontan zusammengedengelt.
1 David Bowie – ★
Ein großes Album. Letztens habe ich es sogar geschafft, es von Anfang bis Ende durchzuhören. Langsam kann ich den Gedanken an mich heran lassen, in einer Welt zu leben, in der Bowie nicht mehr lebt. Hätte er doch wenigstens eine Scheißplatte als letzte veröffentlicht. Aber so wird mir nochmal schmerzlicher bewusst, was für ein großer Künstler die Bühne verlassen hat.
2 Case/Lang/Veirs – Case/Lang/Veirs
Laura Veirs‘ „July Flame“ ist zurzeit mein liebstes Album aller Zeiten. Aber diese Kollaboration der drei Frauen Case/Lang/Veirs ist auch ganz wunderbarer Schreiber- und Ausführerstoff.
3 Anna Högberg Attack – Anna Högberg Attack
Ob das jetzt die Wahl von Hipstern ist, wie der geschätzte User vorgarten an anderer Stelle schrieb, mag ich nicht zu entscheiden. Ich komme eh zum Jazz – und in diesem Fall kann man wohl auch Free Jazz sagen – wie ein Stolperer im Plattenladen. Also spontan, tölpelhaft, zufällig und relativ kontextlos. Ich kann nur jedem empfehlen, immer ein Genre oder auch Subgenre in der Hinterhand zu haben, dem man sich so nähert. Denn so tat man es früher in seinen ersten Musiksozialisierungsphasen ja auch: Man hörte etwas wie es kam, vielleicht, weil das Cover gefiel, man zufällig was aufgeschnappt hatte in einem beliebigen Medium oder man aus dem Berg an Tonträgern der Schwägerin irgendwas rauszog. Ohne Chronologie oder große Vorbereitung lässt man sich überrumpeln und begeistern, taucht dann vielleicht etwas tiefer, um am Ende vielleicht von diesem zufälligen Punkt aus weiter zu suchen und zu entdecken. Glaubt kein Wort, wenn euch jemand weismachen möchte, man müsse alles von Musiker X besitzen, um dessen Musik zu „verstehen“. Oder schlimmer noch, man müsse sowieso erst die Beatles kennenlernen, bevor man sich Musiker X widmen darf. Musik ist immer vor ihrer historischen Einordnung da. Die historisch-chronologische Musikbetrachtung tut aber manchmal so, als wäre sie unverzichtbar, um Musik beurteilen zu können. Ist sie nicht, man kommt nur einfach zu unterschiedlichen Schlüssen. Ein frischer Eindruck über Musik kann genauso spannend sein, wie ein gesetzter, historisch-kanonisch abgesicherter. Es ist eben ein anderer Kontext. Deswegen soll und darf man sich ja auch gerne zu Musik äußern, egal, wie sehr man sich im „Genre“ auskennt. Ähm, wo war ich? Ach ja, Hipster-Jazz. Man kann durchaus eine Parallele ziehen von Högberg zu Kamasi Washington, dem letztjährigen Hipsterverdächtigen im Jazz. Vielleicht so: Was Kamasi für Bebob ist, nämlich ein inspiriertes, bürgerrechtsbewegtes, trotz des ambitionierten Vorhabens nicht allzusehr auf anstrengendes Hören ausgelegtes Jazz-Konzept, das ist die Högberg vielleicht für Freejazz 2016: Freie Improvisation um locker geknüpfte Themen, eher „lyrisch“ und melodiös umgesetzt, also gar nicht unbedingt die Attacke reitend, wie im Titel und Namen des Quintetts angegeben. Aber eben die Attacke implizierend. So wie Kamasi Washington ja auch das große Ganze impliziert, den Großen Nächsten Schritt, die Wachablösung, den Großen Wandel, ohne in der Musik wirklich den großen Wandel zu vollziehen, sondern moderat auf bereits vor Jahrzehnten erstrittenem politisch-spirituellem Jazz zu fußen. Beides gute Alben, die die Wände nicht so weit einreissen, wie sie vorgeben. Insofern ideale Platten für Seiteneinsteiger wie mich.
4 Keiji Haino, Jim O’Rourke, Oren Ambarchi – I Wonder If You Noticed „I’m Sorry“ Is Such A Lovely Sound It Keeps Things From Getting Worse
… Man Darf Aber „Es Tut Mir Leid“ Nicht Zur Bloßen Formel Reduzieren, Sondern Es Auch So Meinen – möchte ich den daher eigentlich noch zu kurzen Albumtitel ergänzen. Im Gegensatz zu Freejazz kenne ich mich mit den drei Herren hier sehr gut aus. Setzen Sie sich. Die Knöchelfixierungen dienen nur Ihrer Sicherheit. Genießen Sie die Rock-Impro-Supergroup, die auch mal tiefe kontemplative Löcher zu reißen weiß. Keiji Haino singt diesmal sogar auf englisch! Schade eigentlich.
5 Angel Olsen – My Woman
Für mich unmittelbar toll. Als hätte es die letzten zehn Jahrzehnte gar nicht gegeben, kommt Angel Olsen aus der Tiefe der Zeiten, teilt uns ihren Schmerz, ihre Einsamkeit mit wie eine anonyme Oldtime-Sängerin, bietet uns die Hand und ist doch eigentlich mit einem sehr aufgeräumten, zeitgemäßen Album auf gutem Wege, den ein oder anderen Riss für sich selber zu schließen, auch wenn dann kein Licht mehr reinkommt.
6 Andy Shauf – The Party
Die Party nicht als Partysoundtrack, sondern als Charakterstudie. Musikalisch ist das an andere Multiinstrumentalisten wie Paul McCartney angelehnt, der ja auch gerne mal das große Ganze als seine privaten Beobachtungen tarnt, um zu große Erwartungen herunterzuschrauben. Wobei auf Shauf natürlich noch keine großen Erwartungen lasten. Eben als hätte McCartney seine Karriere mit „McCartney I“ gestartet.
7 Grumbling Fur – Furfour
Alexander Tucker und Daniel O’Sullivan tauchen wieder ab in 80er-Synthpop mit merkwürdig langsamen Groovegeschwindigkeiten, Unheimlichkeiten, Nebenwegen, Clubtracks ohne Club, und anderem oft erstaunlich melodiösem Kram.
8 Heron Oblivion – Heron Oblivion
Roch irgendwie nach Psychjamkrach-Revival als Fortsetzung der Espers. Hat schöne Tracks im Gepäck, relativ gewaltigen Lärm enthaltend, aber eben auch das gewisse Ätherische.
9 Radiohead – A Moon Shaped Pool
Nicht so gut wie „In Rainbows“, aber mit interessanter sämiger Superproduktion. Wohl the heaviest of the heaviest syrup sound, es wäre ein Albtraum für Cpt. Beefheart gewesen, würde er noch leben.
10 Laura Gibson – Empire Builder
Laura Gibsons „Empire Builder“ hatte das Glück, auf meinem USB-Stick fürs Auto direkt Karen Daltons „In My Own Time“ zu folgen (zurzeit mein zweitliebstes Album aller Zeiten). Somit habe ich einige Umläufe davon gehört. Tolle Songs, auch wenn mir das Ganze zum Ende hin etwas zu ruhig ausfließt.
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