Startseite › Foren › Kulturgut › Print-Pop, Musikbücher und andere Literatur sowie Zeitschriften › Die Drucksachen › Von Kafka bis Bernhard › Sterne an Thomas Bernhard
-
AutorBeiträge
-
lausterSeine wichtigsten Werke sind Frost (1963), Das Kalkwerk (1970), Der Untergeher (1983), Holzfällen (1984) und Auslöschung (1986) – fünf außergewöhnliche Romane, die in Bernhards Meisterwerk kulminieren. Bernhard ist der bedeutendste deutsche Prosaerzähler der Nachkriegszeit. Es gibt nur wenige deutschsprachige Romanciers, die ihm überlegen sind: J.W. Goethe mit Wilhelm Meister und den Wahlverwandtschaften, Thomas Mann mit den Buddenbrooks und dem Zauberberg, Kafka mit seinen beiden Romanen Der Prozeß und Das Schloß, Robert Musil mit dem Mann ohne Eigenschaften. Arno Schmidt und Uwe Johnson sind die einzigen Nachkriegsromanciers, die seiner Bedeutung nahe kommen, doch Bernhards Sprache ist origineller und musikalischer. Wenn ich die berühmte Inselfrage beantworten müsste und nur einen einzigen deutschen Autor mitnehmen dürfte, müsste ich mich allerdings trotzdem für Goethe entscheiden, weil er reicher ist.
das finde ich denn doch etwas zu hoch gegriffen, ist aber geschmackssache… und wenn schon musil genannt wird, dann muss man auch doderer’s „strudlhofstiege“ und „dämonen“ und meines erachtens nach auch „die merowinger“ nennen… für mich ist bernhard gute zweite reihe, aber mit mann, goethe oder kafka kann er doch nicht verglichen werden… und obwohl er nur zwei romane geschrieben hat, würde ich auch noch stefan zweig vorreihen..
--
i don't care about the girls, i don't wanna see the world, i don't care if i'm all alone, as long as i can listen to the Ramones (the dubrovniks)Highlights von Rolling-Stone.deDie 100 besten Debütsingles aller Zeiten
„Ghostbusters“: Uniformierte Dienstleister mit trockenem Humor
Queen: Was macht eigentlich Bassist John Deacon?
Wie gut kennen Sie Queen-Sänger Freddie Mercury?
ROLLING-STONE-Guide: Alle Alben von Radiohead im Check
You’ll never walk alone: Die besten Fußball-Songs
WerbungDoderer, einverstanden. Stefan Zweig, auf keinen Fall. Niemals. Zweig war kein schlechter Schriftsteller, iwo. Er war ein ordentlicher Erfolgsautor. Er hatte eine Klientel, für die er schrieb, deren Bedürfnisse er perfekt erfüllte. Seine Erzählungen und Romane erheben sich meist – nicht immer – so gerade über den Kitsch, sind handwerklich echt gut gemacht, aber Produkte ihrer Zeit und weit entfernt von jeder Epochemacherei.
zuletzt geändert von lauster--
Ich habe gestern das Bernhard-Haus in Obernathal besucht und war ziemlich begeistert. Das ist nicht nur das Wohnhaus von Thomas Bernhard und ein eindrucksvolles Gebäude. Der ganze Hof ist obendrein eine einzige Inszenierung – und war es schon zu Bernhards Lebzeiten. Diese sorgfältige Komposition aus Reitstiefeln, Tabaksdosen, Spirituosen, Gemälden, Urkunden, Schallplatten und antiken Möbeln sollte eigentlich jeder mal gesehen haben, der sich auch nur halbwegs für Thomas Bernhard interessiert.
--
"Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"Dann muss ich da wohl mal hin. Mitten ins Nirgendwo und das bei meinem Orientierungssinn.
--
Lord I tried to see it through / But it was too much for meSo nirgendwo ist das gar nicht – nicht weit von der Autobahn, und nach Gmunden sind es auch nur etwa 10 Kilometer.
--
"Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"Aber es ist in Österreich!
--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,941
fifteenjugglers Ich habe gestern das Bernhard-Haus in Obernathal besucht und war ziemlich begeistert. Das ist nicht nur das Wohnhaus von Thomas Bernhard und ein eindrucksvolles Gebäude. Der ganze Hof ist obendrein eine einzige Inszenierung – und war es schon zu Bernhards Lebzeiten. Diese sorgfältige Komposition aus Reitstiefeln, Tabaksdosen, Spirituosen, Gemälden, Urkunden, Schallplatten und antiken Möbeln sollte eigentlich jeder mal gesehen haben, der sich auch nur halbwegs für Thomas Bernhard interessiert.
Jedenfalls sehenswert ….
--
"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)fifteenjugglersIch habe gestern das Bernhard-Haus in Obernathal besucht und war ziemlich begeistert. Das ist nicht nur das Wohnhaus von Thomas Bernhard und ein eindrucksvolles Gebäude. Der ganze Hof ist obendrein eine einzige Inszenierung – und war es schon zu Bernhards Lebzeiten. Diese sorgfältige Komposition aus Reitstiefeln, Tabaksdosen, Spirituosen, Gemälden, Urkunden, Schallplatten und antiken Möbeln sollte eigentlich jeder mal gesehen haben, der sich auch nur halbwegs für Thomas Bernhard interessiert.
Da ist bestimmt auch mindestens ein Ohrensessel dabei.
--
Hab einiges gelesen, das meiste erreichte mich quasi intravenös, aber ich habe tatsächlich nicht das Bedürfnis, den Rest auch noch lesen zu wollen.
Es begann mit einem Artikel von Peter von Becker über die Neuerscheinung von „Holzfällen“, den ich als Jugendlicher entdeckte. Buchhandlung, zwei Tage später oder schneller hatte ich es durch und war vollkommen geflasht, so sagten wir früher.
Als dann die „Auslöschung“ folgte, benötigte ich keine besondere Einladung. Zwischendurch zeigte das ZDF „Ritter, Dene, Voss“ und wie angewurzelt musste ich der Inszenierung folgen. Kurze Zeit später war das Burg-Ensemble mit der Peymann-Inszenierung zu Gast im Schauspielhaus. Parkett, achte Reihe. Hammer. Jahrzehnte später ergatterte ich eine DVD mit der Inszenierung, aber die Magie konnte sich nur stellenweise vermitteln.
Der Untergeher, Wittgensteins Neffe, Ein Kind, Ja (kommt das Wort im ganzen Text nur einmal vor?), Alte Meister und Beton ging dann alles innerhalb von maximal fünf Jahren. Ein Freund hatte mit dem Kalkwerk begonnen und Frost und meinte, da müsse er nicht unbedingt zurück. Glaube ich ihm. Aber ich muss auch nicht dorthin, auch zum Heldenplatz zieht mich nichts hin, auch wenn ich Peymann glaube, dass dies ein überaus wichtiges Stück mit einer überaus wichtigen Bedeutung ist.
Fazit: ich war dabei.
Immanuel Kant – ***
Ja – ***
Beton – ****
Ein Kind – *****
Wittgensteins Neffe – *****
Der Untergeher – *****
Holzfällen – *****
Alte Meister – ****
Ritter, Dene, Voss – *****
Auslöschung – *****
zuletzt geändert von kingberzerk--
Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.Mir fällt gerade ein: Vielleicht sind „Frost“ und „Das Kalkwerk“ eine Art Prog-Literatur (besonderes jener Zeit, aber auch noch heute) und ich halte mich deshalb davon lieber fern?
--
Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.Kannst du das genauer erläutern?
--
Come with uncle and hear all proper! Hear angel trumpets and devil trombones. You are invited.Ein Versuch: so wie Progbands traditionelle Songformen sprengen, hat Bernhard die Romanform gesprengt und dabei Extremsituationen ausgelotet. So wie Fripp Gitarrenspuren geschichtet hat, steigert Bernhard mit radikalen Wiederholungen und quasi fugenhaften Rhythmen die Intensität – siehe den letzten Satz von “Holzfällen”. Es ist quasi ein monolithisches Erzählen. Auskundschaften, was überhaupt möglich ist. Themen wie Einsamkeit, Krankheit und Leiden verschränken sich in landschaftsartigen Wortflächen.
--
Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.Empfindest du Bernhards Stil, gerade in Das Kalkwerk, als progressiv, im Sinne von fortschreitend, er hält ja eher einen Ball hoch, tritt auf der Stelle, schraubt sich vielleicht noch in die Höhe, um irgendwann einen Punkt zu machen. Kehrt dahin zurück, führt ihn weiter aus, jedoch im gleichen Bewegungsmuster. Ist z.B. Das Kalkwerk nicht eher Drone?
Und Frost erscheint fast schon wie ein Heimatroman. Natürlich nicht die nachkolorierte Postkartenidylle, sondern das müde Skelett, wenn der Lack ab ist und die Bagger anrücken.
--
Come with uncle and hear all proper! Hear angel trumpets and devil trombones. You are invited.Sehr interessante Anregungen. Drone statt Fuge? Zu „Holzfällen“ könnte ich das Fugenhafte eher ausführen, beim „Kalkwerk“ ist es schon zu lange her und ich mochte das auch nicht so gern. Wie oben beschrieben, fehlt mir auch bei „Frost“ die Zuständigkeit, um da wirklich tief einsteigen zu können.
Beim Lesen hatte ich den Eindruck gewonnen, dass es in den Büchern neben dem Inhaltlichen auch formell darum geht, das Machbare auszuloten.
Dieses obsessive Verharren in der indirekten Rede – wie weit lässt es sich treiben? Welche neuen rhythmischen Möglichkeiten entfaltet es? Die ständigen Einschübe, wer wann was gesagt hat, und die rigorose formale Konstruktion weckten Prog-Assoziationen.
In Bernhards späteren Werken rückt die inhaltliche Dimension stärker ins Zentrum und verdrängt das vormals dominante Formale. Das Machbarkeits-Experiment hatte Bernhard in einer mutigen, riskanten Ein-Mann-Expedition erkundet – nun konnte er sich dem Wesentlichen widmen. Hier wird Sprache zur Fuge.
--
Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.„Auf Goethe, den Gesteinsnumerierer, den Sterndeuter, den philosophischen Daumenlutscher der Deutschen, der ihre Seelenmarmelade abgefüllt hat in ihre Haushaltsgläser für alle Fälle und alle Zwecke. Auf Goethe, der den Deutschen die Binsenwahrheiten gebündelt und als allerhöchstes Geistesgut durch Cotta hat verkaufen und durch die Oberlehrer in ihre Ohren hat schmieren lassen, bis zur endgültigen Verstopfung. Auf Goethe, der den deutschen Geist mehr oder weniger für Jahrhunderte verraten und auf das Mittelmaß der Deutschen gestutzt hat mit jener Emsigkeit, die ich Gambetti gegenüber als die goethische Emsigkeit bezeichnet habe. Auf Goethe, den philosophischen Rattenfänger, wie ich zu Gambetti das letzte Mal gesagt habe. Goethe sei der Gebrauchsdeutsche, habe ich zu Gambetti gesagt, sie, die Deutschen, nehmen Goethe ein wie eine Medizin und glauben an ihre Wirkung, an ihre Heilkraft: Goethe ist im Grunde nichts anderes, als der Heilpraktiker der Deutschen, habe ich zu Gambetti gesagt, der erste deutsche Geisteshomöopath. Sie nehmen sozusage Goethe ein und sind gesund. Aber Goethe, habe ich zu Gambetti gesagt, ist ein Scharlatan, wie die Heilpraktiker Scharlatane sind und die Goethesche Dichtung und Philosophie ist die größte Scharlatanerie der Deutschen. Seien Sie vorsichtig, Gambetti, habe ich zu diesem gesagt, seien Sie vor Goethe auf der Hut. Allen verdirbt er den Magen, sagte ich, nur den Deutschen nicht, sie glauben an Goethe wie an ein Weltwunder. Dabei ist dieses Weltwunder nur ein philiströser philosophischer Schrebergärtner. Gambetti hatte lauft aufgelacht, als ich ihm erklärte, was ein Schrebergarten ist. Das hatte er nicht gewusst. Insgesamt, habe ich zu Gambetti gesagt, ist das Goethesche Werk ein philiströser philosophischer Schrebergarten. In nichts hat Goethe das Höchste geleistet, sagte ich, in allem nur das Mittelmaß zustande gebracht. Er ist nicht der größte Lyriker, er ist nicht der größte Prosaschreiber, habe ich zu Gambetti gesagt, und seine Theaterstücke sind gegen die Stücke Shakespeares beispielsweise so gegeneinander zu stellen, wie ein hochgewachsener Schweizer Sennenhund gegen einen verkümmerten Frankfurter Vorstadtdackel. Faust, hatte ich zu Gambetti gesagt, was für ein Größenwahnsinn! Der total missglückte Vesuch des schreibenden Größenwahnsinnigen, hatte ich zu Gambetti gesagt, dem die ganze Welt in seinen Frankfurter Kopf gestiegen ist. Goethe, der größenwahnsinnige Frankfurter und Weimarianer, der größenwahnsinnige Großbürger auf dem Frauenplan. Goethe, der Kopfverdreher der Deutschen, der sie jetzt schon hundertfünfzig Jahre auf dem Gewissen hat und zum Narren hält. Goethe ist der Totengräber des deutschen Geistes, habe ich zu Gambetti gesagt. Wenn wir ihm Voltaire, Descartes, Pascal entgegensetzen zum Beispiel, habe ich zu Gambetti gesagt, Kant, aber natürlich auch Shakespeare, ist Goethe erschreckend klein. Dichterfürst, was für ein lächerlicher, dazu aber grunddeutscher Begriff, hatte ich zu Gambetti gesagt.“ (aus: „Auslöschung. Ein Zerfall“ von Thomas Bernhard, 1986)
In den späteren Werken wirkt der Spott für mich etwas humoriger, nicht so kalt schneidend wie z.B. in Das Kalkwerk. Und da wäre ich dann auch nicht bei King Crimson, sondern eher in Richtung der verspielteren Canterbury Scene. Denn: Von Karussellfahrt hat das Ganze auch immer etwas.
--
Come with uncle and hear all proper! Hear angel trumpets and devil trombones. You are invited. -
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.