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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Und deshalb will ich versuchen, zu begründen, warum ich im Gegensatz zu anderen hier (denen ich nicht zu nahe treten will!) „Kinder“ nicht für einen guten Text halte:
1. Er lebt von einer einzigen Grundidee, der ich mich natürlich anschließen kann, die mir aber banal vorkommt: Kinder sind unschuldig, kostbar und schützenswert.
2. Diese Idee wird anhand verschiedener Körperteile ziemlich mechanisch und überraschungslos durchdekliniert.
3. Ich habe nichts gegen einfache Sprache in Songtexten, ich brauche nicht dauernd große Metapern, im Gegenteil, die geniale Lakonie in vielen Randy-Newman-Texten empfinde ich als große Kunst. Aber der Kinder-Text kommt mir nicht bloß einfach vor, sondern grobschlächtig. Beispiel: eine grammatikalisch böse holpernde Zeile wie „könn sie sonst nicht gehn“.
4. Ich habe mir überlegt, ob das ein Stilmittel sein könnte – sozusagen ein Lied aus der Perspektive eines Kindes, in einfacher, bewusst unbeholfener Kindersprache (in diese Richtung zielt der oben zitierte tolle Lyle-Lovett-Text). Aber dann passen Zeilen wie die seltsam steife Erwachsenenwendung „und ihr erlaubt“ überhaupt nicht (sie kommt mir sowieso vor wie nur um des mühsamen Reimes auf „taub“ willen dazwischengezwängt).
5. Eine Zeile wie „sind so kleine Seelen, offen und ganz frei“ löst bei mir Klischee-Alarm aus. Auch hier: nichts gegen Klischees! Das hier schon zitierte You’re a big girl now von Dylan gewinnt seine Kraft zu einem guten Teil aus dem grandiosen Einsatz abgegriffener Sprichworte, Bauernregeln, Binsenweisheiten. Bloß schmerzt es mich, wenn jemand derart Vernutztes wie „Kinder haben offene und freie Seelen“ einfach so hinstellt, als Statement.
6. Insgesamt fehlt mir da jeder doppelte Boden, jeder Zwischenton. Kein Platz für Deutungsspielräume. Das Lied hat genau eine Dimension. Und Ende. Die Idee von Alex, dass der Text eine getarnte Anspielung auf die politischen Verhältnisse in der DDR sein könnte, ist zwar nicht uninteressant, macht das Ganze für mich aber auch nicht viel überzeugender. Das empfände ich als recht plattes allegorisches Verfahren, das seinerzeit berechtigt gewesen sein mag, aber den Test der Zeit eben nicht besteht.
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five to sevenbullschuetzUnd deshalb will ich versuchen, zu begründen, warum ich im Gegensatz zu anderen hier (denen ich nicht zu nahe treten will!) „Kinder“ nicht für einen guten Text halte:
1. Er lebt von einer einzigen Grundidee, der ich mich natürlich anschließen kann, die mir aber banal vorkommt: Kinder sind unschuldig, kostbar und schützenswert.
was in dem lied durchdekliniert wird, ist ja, wie sich kinder entwickeln, mit denen man dies anstellt, jenes anstellt etc. für mich ist die botschaft eher etwas in richtung „guck dir die erwachsenen um dich an (und überleg, wie die wohl als kinder waren) – was mit denen alles schreckliches passiert sein muss, damit sie so geworden sind, wie sie sind“, oder auch „Seid immer nett zu Kindern, dann werden sie nicht so doof wie ihr“, und das ist vielleicht nicht die Krone der Originalität, aber ich find es schon deutlich weniger lahm als einen simplen Aufruf zum Jugendschutz (ich find in dem Punkt ist das Lied auch stark genug um nicht die DDR als Rechtfertigung zu brauchen, den Punkt kann man durchaus auch für den Westen machen
blöde Erwachsene gibt es überall)
dass es einfach nur ein chiffrierter Protest ist, also, dass die Kinder ein reines Codewort sind, das glaub ich nicht…
ob Wegener jetzt wirklich geglaubt hat, dass man durch Erziehung eine neue Generation von besseren Erwachsenen heranzüchten kann, oder ob das mehr so utopisch gemeint war, ist mir nicht ganz klar… mehr Doppelbödigkeit seh ich allerdings auch nicht…
deiner sprachlichen kritik kann ich mich halb anschließen, vielleicht später mehr…
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.Die Idee, die Deutung von Alex fand ich auch sehr interessant.
Als ich das heute morgen las, dachte ich: verdammich, so haste das noch nie gesehen…aber es *hat was*.
Allerdings denke ich, dass dann vermutlich wirklich Kinder in der damaligen DDR gemeint waren, das würde für mich Sinn machen.Explizit an bullschuetz:
Dein Punkt 3:
einfache Texte:
ich will es mal mit etwas kulinarischem vergleichen.
Es gibt oft nix besseres, als eine Schnitte guten Bauernbrotes mit Butter.:-)Auf Deinen Post gehe ich aber noch genauer ein.
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Begründung: voll aus dem Leben gegriffen….
He, junge Mutti
Komp. Jürgen Kerth
Text: Jürgen KerthSechzehn Uhr, da kommst du aus dem Tor,
du willst zum Kindergarten.
Du holst dort dein Kleines ab,
ja, es wird schon auf dich warten.
Danach habt ihr noch viel zu besorgen
für heut Abend und für Morgen.
Ihr rennt dann durch die Stadt,
ihr wühlt euch durch Geschäfte,
das braucht Kräfte.Da passiert `s.
Die kleinen Beine kommen nicht mehr mit.
Ein Bordstein bringt sie aus dem Tritt.He, junge Mutti,
warum schlägst du denn dein Kind.
Hallo, junge Mutti
warum schlägst du denn dein Kind.
Du sagst es wär` dein Liebstes,
könntest ohne es nicht sein.
Würdest verrückt wenn ihm was passierte,
trotzdem haust du ihm eine rein.Du sagst ihr hättet auch gekriegt
und wäret groß geworden.
Geschadet hätte euch das nicht.He, junge Mutti,
warum schlägst du denn dein Kind.
Hallo, junge Mutti
warum schlägst du denn dein Kind.
Du sagst es wär` dein Liebstes,
könntest ohne es nicht sein.
Würdest verrückt wenn ihm was passierte,
trotzdem haust du ihm eine rein.Du sagst hinterher tut `s dir selbst oft leid.
Man ist eben auch so nervös.
Doch bevor dir wieder mal die Hand ausrutscht,
denk` doch mal an dieses Lied.He, junge Mutti,
warum schlägst du denn dein Kind.
Hallo, junge Mutti
warum schlägst du denn dein Kind.
Du sagst es wär` dein Liebstes,
könntest ohne es nicht sein.
Würdest verrückt wenn ihm was passierte,
trotzdem haust du ihm eine rein.--
Wenn einem die Argumente ausgehen, sollte man zur Beleidigung greifen (A.Schopenhauer) Hilfe gibbed hier: http://www.amazon.de/beleidigen-Kleines-Brevier-sprachlicher-Grobheiten/dp/3406511252THE SENSUAL WORLD von Kate Bush halte ich für einen sehr gelungenen Songtext, da er es, neben lyrischen Qualitäten, versteht auch sinnliche und körperliche Erfahrungen, Liebe, Sex, Erotik, jenseits von Plattheiten, darzustellen. Molly Blooms Monolog* aus James Joyces ULYSSES war für die Britin Inspiration und Ausgangspunkt dieser doppelten Hommage. Beide Texte beginnen und enden mit dem von Joyce als eindeutig weiblichem Wort definierten “Yes”.
*)Yes, I was a flower of the mountain yes when I put the rose in my hair like the Andalusian girls used or shall I wear a red yes and how he kissed me under the moorish wall and I thought well as well him as another and then I asked him with my eyes to ask again yes and then he asked me would I yes to say yes my mountain flower and first I put my arms around him yes and drew him down to me so he could feel my breasts all perfume yes and his heart was going like mad and yes I said yes I will, Yes. [JAMES JOYCE – Ulysses]
Songtext:
Mmh, yes
Then I’d taken the kiss of seedcake back from his mouth
Going deep south, go down, mmh, yes
Took six big wheels and rolled our bodies
Off of Howth Head and into the flesh, mmh, yes
He said I was a flower of the mountain, yes
But now I’ve powers o’er a woman’s body, yes
Stepping out of the page into the sensual world
To where the water and the earth caress
And the down of a peach says mmh, yes
Do I look for those millionaires
Like a Machiavellian girl would
When I could wear a sunset? mmh, yes
And how we’d wished to live in the sensual world
You don’t need words, just one kiss, then another
Stepping out of the page into the sensual world
Stepping out, off the page, into the sensual world
And then our arrows of desire rewrite the speech, mmh, yes
And then he whispered would I, mmh, yes
Be safe, mmh, yes, from mountain flowers?
And at first with the charm around him, mmh, yes
He loosened it so if it slipped between my breasts
He’d rescue it, mmh, yes
And his spark took life in my hand and, mmh, yes
I said, mmh, yes
But not yet, mmh, yes
Mmh, yes[KATE BUSH – The Sensual World]
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John Billdas ist ja grauenhaft, wer hat denn den Pur Text ins Englische übersetzt…
Keine Ahnung!
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Je suis Charlie Sometimes it is better to light a flamethrower than curse the darkness. T.P.tolomoquinkolomTHE SENSUAL WORLD von Kate Bush
Beide Texte beginnen und enden mit dem von Joyce als eindeutig weiblichem Wort definierten “Yes”.
Und ’nein‘ ist dann männlich? Ich dachte immer es sei umgekehrt.
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five to sevenMing
Ming
Ming
Ming
Ming
Vaseund:
Murmel
Murmel
Murmel
Murmel
Murmel
TIER!halte ich beide für gelungene Texte. Angesichts der Tatsache das es sich hier um Hörtexte handelt, wird die Erwartung des Hörers ins schier unermessliche gesteigert bevor die alltäglich anmutende Auflösung kommt. Anmutend, da der künstlerische Wert dieser beiden Texte aus dem Bekannten heraus ins nicht Ausdeutbare reicht.
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smash! cut! freeze!schussrichtungMing
Ming
Ming
Ming
Ming
Vaseund:
Murmel
Murmel
Murmel
Murmel
Murmel
TIER!halte ich beide für gelungene Texte. Angesichts der Tatsache das es sich hier um Hörtexte handelt, wird die Erwartung des Hörers ins schier unermessliche gesteigert bevor die alltäglich anmutende Auflösung kommt. Anmutend, da der künstlerische Wert dieser beiden Texte aus dem Bekannten heraus ins nicht Ausdeutbare reicht.
mÖse / animaliXyz.
fiel mir dazu ein.
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five to sevenmatismÖse / animaliXyz.
Ja, schon klar.
Der Unterschied besteht aber (wenn ich das richtig deute) darin, das Du einen grafisch gesetzten „Lesetext“ geschrieben hast – und meine Beispiele sind eigentlich dafür gut sie laut vorzulesen.--
smash! cut! freeze!schussrichtungJa, schon klar.
Der Unterschied besteht aber (wenn ich das richtig deute) darin, das Du einen grafisch gesetzten „Lesetext“ geschrieben hast – und meine Beispiele sind eigentlich dafür gut sie laut vorzulesen.Also dir fiel bei Ming und Murmel auch Möse ein?
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five to sevenmatisAlso dir fiel bei Ming und Murmel auch Möse ein?
Natürlich. Aber eben auch Massage und Mandarine.
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smash! cut! freeze!schussrichtungNatürlich. Aber eben auch Massage und Mandarine.
Ohhhhh…, verstehe. Bangkok.
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five to sevenBang kok?
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smash! cut! freeze! -
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