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tina toledo
Hinzu kommt dann noch, dass ich massive Probleme mit dem Bild eines weiblichen AIs hatte, das für mich mit zu vielen müden, unzeitgemäßen Implikationen daher kommt – Stichwort Manipulation über Mitleids-/Kindchen-Schemen und die romantische Schiene etc. – die in ihrer konkreten Behandlung bzw. Nicht-Behandlung auch nur schwer als kritische Anregung zum Diskurs über diese Themen aufgefasst werden können (entgegen Garlands eigenen Aussagen, die in einem für mich den Nagel auf den Kopf treffenden Wired-Artikel zitiert werden).
Ja, das ist ein sehr berechtigter Punkt. In dem Wired-Artikel (danke!) wird das so resümiert:
But when the only female lead in your movie is one whose function is to turn the male lead on while being in a position to be turned off, that says a lot about what you think of the value of women in films.
Ich würde der Kritik nicht grundsätzlich widersprechen (Dietmar Dath schrieb über den Film, er funktioniere zu einem nicht unerheblichen Teil eben auch klassisch so, dass man Entertainment Value in Gewalt und Sex bekommt, wenn man möchte – ich will…), aber „Ex Machina“ besitzt einen Oberflächen-Selbstkommentar, der den Film nicht ganz so direkt mit anderen AI-Filmen vergleichbar macht, wie es der Text nahelegt: In „Blade Runner“ oder „Her“ werden Verführung beziehungsweise Empathie durch die makellos modellierte Form von Körper oder Stimme erzeugt, da ist die Frage nach dem Menschlichen eine von Illusion und Reproduzierbarkeit. Bei „Ex Machina“ ist das künstliche Konstrukt immer als wandelbare Projektion sichtbar: Bis auf das perfekt nuancierte Gesicht ist Ava eine vor der Kamera bloßgelegte Maschine, die ihre Menschlichkeit variiert, indem sie die Haarlänge und -farbe verändert, sich in Kleidern versteckt etc. Sie ist eine White Box, die Schnittstelle zwischen zwei männlichen Stereotypen: Dem vor Männlichkeit berstenden Isaac, der Ava zielgerichtet konstruiert hat, und dem welpenhaft Verständnis ausstrahlenden Gleeson, der den romantischen Beschützer spielen möchte. Weil der Film das visuell offenlegt, glaube ich, dass sich die Frage nach weiblicher Darstellung etwas anders stellt (aber deswegen natürlich nicht gleich unproblematisch sein muss!).
Für mich unterm Strich ein guter Mittelweg zwischen visuell kitzelndem Entertainment und intelligentem Sci-Fi.
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A Kiss in the Dreamhouse