Wörter und Unwörter – Der gepflegte Stilistik-Thread

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  • #6010881  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,243

    Mick67Ja alles richtig, was Rossi geschrieben hat, aber wie bezeichnet man dann Menschen, die sich in verbrecherischer Weise an Kindern vergehen?

    Der allgemein übliche Begriff ist Missbrauchstäter.

    PS: Was die ursprüngliche Wortbedeutung von (Kinder-)Schänder angeht, sehe ich das auch so wie Cleetus.

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    #6010883  | PERMALINK

    mick67

    Registriert seit: 15.10.2003

    Beiträge: 76,900

    Herr RossiDer allgemein übliche Begriff ist Missbrauchstäter…

    Hm, darunter verstehe ich aber auch den Vergewaltiger, oder? Das würde das Vergehen am Kind aber ein wenig „verharmlosen“, da Kinder rein körperlich noch hilfloser sind als erwachsene Frauen.

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    #6010885  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    dann „Kindermißbraustäter“

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    #6010887  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,243

    Mick67Hm, darunter verstehe ich aber auch den Vergewaltiger, oder?

    Bin kein Jurist, aber Vergewaltigung (von Erwachsenen) und sexueller Missbrauch (an Kindern) sind doch zwei unterschiedliche Begriffe und Delikte?

    Das würde das Vergehen am Kind aber ein wenig „verharmlosen“, da Kinder rein körperlich noch hilfloser sind als erwachsene Frauen.

    Ich sehe da keine Verharmlosung. Und Vergewaltigung ist für die Opfer sicher nicht weniger traumatisierend als sexueller Missbrauch. Wer vergewaltigt wurde, war in dem Moment ja offensichtlich auch hilflos.

    --

    #6010889  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    CleetusIch hab das bisher so verstanden, dass Schänder in dem Zusammenhang von „schänden“ kommt und nicht von „der Schand“, was hier bei einem nicht gekehrten Gehsteig anfängt und bei Unehelichkeit endet (wo wir bei deinen Nachbarn wären). Oder wenn es einem um jemand anderes sehr leid tut, den es gerade hart erwischt hat.
    Etwas oder jemanden schänden, setze ich eher mit gezielter Zerstörung (Grab- oder Tempelschändung) gleich.

    Ja, im Sinn von „Entweihen“, also sich an etwas mit Werten Aufgeladenem vergehen, so wie es auch Kirchenschänder gibt (mir egal, was duden.de sagt).

    Was man stattdessen sagen sollte? Ein Substantiv fällt mir nicht ein, aber „jemand der sexuellen Missbrauch an Kindern begangen hat“ trifft es (wenn auch länger) doch auch. Der Begriff Kinderschänder ist für mich vor allem ein Schimpfwort, das hat in der Berichterstattung nichts verloren, vor allem, wenn es um Pädophile geht, die noch gar nicht straffällig geworden sind (so hatte ich auch Rossis Post verstanden).

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #6010891  | PERMALINK

    mick67

    Registriert seit: 15.10.2003

    Beiträge: 76,900

    Herr RossiBin kein Jurist, aber Vergewaltigung (von Erwachsenen) und sexueller Missbrauch (an Kindern) sind doch zwei unterschiedliche Begriffe und Delikte?

    Ich sehe da keine Verharmlosung. Und Vergewaltigung ist für die Opfer sicher nicht weniger traumatisierend als sexueller Missbrauch. Wer vergewaltigt wurde, war in dem Moment ja offensichtlich auch hilflos.

    Yep, das stimmt auch wieder.

    latho
    Was man stattdessen sagen sollte? Ein Substantiv fällt mir nicht ein, aber „jemand der sexuellen Missbrauch an Kindern begangen hat“ trifft es (wenn auch länger) doch auch. Der Begriff Kinderschänder ist für mich vor allem ein Schimpfwort, das hat in der Berichterstattung nichts verloren, vor allem, wenn es um Pädophile geht, die noch gar nicht straffällig geworden sind (so hatte ich auch Rossis Post verstanden).

    Man kann es aber auch so sehen. Pädophile, die nicht straffällig geworden sind, erscheinen auch nicht in Berichterstattungen. Deshalb wird ja dieser Begriff benutzt, um sie von Pädophilen, die ihre Neigung nicht ausleben, abzugrenzen. Ich will das Wort „Kinderschänder“ nicht rechtfertigen, sondern mir nur plausibel machen, warum er trotzem benutzt wird.

    --

    #6010893  | PERMALINK

    cleetus

    Registriert seit: 29.06.2006

    Beiträge: 17,576

    lathoJa, im Sinn von „Entweihen“, also sich an etwas mit Werten Aufgeladenem vergehen, so wie es auch Kirchenschänder gibt (mir egal, was duden.de sagt).

    Was man stattdessen sagen sollte? Ein Substantiv fällt mir nicht ein, aber „jemand der sexuellen Missbrauch an Kindern begangen hat“ trifft es (wenn auch länger) doch auch. Der Begriff Kinderschänder ist für mich vor allem ein Schimpfwort, das hat in der Berichterstattung nichts verloren, vor allem, wenn es um Pädophile geht, die noch gar nicht straffällig geworden sind (so hatte ich auch Rossis Post verstanden).

    Welches, ich nehme mal ein prominentes Beispiel, für Marc Dutroux oder Michelle Martin durchaus seine Berechtigung als Bezeichnung findet.

    --

    Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the block
    #6010895  | PERMALINK

    notdarkyet

    Registriert seit: 15.04.2011

    Beiträge: 701

    In meinem Verständnis wirkt der Begriff „Kinderschänder“ vor allem ent-individualisierend. Egal, wie man das Wort „Schande/Schändung“ herleitet, es geht bei dieser Bezeichnung ganz offensichtlich um eine Kollektivierung des Übergriffs. „Es ist ein Angriff auf uns alle – auf die kollektive Ehre“. Der Begriff impliziert die Schande, macht daraus ein kollektives Verhältnis. Der „Kinderschänder“ also gegen den Rest der Gesellschaft.

    Das Gewalt generell, und sexuelle Gewalt gegen Kinder im Speziellen, zu meist aus der Mitte des beschworenen sauberen „Kollektiv“ kommt, wird so perfekt umschifft. Die strukturellen Gewaltverhältnisse, das Tabu überhaupt, werden versteckt durch die sprachliche Zuschreibung. Der Gewalttäter als Monster. Der Kinderschänder.

    --

    #6010897  | PERMALINK

    mick67

    Registriert seit: 15.10.2003

    Beiträge: 76,900

    CleetusWelches, ich nehme mal ein prominentes Beispiel, für Marc Dutroux oder Michelle Martin durchaus seine Berechtigung als Bezeichnung findet.

    Yep, bei Dutroux ist jeder andere Begriff verharmlosend.

    --

    #6010899  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    notdarkyetDas Gewalt generell, und sexuelle Gewalt gegen Kinder im Speziellen, zu meist aus der Mitte des beschworenen sauberen „Kollektiv“ kommt, wird so perfekt umschifft. Die strukturellen Gewaltverhältnisse, das Tabu überhaupt, werden versteckt durch die sprachliche Zuschreibung.

    ich kann in dem Begriff Kinderschänder nichts erkennen, was irgendwas bzgl der Herkunft der Person umschifft oder etwas versteckt.

    --

    #6010901  | PERMALINK

    notdarkyet

    Registriert seit: 15.04.2011

    Beiträge: 701

    Elmo Zillerich kann in dem Begriff Kinderschänder nichts erkennen, was irgendwas bzgl der Herkunft der Person umschifft oder etwas versteckt.

    Mir geht es da um die Begriffe „Schande / Ehre“ etc., die in diesem Zusammenhang immer ein unschuldiges Kollektiv (Gesellschaft; Volksgemeinschaft) voraussetzen, dass als solches eben „entehrt“ oder „geschändet“ wird. Dabei ist es andersherum: Gewalt, gar sexuelle Gewalt gegen Kinder, kommt aus dieser gesellschaftlichen Mitte. Die übergriffigen Leute sind zum großen Teil aus dem engsten Familien- und Bekanntkreis der Opfer. Das hysterische „Kinderschänder“-Geschrei wirkt imo auch wie ein Schutz vor diesem gesellschaftlichen Tabu. Von der „Todestrafe für Kinderschänder“-Politik der offen nazistischen Kreise mal abgesehen.

    --

    #6010903  | PERMALINK

    mick67

    Registriert seit: 15.10.2003

    Beiträge: 76,900

    Das Wort „Kinderschänder“ ist im Plural wie im Singular gleich. Oder wo ist jetzt das Problem, notdarkyet?
    Der Kinderschänder kann auch der Onkel sein, wenn man den Begriff denn nutzt.

    --

    #6010905  | PERMALINK

    notdarkyet

    Registriert seit: 15.04.2011

    Beiträge: 701

    Mick67Das Wort „Kinderschänder“ ist im Plural wie im Singular gleich. Oder wo ist jetzt das Problem, notdarkyet?
    Der Kinderschänder kann auch der Onkel sein, wenn man den Begriff denn nutzt.

    Das Problem ist, dass mit einer „Schande“-Begrifflichkeit hantiert wird, zumeist noch hysterisch aufgeladen, die weder den Opfern noch den gesellschaftlichen Zuständen gerecht werden. Ein sexueller Übergriff auf Menschen ist immer eine Katastrophe und persönliche Tragödie für die Betroffenen. Eine „Schande“ oder „Schändung“ ist etwas anderes im deutschen Sprachgebrauch. Dabei wäre evtl. noch zu beachten, dass es bis heute für Betroffene von sexueller Gewalt schwierig ist, der individuellen Scham und dem oft genug mitschwingendem Vorwurf der „Eigenverantwortung“ zu entkommen.

    --

    #6010907  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    notdarkyetEine „Schande“ oder „Schändung“ ist etwas anderes im deutschen Sprachgebrauch.

    Eine „Schande“ und eine „Schändung“ sind in der Tat etwas total anderes, wer das nicht auseinanderhalten vermag, der braucht dann wohl in der Tat einen anderen Begriff. Das „hysterische“ Geschrei würde es ansonsten auch mit jedem anderen Begriff geben. Zugegeben etwas weniger plakativ – aber der Begriff ist nicht deshalb falsch, weil er falsch benutzt wird. Und die Problematiken der Opfer sexueller Gewalt haben sicher am wenigsten mit dem Begriff für den Täter zu tun, den Opfern gehts wohl auch nicht besser, wenn man ihn „Missbraustäter“ nennt.

    --

    #6010909  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,243

    Elmo Zilleraber der Begriff ist nicht deshalb falsch, weil er falsch benutzt wird.

    Man kann aber die tatsächlichen Gebrauchsweisen von Wörtern nicht ausblenden. In Gesetzestexten, Fachliteratur und seriösen journalistischen Zusammenhängen wird der Begriff „Kinderschänder“ nicht verwendet. Und umgekehrt: Wenn eine rechte Gruppierung hartes Vorgehen fordert und Stimmung machen möchte, verwendet sie dann den Begriff „Missbrauchstäter“ oder „Kinderschänder“ ?

    Und die Problematiken der Opfer sexueller Gewalt haben sicher am wenigsten mit dem Begriff für den Täter zu tun, den Opfern gehts wohl auch nicht besser, wenn man ihn „Missbraustäter“ nennt.

    Es geht ja auch nicht darum, ob sich jemand besser fühlt, sondern dass man geeignete Begriffe benötigt, um über ernsthafte Dinge ernsthaft sprechen zu können.

    --

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