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In meinem Verständnis wirkt der Begriff „Kinderschänder“ vor allem ent-individualisierend. Egal, wie man das Wort „Schande/Schändung“ herleitet, es geht bei dieser Bezeichnung ganz offensichtlich um eine Kollektivierung des Übergriffs. „Es ist ein Angriff auf uns alle – auf die kollektive Ehre“. Der Begriff impliziert die Schande, macht daraus ein kollektives Verhältnis. Der „Kinderschänder“ also gegen den Rest der Gesellschaft.
Das Gewalt generell, und sexuelle Gewalt gegen Kinder im Speziellen, zu meist aus der Mitte des beschworenen sauberen „Kollektiv“ kommt, wird so perfekt umschifft. Die strukturellen Gewaltverhältnisse, das Tabu überhaupt, werden versteckt durch die sprachliche Zuschreibung. Der Gewalttäter als Monster. Der Kinderschänder.
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