Startseite › Foren › Kulturgut › Für Cineasten: die Filme-Diskussion › Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)
-
AutorBeiträge
-
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Escape From Tomorrow
(Regie: Randy Moore – USA, 2013)Es sollte eigentlich ein schöner Ausflug ins Walt Disney World Resort mit der ganzen Familie werden. Dann erfährt Oberhaupt Jim White, dass er gefeuert wurde. Er behält die unerfreulichen Neuigkeiten jedoch brav für sich, um seiner Frau und den beiden Kindern den restlichen Urlaub nicht zu vermiesen. Jim hat derweil nur Augen für die Damenwelt. Der Trip entwickelt schnell eine eigene Dynamik, als ihn dabei wirre Visionen zu verfolgen scheinen. Als seine Frau Emily dann noch Wind davon bekommt, dass Jim schon den ganzen Tag zwei jungen Mädels aus Frankreich hinterher eifert und zudem seine elterlichen Pflichten vernachlässigt hat, steuert das Ganze auf eine Katastrophe zu…
„Escape From Tomorrow“ machte im Vorfeld damit Furore, dass den Filmemachern etwas gelungen war, was man bisher schlichtweg für unmöglich hielt: Sie hatten einen Featurefilm in Disneyland und Walt Disney World gedreht, ohne Teil des Maus-Konzerns zu sein, ja, sogar ohne eine Genehmigung für diesen Vorgang einzuholen.
Nachdem das Drehbuch stand, welches Regisseur Randy Moore aus den Diskrepanzen zwischen seinen Kindheitserinnerungen und einem erneuten Besuch in Disneyland im Erwachsenenalter als Familienvater entwickelte, übten Cast und Crew den kompletten Film in acht bis neun „trockenen“ Durchläufen ein, ehe man damit begann, Szene für Szene mit Guerilla-Filmtaktiken auf kleinen, portablen Kameras festzuhalten.
Dabei war es äußerst wichtig einen originären Kinolook einzufangen, wie Moore in Interviews betonte, da er den Homevideo-Style des in den letzten Jahren prosperierenden Found Footage-Genres einfach nur grässlich findet. Selbst die eigenen Homevideos sind manchmal eben unerträglich.
Nun hatte es Mickey Mouse in den letzten Jahrzehnten schon wahrlich nicht leicht, war sie doch zuerst der leicht humorlose Störfaktor in den ehapa-Comics, der einem zwischen den Abenteuern des Duck-Clans auf die Nerven ging, oder gleich die Inkarnation des Kulturimperialismus der USA, nur noch übertroffen von McDonald’s und Coca-Cola. Die klägliche Politik der Bush-Regierung, vor allem nach 9/11, befeuerte dann auch weltweit einen stärkeren Antiamerikanismus, der sich immer wieder am Konterfei des Galans von Minnie Mouse abarbeitete.
Wer schon mal an einem Samstagmorgen aus der Welt der Erwachsenen (Sex, Drogen, Gewalt…eine Freitagnacht eben) in den bunten Irrsinn des Kinderfernsehens gestolpert ist, wird wenig verwundert sein, dass man damit locker die Attribute psychedelisch, surreal oder einfach nur geisteskrank verbinden kann. Auch frühe Disney-Filme wie „Fantasia“, „Alice im Wunderland“ oder „Dumbo“ (eine Sequenz entstand unter der Mitarbeit Salvador Dalís) sind dankbare Vorlagen für eine runde Kifferkino, ohne dass man an ihnen etwas verändern müsste.
Dies tun Randy Moore und seine Crew. Als erstes verbannen sie den allgegenwärtigen Farbenoverkill aus Disneys Freizeitpark, eine naheliegende Idee, die aber extrem wirkungsvoll ist. Gleichzeitig überbetont der Soundtrack den psychotisch-entnervenden Charakter der Disney-Filmmusiken und schon ist man mittendrin in der Geisterbahn. Was aber wirklich die gewünschte Wirkung bringt, ist, Disney beim Wort zu nehmen, dass diese Rummelattraktion der „happiest place on earth“ sei – und dann die wirkliche Welt einbrechen zu lassen.
Gleich zu Beginn erfährt die Hauptfigur von ihrer zukünftigen Arbeitslosigkeit. Leicht bis mittelschwer geschockt, besinnt sie sich, an welchem Ort sie ist, um darauf diesen Vorfall zu übertünchen und zu überspielen, gilt es schließlich einen Familienurlaub zu retten. Nun geht Randy Moores Attacke aber erst richtig los, denn in der Parodie, die „Escape From Tomorrow“ in all seiner psychedelisch-surrealen Schwarzweißpracht ist, zerfleddert er Disneys Familienbild und flutet den aseptischen Park mit Sex und Tod.
Einige der irrwitzigen Ideen reichen von einem Callgirl-Ring der Prinzessinnen, über „cat flu“ bis hin zu verborgenen wissenschaftlichen Versuchen von Siemens. Auch die längere Abwesenheit der eigenen Kinder kann ziemlich plausibel, wenn auch etwas düster geklärt werden.
Randy Moore weist sein Publikum immer wieder daraufhin, dass uns Disney eine Traumwelt verkauft, die wir gar nicht aus eigenem Antrieb erstreben. Besonders zum Schluss gibt es ein paar eindeutige Bilder zum Thema subtiler Gehirnwäsche. (Wo wir gerade über Bilder reden: Die Rückprojektionen entstanden aus der puren Not, an manchen Schauplätzen in den Disney Resorts keine Handlung filmen zu können. Dieser Look verweist jedoch, ob nun unfreiwillig oder nicht, auf Disneys bzw. Hollywoods große Zeit in den 40er bis 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Ein kleines, charmantes Detail.)
Es braucht keine besondere Beobachtungs- oder Auffassungsgabe, um den Gruselfaktor dieser falschen und aufgesetzten Plastikwelt zu entdecken, es brauchte aber die Entschlossenheit von Randy Moore, um ein paar allgemeine Beobachtungen zum weltweiten Maus-Media-Konzern geschlossen auf den Punkt zu bringen. Und das ist zwar nicht im disneyschen Sinne „Entertainment“, aber trotzdem jederzeit unterhaltsam. Aus Angst vor Repressalien durch die Walt Disney Company und ihre Anwälte, ließ Randy Moore den Film in Südkorea schneiden. Doch Disney klagte nicht, Disney schwieg und ignoriert den Film bis heute.--
Highlights von Rolling-Stone.deDie 30 besten EDM-Alben aller Zeiten
Neu auf Disney+: Die Film- und Serien-Highlights im August
Amazon Prime Video: Die wichtigsten Neuerscheinungen im August
Neu auf Netflix: Die Serien-Highlights im August 2025
Netflix: Das sind die besten Netflix-Serien aller Zeiten
Neu auf Netflix: Die wichtigsten Filme im August 2025
WerbungDer Babadook (Jennifer Kent)
--
"Wenn man richtig liest, löst man einen innerlichen kreativen Prozess aus. Die meisten Leser inszenieren einen Film. Weswegen es überhaupt kein Wunder ist und mediengeschichtlich konsequent, dass der Roman des 18. und 19. Jahrhunderts in die Erzählkino-Kultur des 20. Jahrhunderts übergegangen ist." (Peter Sloterdijk)Nach viel zu langer Pause heute nachmittag mal wieder ins Kino, Regenwetter, ich war nicht der einzige mit der Idee … The Lost Weekend (Billy Wilder, USA 1945). Ziemlich erstaunlicher Film!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Meine erste Begegnung mit Billy Wilder nach „Zeugin der Anklage“. Sehr guter Film, besonders die Ernsthaftigkeit mit der das Thema behandelt wird, ohne auf ein paar Delirium-Schockeffekte zu verzichten.
--
Mein zweitliebster Wilder-Film, „Sunset Blvd.“ immer dicht auf den Fersen.
--
Sir, I'm going to have to ask you to exit the donut!Harry RagMeine erste Begegnung mit Billy Wilder nach „Zeugin der Anklage“. Sehr guter Film, besonders die Ernsthaftigkeit mit der das Thema behandelt wird, ohne auf ein paar Delirium-Schockeffekte zu verzichten.
Don’t be ridic!
Ich weiss gar nicht mal, ob ich überhaupt schon einen so ernsthaften Film Wilders gesehen habe – klar, ernsthaft sind sie ja alle, aber an der Oberfläche. Es gab Momente, in denen mir das ganze doch zu pathetisch wurde, aber für eine US-Produktion von 1945 war das unter dem Strich doch mehr als beachtlich und die erwähnten Momente hielten sich in Grenzen. Und einige gute Wortspiele hat der ehemalige Eintänzer natürlich doch nuch reingeschmuggelt, ganz ohne ging es natürlich doch nicht – nat!
tina toledoMein zweitliebster Wilder-Film, „Sunset Blvd.“ immer dicht auf den Fersen.
Wow! So gut fand ich ihn dann doch nicht, aber schon sehr gut, keine Frage!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
gypsy tail windDon’t be ridic!
Ich weiss gar nicht mal, ob ich überhaupt schon einen so ernsthaften Film Wilders gesehen habe – klar, ernsthaft sind sie ja alle, aber an der Oberfläche. Es gab Momente, in denen mir das ganze doch zu pathetisch wurde, aber für eine US-Produktion von 1945 war das unter dem Strich doch mehr als beachtlich und die erwähnten Momente hielten sich in Grenzen. Und einige gute Wortspiele hat der ehemalige Eintänzer natürlich doch nuch reingeschmuggelt, ganz ohne ging es natürlich doch nicht – nat!
Naja, nicht nur im Vergleich zu den Komödien von Billy Wilder, sondern auch zu anderen, vor allem viel später entstandenen Drogenfilmen, ist das schon erstaunlich wenig hysterisch.
--
Mad Max: Fury Road (George Miller)
Holy mackarel! Was für ein geiler Wahnsinn.--
I like to move it, move it Ya like to (move it)gypsy tail windEs gab Momente, in denen mir das ganze doch zu pathetisch wurde […]
Das ging mir auch so und es fehlte mir an der Cleverness, die Wilder-Scripts sonst so auszeichnet. (Ich liebe die meisten Wilder/Diamond-Scripts.) Wäre dem Thema aber zugegebenermaßen vielleicht gar nicht so angemessen gewesen. Ich mochte den Theremin-Soundtrack.
--
Jan LustigerIch mochte den Theremin-Soundtrack.
Oh ja, Miklos Roszas Soundtrack ist klasse!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbatina toledo
Ex Machina (Alex Garland, 2015) * * *
Oh, woran liegt’s denn, dass du nicht mehr gibst?
KrautathausWie ist denn das Bild in 3D, Napo? Freu‘ mich schon riesig.
Ich fand die 3D-Ästhetik bis ins kleinste Detail perfekt durchkomponiert. Viel Spass!
Sonic JuiceMad Max: Fury Road (George Miller)
Holy mackarel! Was für ein geiler Wahnsinn.[IMG]http://fs2.directupload.net/images/150516/xhmbalsa.jpg
--
A Kiss in the DreamhouseNapoleon DynamiteOh, woran liegt’s denn, dass du nicht mehr gibst?
Du fandest ihn deutlich besser?
Habe mich schon gut unterhalten gefühlt, aber für eine höhere Wertung hatte der Film für mich zu viele Schwachpunkte. Zum einen fand ich die Prämisse, unter der ausgerechnet Caleb als menschliche Komponente zum Turing-Test geholt wird, nicht vollends überzeugend. [SPOILER]Gehen wir von Nathans späterer Erklärung aus, er wäre wegen seines gutherzigen Wesens und seiner moralischen Überzeugungen ausgewählt worden, dann hätte Nathan bewusst sein müssen, dass diese für massive Komplikationen sorgen könnte. Man kann natürlich hineininterpretieren, dass der egomanische, dauerunterforderte Nathan das Spiel mit dem Feuer gesucht hat, dafür gab es aber für mein Empfinden zu wenig konkrete Anhaltspunkte. Damit war für mich schon einmal die Basis, auf der die komplette Geschichte fußt, nicht vollends schlüssig. Schließlich gibt’s zum Ende hin dann noch einige kleinere Plot-Holes, die den Genuss leider weiter getrübt haben, vor allem [SPOILER]die Frage, warum Caleb mit Nathans Keycard die Security-Codes umschreibt, anstatt damit einfach Avas Tür zu öffnen und [SPOILER], dass er nach jener Umprogrammierung für die Rettungs-Aktion noch einen weiteren Tag ins Land gehen lässt und damit noch mehr Gefahr läuft, dass Nathan ihm auf die Spur kommt, kann ebenfalls nur mit dramaturgischen Motiven erklärt werden.
Hinzu kommt dann noch, dass ich massive Probleme mit dem Bild eines weiblichen AIs hatte, das für mich mit zu vielen müden, unzeitgemäßen Implikationen daher kommt – Stichwort Manipulation über Mitleids-/Kindchen-Schemen und die romantische Schiene etc. – die in ihrer konkreten Behandlung bzw. Nicht-Behandlung auch nur schwer als kritische Anregung zum Diskurs über diese Themen aufgefasst werden können (entgegen Garlands eigenen Aussagen, die in einem für mich den Nagel auf den Kopf treffenden Wired-Artikel zitiert werden).Dicke Pluspunkte allerdings für die Ästhetik und den Flair-Faktor Oscar Isaac!
--
Sir, I'm going to have to ask you to exit the donut!Napoleon Dynamite
Ich fand die 3D-Ästhetik bis ins kleinste Detail perfekt durchkomponiert. Viel Spass!OK, super!
--
“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Napoleon DynamiteOh, woran liegt’s denn, dass du nicht mehr gibst?
Anfangs war es auch noch ein halber mehr!
--
tina toledo
Hinzu kommt dann noch, dass ich massive Probleme mit dem Bild eines weiblichen AIs hatte, das für mich mit zu vielen müden, unzeitgemäßen Implikationen daher kommt – Stichwort Manipulation über Mitleids-/Kindchen-Schemen und die romantische Schiene etc. – die in ihrer konkreten Behandlung bzw. Nicht-Behandlung auch nur schwer als kritische Anregung zum Diskurs über diese Themen aufgefasst werden können (entgegen Garlands eigenen Aussagen, die in einem für mich den Nagel auf den Kopf treffenden Wired-Artikel zitiert werden).Ja, das ist ein sehr berechtigter Punkt. In dem Wired-Artikel (danke!) wird das so resümiert:
But when the only female lead in your movie is one whose function is to turn the male lead on while being in a position to be turned off, that says a lot about what you think of the value of women in films.
Ich würde der Kritik nicht grundsätzlich widersprechen (Dietmar Dath schrieb über den Film, er funktioniere zu einem nicht unerheblichen Teil eben auch klassisch so, dass man Entertainment Value in Gewalt und Sex bekommt, wenn man möchte – ich will…), aber „Ex Machina“ besitzt einen Oberflächen-Selbstkommentar, der den Film nicht ganz so direkt mit anderen AI-Filmen vergleichbar macht, wie es der Text nahelegt: In „Blade Runner“ oder „Her“ werden Verführung beziehungsweise Empathie durch die makellos modellierte Form von Körper oder Stimme erzeugt, da ist die Frage nach dem Menschlichen eine von Illusion und Reproduzierbarkeit. Bei „Ex Machina“ ist das künstliche Konstrukt immer als wandelbare Projektion sichtbar: Bis auf das perfekt nuancierte Gesicht ist Ava eine vor der Kamera bloßgelegte Maschine, die ihre Menschlichkeit variiert, indem sie die Haarlänge und -farbe verändert, sich in Kleidern versteckt etc. Sie ist eine White Box, die Schnittstelle zwischen zwei männlichen Stereotypen: Dem vor Männlichkeit berstenden Isaac, der Ava zielgerichtet konstruiert hat, und dem welpenhaft Verständnis ausstrahlenden Gleeson, der den romantischen Beschützer spielen möchte. Weil der Film das visuell offenlegt, glaube ich, dass sich die Frage nach weiblicher Darstellung etwas anders stellt (aber deswegen natürlich nicht gleich unproblematisch sein muss!).
Für mich unterm Strich ein guter Mittelweg zwischen visuell kitzelndem Entertainment und intelligentem Sci-Fi.
--
A Kiss in the Dreamhouse -
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.