Blind Fold Test #15 – Friedrich

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  • #8995545  | PERMALINK

    vorgarten

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    (scherz.)

    aber erstaunlich, dass wir unabhängig voneinander und bei anderen stücken auf screaming jay hawkins getippt haben…

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    #8995547  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ach was, ich habe meinen Brecker-Hass längst abgebaut … Zeit für Euch, zu folgen ;-)

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8995549  | PERMALINK

    friedrich

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    Vielen Dank für Deine wie gewohnt ebenso messerscharfen wie unbestechlichen und unerbittlichen Kommentare.

    vorgarten[noch nichts gelesen]

    #1 ein unerwartet ernsthafter opener, JAZZ in großbuchstaben und ohne anführungszeichen. hardbop, beinahe würde ich sagen „von der stange“, aber das klänge viel zu pejorativ für dieses wirklich sehr schöne und stimmungsvolle stück. (…) man muss das nur einmal hören und könnte es zwei tage später sofort erinnern. (…)
    das könnten jetzt eine menge leute sein, die so was auf derart hohem niveau gespielt haben. die hi-hat-rolls des drummers sind interessant, ich würde hier zuerst an blakey denken. beim trompeter überraschen mich die triller, das ist jemand, den ich nicht auf anhieb identifizieren kann. tenor ist ganz toll, mit dieser blues-angerautheit, die sofort kickt – kenne ich auch eher nicht. so wie der pianist sein solo zelebriert, klingt es so, als sei er der leader, zumindest der komponist. (…) wahrscheinlich habe ich alle schon mal gehört, bin aber nie so richtig begeistert gewesen, dass ich sie mir eingeprägt habe.

    Wieso ernsthaft? ;-)

    Das hast Du vermutlich noch nie gehört. Der Pianist ist Wynton Kelly, der Bassist Paul Chambers, der Drummer ein Oliver Jackson. Kann ich alles verraten, ohne dass man dadurch dem Saxofonisten, Komponisten und leader auf die Spur kommt. Er kommt eigentlich aus dem R&B-Fach und hat nur gelegentlich Jazz gespielt. Dennoch klingt er hier so, als ob er nie was anderes gemacht hätte, was wiederum auf den Trompeter zutrifft, auch wenn der meist in der zweiten Reihe stand. Ja, Hard Bop kann auch etwas redundant sein und viele haben das auf hohem Niveau betrieben. Umso mehr freut es mich, dass man auch da immer mal wieder so ein Stück finden kann, das – genau wie Du sagst – kickt, sofort ins Ohr geht und sich auch dort festsetzt.

    #2 gar nicht mein fall. da fühl ich sofort den gute-laune-druck. auf das zweite hinhören ist das natürlich interessant, dass hier klavier und bass die stereotype boogiewoogie-grundierung machen, während eine orgel dazwischen gurgelt und kreischt. das klaviersolo zwischen orgel und tenor ist allerding so langweilig, dass die laune so oder so in die keller gehen dürfte (alles ganz furchtbar auf die 1). tenor muss es also rausreißen und macht das dann auch auf knopfdruck. showtime, wie liberace in der sechsten wiederholung der immergleichen extase.

    Klar, das ist Showtime. Party! Und nicht gerade subtil und spröde. Auf das Klaviersolo habe ich nie geachtet, kommt mir auch eher so vor wie eine bloße Überleitung zum Saxsolo, das dem Hörer dann direkt ins Gesicht springt. Dabei ist der Pianist der leader. Der Saxofonist ist der gleiche wie der leader von #01. Ich glaube an diesem Stück mag ich die völlig hemmungslos gute Laune, den simplen aber effektiven groove und wie der Saxofonist gnadenlos reinbrettert. Hossa! ;-)

    Von Liberace kenne ich eigentlich nur den Pelzmantel. Ich glaube ich muss endlich mal wieder ins Kino.

    #3 das ist ganz toll. ganz, ganz toll. ein minimalismus, der mindestens auf afrika zurückgeht. hier geht es wirklich gar nicht ums nachfühlen, um den heiligen ausdruck, die interpretation – das ist reine trance. was für ein wahnsinniger moment, als das tamburin dazukommt. etwas gewagte vermutung – ist das screaming jay hawkins? mir ist die stimme vertraut, obwohl ich so was nie höre, aber mit seinem constipation blues wurde ich mal eine ganze klassenfahrt lang behelligt.

    Dieses Stück scheint neben dem opener der Gewinner dieses BFTs zu sein. Hat zwar herzlich wenig mit Jazz zu tun – es sei denn man interpretiert den Gesang als Free Jazz – aber die Wirkung ist ungeheuerlich. Ich kann es eigentlich nicht besser beschreiben als Du es tust. Ein Wunder an ekstatischem Minimalismus. Wie viele Töne / Akkorde sind das eigentlich? Mehr als zwei? Und die Variation besteht nur aus hinzufügen und weglassen. Ungeheuerlich! Wie erklärt man das einem Klavierlehrer?

    Ist nicht Screaming Jay Hawkins. Der Sänger ist gleichzeitig auch der Organist. Kann man, glaube ich, aber nicht rausfinden. Obskur.

    #4 komisch, das ist auch total minimalistisch, gefällt mir aber viel weniger. vielleicht, weil hier eine emotionalität dazukommt, die ich im starren gerüst (begleitung auf einem ton!) etwas verloren finde. das tenor behauptet den voodoo, der in #3 aus dem totalen nichts kommt. trotzdem ist das natürlich sehr hübsch, für entsprechende fans.

    Auch eine Obskurität und meines Wissens eher untypisch für den Sänger. Auch hier liebe ich die Einfachheit, in diesem Fall auch das understatement, das Gefühl und den groove. Auf Voodoo wäre ich hier nie gekommen. Gypsy hat das Sax als verschattet beschrieben. Ist auch hier nicht Screaming Jay Hawkins. Wie kommt Ihr auf den? Der ist doch wirklich Jahrmarkt. Wäre mir nie im Traum eigefallen … Dieser Mann hatte mit viel extrovertierteren Sachen in den 40ern und 50er viel Erfolg, aber nicht in Europa und wahrscheinlich hat er es auch in seiner Heimant nie geschafft die Rassengrenze zu überwinden. Aber wer konnte das damals schon.

    #5 der beginn ist toll. ein jazzschlagzeuger, der sich langsam in einen bossa-rhythmus eingrooven muss. und dann kommt der jive samba. schwieriges stück, jedenfalls für mich: ein einziger akkord ist dann doch auf dauer eintönig. könnte jetzt von einem mojo-club-sampler sein – the groove is the message. soll ich mir jetzt noch anhören, wie die solisten noch versuchen, sich darin zu bewegen? öde (gitarre), angestrengt (trompete), lässig (tenor). der komponist wäre nat adderley – aber der ist das hier nicht, oder?

    Der Komponist ist eigentlich Nat Adderley, aber der Saxofonist und leader dieser Aufnahme verwurstet hier völlig ungeniert dessen JIVE SAMBA und nimmt dafür auch noch credits in Anspruch. Klar, auch hier ist der groove die message, alles andere ist nur Beiwerk und so funktioniert das auch in meinen Ohren bzw. Beinen. Und so einen groove über 7 1/2 Minuten muss man auch erstmal bringen. Was interessieren da die Soli? Die machen bloß mal kurz einen Umweg, damit man danach wieder zur Sache kommen kann. Von 1963.

    #6 noch ne orgel. und noch ne bossa. und vergleichsweise eintönig. gefällt mir gar nicht, verstehe ich alles nicht. sowas ist eine lick- und skalendreschmaschine, damit kann man als jazzimprovisator nichts machen, diese herren hier schon gar nicht. die frage ist, ob sie in aufregenderen settings mehr machen würden.

    Das ist defitiv kein Jazz, das ist eine perfekt konstruierte R&B-Maschine, die hier sogar vergleichsweise raffiniert operiert, und bisher in dem Mix durchfällt. Ausgerechnet! Vielleicht hätte ich ein Stück wählen sollen, bei dem diese 4 Herren mehr in ihrem Element sind? Ich mag das trotzdem oder gerade. Die Art wie sie hier Spannung aufbauen und wieder auflösen. Eine Band, die jeder kennt und die man auf unzähligen Soul-Aufnahmen der 60er und 70er hören kann.

    #7 danke für die abwechslung. lehrstück aus dem funk-seminar. aus der linken gitarre hat steve coleman irgendwann mal m-base entwickelt. ah, der mann mit der wassermelone. der drummer ist natürlich so toll, wie er sein muss. ist das eine quincy-jones-version? soli finde ich hierbei auch ziemlich überflüssig. ganz hübsch, im detail.

    Ja, das ist die hohe Kunst des funks, auch wenn hier ausnahmsweise sogar sowas wie eine Melodie verwendet wird, die man sich aber von Herbie Hancock geliehen hat. Das ist eine Band, die sonst auch so geschmiert und effektiv wie eine Maschine gelaufen ist, hier aber mal etwas mehr Leine von ihrem Chef bekommen hat, und sich ein bisschen mit jazzigem vergnügt. Dieser Chef ist nicht Quincy Jones. Und doch: Das Posaunen-Solo muss sein! Nicht nur, weil der Posaunist hier der nominelle leader ist. Ein Blick ins booklet dieser CD lässt meinen Atem stocken: Der drummer ist in diesem Fall der eigentliche Arbeitgeber dieser Band!

    #8 so, das wäre das, was ich mir so an die wand hänge. könnte jetzt hier so auf 8000 zeichen schwärmen, aber ich soll ich ja knapp halten. ich habe das stück schneller in erinnerung – müsste ich auf meiner cd mal nachprüfen, oder das ist hier eine andere einspielung.
    aber: was für ein wahnsinns-drummer! über den ging es hier mal kurz, für mich war das immer ein weltwunder, was er auf dieser slicken, eigentlich recht kommerziellen platte macht. aber hier stimmt sowieso alles, die glocken, das tamburin, die gitarre, das selbstverliebte und sich selbst verloren gehende e-piano, die ganzen arrangements. und dann einer der vielen wahnwitzigen einstiege dieses tenorsaxophonisten, ein wahrlich wohlstrukturierter ausbruch. (…)
    der ursprünglichen verwendungszusammenhang habe ich nie recherchiert – das war eine tv-serie, oder?

    Ich weiß, dass Du das kennst und liebst. Eine hochprofessionelle, fette Sache, durchaus innerhalb der Konvention und gleichzeitig irgendwie ausgetickt. So funky war der Pianist und leader wohl nie wieder, obwohl er später mit anderen – und manche würden sagen raffinierteren – Sachen viel mehr Ruhm und Geld einfahren konnte. Ja, ist die Musik zu einer Fernsehserie gewesen. Und der Saxofonist fällt mit der Tür ins Haus. Bis hierher der dritte Gewinner dieses Mixes.

    #9 gefällt mir deutlich weniger, obwohl vieles vergleichbar ist. beim pianisten weiß ich es nicht genau, aber der tenorsaxophonist ist der gleiche (und sein einstieg wieder toll). der sound ist tighter, mehr mitte70er, die drums viel flacher. einpaar verkopfte spielereien im thema deuten schon die 80er an. wenn das aus der milestonephase des tenoristen ist, finde ich es spätestens heute abend raus. schönes solo, das kann der aber im schlaf (und ein bisschen so klingt es auch). ok, pianist ist auch hancock oder? so oder so: hier wird etwas abgerufen.(…) am schönsten ist es eigentlich auch, wenn es nur groovt, wie kurz vor themawiederaufnahme.

    Pianist ist nicht HH, sondern eine Frau (wahrscheinlich die einzige Frau in diesem Mix … :-( ), die später als Sängerin erfolgreich wurde. Habe ich so aber nie gehört. Sie ist hier die leaderin. Ich mag hier natürlich den groove – wie bei allen anderen Stücken dieses Mixes – aber auch die etwas freiere Struktur und die für mich etwas ungewöhnlich klingenden Harmonien. Den Saxofonisten hast Du natürlich korrekt erkannt. Von 1974 und auf PRESTGE veröffentlicht.

    #10 sehr schöner fender-sound. überhaupt schön, das langsame aufbauen des grooves. ich kenne das irgendwoher. ist jünger, oder? hat wieder mehr raum als #9, darf etwas mehr atmen. schön, wie das thema immer größere kreise zieht. beim gitarrensolo denke ich doch wieder: das ist schon original 80er. trompeter klingt sehr vertraut, hubbard, oder? dessen elektrische sachen kenne ich noch zuwenig. hier passt alles wirklich gut zusammen, das schwebt in so einer angespannten melancholie, die nicht aufgelöst wird. der saxophonist greift das schön auf. toll gebautes solo, das hier, in so einem mitfedernden groove, auch sinn macht. gitarre macht auch so kleine, schöne sachen. gefällt mir echt gut.

    Auch von 1974, aber nicht auf PRESTIGE, sondern auf einem Label, das in dieser Zeit sehr erfolgreich war, aber gerne auch mal wegen seiner (auch) kommerziellen Orientierung gedisst wird. Zu Unrecht, meine ich. Ich verrate mal, dass der Trompeter mit Nachnamen Brecker heißt, dass hier in der Runde keiner den Saxofonisten auch nur mit Gummihandschuhen anfassen würde und dass der drummer der leader ist. Der tauchte hier im Forum auch gelegentlich schon mal auf. Und natürlich ist auch hier der entspannte groove die message.

    vielen dank für diese herbstliche groovesammlung

    Sehr gerne! So war’s gedacht.

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #8995551  | PERMALINK

    vorgarten

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    #1

    Friedrich
    Der Pianist ist Wynton Kelly, der Bassist Paul Chambers, der drummer Oliver Jackson. Kann ich alles verraten, ohne dass man dadurch dem Saxofonisten, Komponisten und leader auf die Spur kommt.

    naja, in zeiten von google… tatsächlich ist mir der herr aber unbekannt, wahrscheinlich ist er mir in der band von aretha franklin mal begegnet oder auf john lennons IMAGINE, wo er angeblich auch mitspielt… toll, diese aufnahme werde ich mir besorgen. da ist ja auch wieder der weeping willow drauf, damit hättest du gypsy und mir auch eine freude gemacht…

    #2

    FriedrichKlar, das ist Showtime. Party! Und nicht gerade subtil und spröde. (…)
    Von Liberace kenne ich eigentlich nur den Pelzmantel. Ich glaube ich muss endlich mal wieder ins Kino.

    ja! nur in der originalfassung bitte. das hier wäre liberaces unpelziger beitrag zum thema (und ist auch im film):

    #3

    Friedrich
    Ist nicht Screaming Jay Hawkins. Der Sänger ist gleichzeitig auch der Organist. Kann man, glaube ich, aber nicht rausfinden. Obskur.

    bin gespannt. auf hawkins komme ich nur, weil ich keine ahnung von dieser musik habe.

    #5

    FriedrichUnd so einen groove über 7 1/2 Minuten muss man auch erstmal bringen. Was interessieren da die Soli?

    niemanden, also was sollen sie hier? soli in groovemusiken müssen entweder weiter aufheizen oder die klappe halten. um mal dogmatisch zu werden.

    #7

    Friedrich Nicht Quincy Jones. Und doch: Das Posaunen-Solo muss sein! Nicht nur, weil der Posaunist hier der nominelle leader ist. Die gelegentlich wechselnden drummer dieser Band werden meist nicht genug gewürdigt. Ein Blick ins booklet dieser CD lässt meinen Atem stocken: Der drummer ist in diesem Fall der eigentliche Arbeitgeber dieser Band! Spricht sehr für ihn, denn manchmal frage ich mich, was der eigentlich überhaupt gut konnte: Er war kein besonders guter Sänger, sah nicht gut aus, konnte keine Noten lesen oder schreiben und sang seinen Musikern seine Stücke vor. Aber hatte Charisma. Nicht zu knapp. Konnte tanzen. Und wie. Damit kriegt man jede/n rum.

    das er auch noch schlagzeug spielen konnte und zwar so wie hier zu hören, war mir neu, finde ich toll, wundert mich irgendwie auch gar nicht. dem konnte man wahrscheinlich eine blockflöte geben und es wäre funk dabei rausgekommen.

    #8

    FriedrichIch weiß, dass Du das kennst und liebst. Eine hochprofessionelle, fette Sache, durchaus innerhalb der Konvention und gleichzeitig irgendwie ausgetickt. So funky war der Pianist und leader wohl nie wieder, obwohl er später mit anderen – und manche würden sagen raffinierteren – Sachen viel mehr Ruhm und Geld einfahren konnte. Ja, ist die Musik zu einer Fernsehserie gewesen. Und der Saxofonist fällt mit der Tür ins Haus.

    das war ja ein brotjob für zwischendurch, eigentlich war man ja damals viel experimenteller unterwegs (für drei alben). umso erstaunlich, was dabei entstanden ist – der ganze raum scheint mir wie aufgeladen, die reißen dieses r&b-zeug runter und variieren dabei ständig, damit ihnen nicht langweilig wird. es gibt ja auch noch wahnsinnig schöne balladen zwischendurch und die arrangements sind mindestens gil-evans-klasse. ich höre das seit 15 jahren und es geht einfach immer.

    #9

    FriedrichPianist ist nicht HH, sondern eine Frau (wahrscheinlich die einzige Frau in diesem Mix … :-( ), die später als Sängerin erfolgreich wurde. Habe ich so aber nie gehört. Sie ist hier die leaderin. Ich mag hier natürlich den groove – wie bei allen anderen Stücken dieses Mixes – aber auch die etwas freiere Struktur und die für mich etwas ungewöhnlich klingenden Harmonien. Den Saxofonisten hast Du natürlich korrekt erkannt. Von 1974 und auf PRESTGE veröffentlicht.

    das ist ja verrückt, nie von ihr gehört, weder als pianistin noch als sängerin. beachtliche karriere, wenn man da mal nachschaut – von der child prodigy über jazz ins fernsehen zu janet jackson und wieder zu wayne shorter. hier ist der hancock-einfluss aber überdeutlich, findet ja auch allmusic.

    #10

    FriedrichAuch von 1974, aber nicht auf PRESTIGE, sondern auf einem Label, das in dieser Zeit sehr erfolgreich war, aber gerne auch mal wegen seiner (auch) kommerziellen Orientierung gedisst wird. Zu Unrecht, meine ich. Ich verrate mal, dass der Trompeter Brecker heißt, dass hier in der Runde keiner den Saxofonisten auch nur mit Gummihandschuhen anfassen würde und dass der drummer der leader ist. Der tauchte hier im Forum auch gelegentlich schon mal auf. Und natürlich ist auch hier der entspannte groove die message.

    riesenüberraschung. ich muss gestehen, dass ich den saxophonisten nie bewusst angehört habe. und randy schien mir immer der erträglichere brecker zu sein. ;-) dass der drummer eine coole socke ist, ist ja bekannt. tolles stück, tolle komposition auch. auch hass kann sich wieder in liebe verwandeln…

    in diesem sinne: danke nochmal.

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    #8995553  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Echt jetzt? Randy habe ich leider mal live hören müssen, in einem ansonsten ganz hübschen Konzert von Benny Golson. Der hatte einen Kompressor under dem Jackett, aber es gelang ihm dennoch bis zum Schluss nicht, das Dach wegzublasen, muss unglaublich frustrierend gewesen sein für den armen Kerl ;-)

    @friedrich: gibt’s zu Post #9 noch irgendwas zu sagen?

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    friedrich

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    gypsy tail wind

    @friedrich: gibt’s zu Post #9 noch irgendwas zu sagen?

    Kommt sofort!

    gypsy tail windAha, alles klar, was Nr. 1 betrifft (ohne redbeans‘ wie erwartet folgende Auflösung), war mir schon klar, nach Deiner Antwort, Friedrich! Das sind tolle Aufnahmen, die ich noch nicht sehr lange (und nicht sehr gut) kenne. Aber die Tromplete klingt hier etwas shaky (in einem charmanten aber an sich für den Herrn hier etwas erstaunlichen Ausmass). Aber das ist wohl das Los des Sidemans, der kann keinen weiteren Take einfordern, bei Prestige tat man das wohl eh fast nie.

    Ja, eine tolle Aufnahme, die man dort eigentlich nicht erwartet hätte. Ich muss gestehen, dass ich das Album auch nicht mehr so gut kenne … Aber dazu später.

    Eigentlich egal, ob der Trompeter hier etwas shaky klingt. Ich selbst überhöre das. Das Stück hat so eine Frische, da ist es egal ob jedes Detail perfekt sitzt oder nicht. Vielleicht hätte man diese Frische im 2. take verloren. Ist doch Jazz, oder? Frisch und spontan …

    Dass der Herr in #2 nochmal derselbe ist, überrascht mich jetzt wirklich! Aber ich kenne ihn eh besser als Bandleader oder Mitglied der Bläser-Section von Soul-Alben denn als Leader – d.h. ich kann seinen Sound und alles nicht wirklich einschätzen.

    Ja, da klingt er ganz anders. Es ist auch eher Zufall, dass diese beiden Stücke aufeinander folgen, bzw. dass KC auf beiden Stücken spielt. Er verstand sich selbst wohl weniger als genialischen Künstler, als vielmehr als jemand, der perfekt geschneiderte Auftragsarbeit ablieferte. Er hat sich wohl gut in verschiedene Kontexte einfügen können. Und hat sich auch damit Respekt von allen Seiten erworben.

    Was #4 betrifft, war das hier meine erste Assoziation:

    Ich habe die Nummer tatsächlich dank Jim Jarmusch zum ersten Mal gehört – und erst vor ein paar Jahren. Der ist natürlich wesentlich durchgeknallter, exzentrischer, aber die Nummer ist schon ganz ähnlich aufgezogen (das Sax-Solo ist allerdings umwerfend, das fehlt hier in #4 wirklich, finde ich – wer spielt das eigentlich?).

    Das Video wird bei mir nicht angezeigt, aber natürlich kenne ich I PUT A SPELL ON YOU. Bin schließlich in den 80ern auch mal ins Kino gegangen. Ich habe es schon mal erwähnt: Ich hätte niemals einen Zusammenhang zwischen #04 und dem schreienden Hawkins hergestellt. Was der macht, ist doch wirklich Geisterbahn. Findest Du wirklich bei #04 fehlt ein Sax-Solo? Ich wiederhole mich, aber für mich macht auch das Understatement den Reiz dieses Stückes aus. Auch das Skizzenhafte.

    #5 ist dann also eine Überraschung – wirklich! Wer klang damals so schamlos nach Grant Green? Pat Martino? Das Stück ist dann wohl der „Jive Samba“, oder wie das Ding heisst? Bin nie so recht damit warmgeworden, ehrlich gesagt, gehört nicht zu meinen Lieblingsstücken der Brüder (weshalb ich auch nicht drauf kam). Aber klar, das von den Bläsern im Satz gespielte Riff klang mir schon enorm vertraut – aber ich hielt das für eine wirklich gut geamchte Pastiche … wo ich das jetzt zum fünften oder sechsten Mal höre, ist mir schon klar, dass es das nicht ist – bzw. es schon ist, aber eben quasi live gespielt ;-)

    Okay, es sei verraten, dass der Gitarrist, den vorgarten so öde findet, der damals 19-jährige Pat Martino ist. Alles live gespielt, nix gesampelt. Gab’s damals ja noch gar nicht.

    Bei #6 dachte ich spontan an Booker T. & The M.G.s – wollte ich eigentlich oben schon schreiben, ging aber unter.

    Ja, das kann man ruhig verraten. Ist ja auch relativ leicht zu erkennen, auch wenn es nicht das typischste Stück von ihnen ist. Im Nachhinein denke ich, ich hätte ein typischeres Stück wählen sollen. Das wäre vielleicht besser angekommen.

    #8 irritiert mich … ich höre es jetzt auch wieder … das Stück ist jedenfalls entweder „Red Baron“ oder sehr schamlos abgeguckt (oder halt umgekehrt, ich weiss ja nicht, ob das hier wirklich später entstand). Beim Saxophonisten gibt es einen dieser Coltrane-Momente – daher dachte ich an Brecker (den es bei Cobham ja auch mal zu hören gibt) … jedenfalls war mir schon vorher klar, dass die Nummer so nicht auf einem von Cobhams Atlantic-Alben steht, das hatte ich nachgeschaut … ich komme hier jedenfalls nicht weiter.

    Ich glaube das ist zu einfach für Dich, deswegen kommst Du nicht drauf. Der Pianist ist der leader, kommt aus dem Hardbop hat sich dann sehr erfolgreich in Richtung Fusion bewegt. (Jetzt wird es aber seeeehr einfach ….) Diese Platte ist allerdings irgendwie so ein Zwischending, das er aber auch nur einmal gemacht hat. Eine Auftragsarbeit, die wohl nicht so bekannt ist. Aber ist eine kleine Perle. Was vorgarten wg. des Brecker-Vergleichs mit Dir macht, weißt Du? ;-)

    #9 hingegen habe ich, alles klar! Wollte ich schon lange mal wieder anhören, das Album!
    [SPOILER]http://www.discogs.com/Patrice-Rushen-Prelusion/release/791596klick

    Hier muss ich lachen: Das Album will ich auch mal hören. Kenne es nämlich nicht … ;-)

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #8995557  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ha, also doch Booker T, dann war ja mein allererster Impuls richtig!

    Und Pat Martino, tatsächlich … krass! Wusste nicht, dass der seine Karriere als Grant Green-Impersonator gestartet hat. Aber damals lief er ja noch als Pat Azzara, immerhin ;-)

    Screamin‘ Jay Hawkins tust Du meiner Meinung nach Unrecht, der Typ mag irre sein, aber wie bei so vielen anderen (auch einer ganzen Menge Jazzer, denen ebenfalls Unrecht getan wurde, von zahllosen Bar-Walkern und Honkern – wie dem Mann in #1 und #2 – bis hin Roland Kirk und Eddie Harris) verbirgt sich hinter dem Karneval doch einiges Können!

    #3 finde ich allerdings wirklich grandios, da möchte ich gerne mehr wissen, aber ich kam nicht drauf, egal wie lange ich herumsuchte. #4 ist für mich einfach in gewissem Sinne ähnlich wie „I Put a Spell on You“, die nur 2:30 lange Studio-Version, die eben auch ähnlich einfach und repetitiv ist (aber ein grandioses Sax-Solo enthält – und ja, ich fände das auch hier schön, um das Starre etwas aufzubrechen).

    Zu #8 zerbreche ich mir vielleicht später noch den Kopf, muss jetzt grad ein paar andere Dinge erledigen – aber danke Dir nochmal für die ausführlichen Antworten!

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    #8995559  | PERMALINK

    friedrich

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    vorgarten#1

    naja, in zeiten von google… tatsächlich ist mir der herr aber unbekannt, wahrscheinlich ist er mir in der band von aretha franklin mal begegnet oder auf john lennons IMAGINE, wo er angeblich auch mitspielt… toll, diese aufnahme werde ich mir besorgen. da ist ja auch wieder der weeping willow drauf, damit hättest du gypsy und mir auch eine freude gemacht…

    Ach ja, Internet. Hatte ganz vergessen, dass man da einfach alles findet. ;-)

    Diese Freude mache euch sehr gerne.

    #2

    ja! nur in der originalfassung bitte. das hier wäre liberaces unpelziger beitrag zum thema (und ist auch im film):

    Wird gemacht! Vorher muss ich mir aber noch einen anderen Männerfilm ansehen, in dem statt eines Klaviers Rennautos vorkommen.

    #3

    bin gespannt. auf hawkins komme ich nur, weil ich keine ahnung von dieser musik habe.

    Das löse ich später gerne auf. Ich bekenne aber schon hier und jetzt, dass ich von diesem Musiker selbst nicht viel weiß.

    #7

    das er auch noch schlagzeug spielen konnte und zwar so wie hier zu hören, war mir neu, finde ich toll, wundert mich irgendwie auch gar nicht. dem konnte man wahrscheinlich eine blockflöte geben und es wäre funk dabei rausgekommen.

    Das war wohl der Wink mit dem Zaunpfahl, den ich nicht mehr rechtzeitig aus meinem Post löschen konnte. Da warst Du schneller! Ja, der war wohl ein wirklich genialer Dilettant.

    #8

    das war ja ein brotjob für zwischendurch, eigentlich war man ja damals viel experimenteller unterwegs (für drei alben). umso erstaunlich, was dabei entstanden ist – der ganze raum scheint mir wie aufgeladen, die reißen dieses r&b-zeug runter und variieren dabei ständig, damit ihnen nicht langweilig wird. es gibt ja auch noch wahnsinnig schöne balladen zwischendurch und die arrangements sind mindestens gil-evans-klasse. ich höre das seit 15 jahren und es geht einfach immer.

    Diese experimentelleren Sachen finde ich teilweise etwas überambitioniert und komplizierter als sie sein müssen. Dieser Brotjob dagegen trifft voll ins Schwarze. Die Arrangements sind wirklich klasse. In TMABTS (abgekürzt) war ich eine Weile lang mal ganz vernarrt.

    #9

    das ist ja verrückt, nie von ihr gehört, weder als pianistin noch als sängerin. beachtliche karriere, wenn man da mal nachschaut – von der child prodigy über jazz ins fernsehen zu janet jackson und wieder zu wayne shorter. hier ist der hancock-einfluss aber überdeutlich, findet ja auch allmusic.

    Gypsy hat ja dazu etwas beigetragen. Ich selber kannte bisher nicht viel von ihr.

    #10

    riesenüberraschung. ich muss gestehen, dass ich den saxophonisten nie bewusst angehört habe. und randy schien mir immer der erträglichere brecker zu sein. ;-) dass der drummer eine coole socke ist, ist ja bekannt. tolles stück, tolle komposition auch. auch hass kann sich wieder in liebe verwandeln…

    Um eine ewige Fußballweisheit zu variieren: Der Blind Fold Test hat seine eigenen Gesetze.

    in diesem sinne: danke nochmal.

    Nochmal: Gerne!

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    #8995561  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    JB am Schlagzeug ist ganz okay … an der Orgel ist er deutlich limitierter, diesen einen langsamen Groove hat er aber phantastisch drauf!

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    friedrich

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    gypsy tail windJB am Schlagzeug ist ganz okay … an der Orgel ist er deutlich limitierter, diesen einen langsamen Groove hat er aber phantastisch drauf!

    Ich denke, er war in so manchem limitiert. Er war eigentlich keine guter Sänger, aber wie er dann seine Stimme eingesetzt hat, war großartig. „Hit it!“ Und seinen bescheidenen instrumentalen Fähigkeiten war er sich wohl auch sehr wohl bewusst und hat daher das Spielen anderen überlassen. Aber er war ein fantastischer Performer und Bandleader. Eigenartig eigentlich, dass er solche hochprofessionellen Musiker wie MP und FW in seiner Band hatte und die sich von diesem Dilletanten sagen ließen, was sie zu spielen hatten. Aber das ist Charisma. Er war aber wohl auch nicht der angenehmste Chef

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
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    gypsy-tail-wind
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    Ach, er war der Grösste! Als Performer, als Stimmungsmacher, als Antreiber … und auch als Entwickler des Funk, als Aufbrecher der Song-Formen, diese hingegrunzten Riffs, die Pee Wee Ellis oder Fred Wesley dann in Musik umzuwandeln hatten … das hat mit verfeinertem westlichen „Können“ natürlich wenig zu tun, aber letzteres war auch nicht wirklich dienlich. Wenn später, in der Wesley-Zeit (nach dem einjährigen Bootsy-Intermezzo) auch öfter mal Arrangeure angestellt wurden, kam selten wirklich gutes heraus, selbst wenn da im Studio dann dieselben Musiker sassen, die schon unzählige tolle Prestige- oder Atlantic-Alben in die Gänge gebracht hatten … aber die Musik aus den Jahren – grob – 1964-1971 ist unglaublich und macht ihn allein schon für alle Zeiten unsterblich. Und danach war längst nicht alles Pulver verschossen, auch nach der Wesley-Zeit (71-75) gab es noch diverse klasse Stücke und satte Grooves, auch wenn die natürlich keine musikalische Sprengkraft mehr besassen.

    Es gibt übrigens aus der Zeit der ersten Funk-Band (64-69/70, zuerst von Nat Jones, dann von Pee Wee Ellis geleitet, die beide Altsax spielten, und mit Maceo – damals am Tenor – als wichtigstem Solisten) eine hübsche Compilation mit dem lapidaren Titel „Jazz“, da spielen sie auch ein Stück von Adderley („Tengo Tango“) und anderes … und dann gibt’s natürlich noch die beiden jazzigen Alben vom Ende dieser Zeit, “Gettin‘ Down to It“ mit dem Klavier-Trio von Dee Felice, und vor allem das mit der Buddy Rich Big Band (arr. Oliver Nelson!), “Soul on Top“. Unbedingte Empfehlung.

    Und holt Euch das 1967er Konzert aus Paris – gibt’s nur als Bootleg, daher ist der Link hoffentlich okay, ich habe ihn schon ein paar Male gepostet:
    http://ubu-space.blogspot.nl/2013/07/james-brown-paris-1967.html
    (Hoffe, der Link funktioniert noch, sonst lad ich es wieder hoch.)

    Das wurde fürs Fernsehen mitgeschnitten, als DVD ist es natürlich noch viel toller, weil man die ganze Choreographie der Show erleben kann – wie sie einerseits extrem straff ist, andererseits aber auch grosse Freiräume lässt, wie Brown das ganze dirigiert … wirklich grandios. Youtube läuft hier zwar gerade nicht, aber ich hoffe, das geht:

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8995567  | PERMALINK

    udw
    so little gets done

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    So, jetzt kommen von mir auch noch ein paar rudimentäre Gedanken zu einem wirklich schön zusammengestellten und kurzweiligen bft. Leider bin ich nur gestern auf einer längeren Zugfahrt quer durchs Land dazu gekommen, mir die Stücke zwei Mal anzuhören und kleine Impressionen niederzuschreiben. Das ist jetzt zwar etwas karge Kost, aber ich möchte es dennoch teilen.

    #1
    Klasse Einstieg. Schöner, lässiger, soulinfizierter Jazz. Der Schlagzeuger ist hier die Dampflok der Combo und lässt das Stück nicht zu gemütlich werden. Hier passt auch alles weitere, das minimale Piano, die leicht brüchige Trompete, der grundsolide Bass und das impulsive Sax.

    #2
    Und ab geht es in bluesige Gefilde. Das nennt man wohl Schweineorgel, was da im rechten Kanal röhrt. Ich find das insgesamt nicht wahnsinnig aufregend, will es vielleicht auch gar nicht sein, aber es hat auf alle Fälle Charme.

    #3
    Oh, jetzt kommen wir in Bereiche, in denen ich mich noch weniger auskenne, die aber in letzter Zeit immer mehr mein Interesse geweckt haben. Dieser rudimentäre Minimalismus, der einen so wahnsinnigen Spannungsbogen aufbauen kann, indem er einfach Instrumente „ein- und ausschaltet“, und dem einen so emotionalen Gesangspart entgegen setzt, gefällt mir außerordentlich.

    #4
    Das hier passt hervorragend zur #3. Und es ist sogar noch ein Akkord dazu gekommen. ;-)
    Schlagzeug, Saxophon und Gitarre machen gar nicht viel, und das ist genau richtig so, sie halten einfach die Spannung, dräuen ein wenig erwartungsvoll im Hintergrund. Immer wieder denke ich, jetzt bricht gleich ein hochintensives Solo los, aber nein, das war es einfach schon. Keine Entladung, keine Erlösung.

    #5
    Schöner Groove des Schlagzeugs, der sich wunderbar mit dem (Orgel?)bass, sowie später Bläserriff und Gitarre verzahnt. Wieder Simplizität und repetitive Struktur, das funktioniert auch hier ganz wunderbar und wiegt mich in eine kleine Trance, während die Bäume am Zugfenster vorbeirauschen. Das Trompetensolo hat mehr Eleganz und Wumms als das Gitarrensolo zu Beginn, aber die gestoppten Begleitakkorde des Gitarristen harmonieren auch sehr schön mit dem grundlegenden Groove und fehlten vielleicht im ersten Solo. Der Saxophonist scheint ein Bluesprofi zu sein, der weiß ganz genau, was er hier machen muss.

    #6
    Wieder so ein hypnotischer, simpler Groove, der über nur zwei Akkorde funktioniert. Hier könnte ich mir jetzt gut eine Soulstimme drüber vorstellen.

    #7
    Und nun sind wir vom Soul zum Funk gekommen. Ah, eine Version vom „Watermelon Man“. Damit kann man ja gar nicht viel falsch machen. Besonders fasziniert mich der „faule“ Funkgitarrist auf der rechten Seite.

    #8
    Es bleibt funky, diesmal mit E-Piano. Irgendetwas mag für mich hier aber nicht hundertprozentig zusammenpassen. Das Piano bleibt seltsam oberflächlich, und ich habe das Gefühl, der Drummer ist ein eher rustikaler Vertreter seiner Zunft, der sich hier ins Filigrane müht. Das wiederum klingt nicht uninteressant. Bei mehrmaligem Hören entwickelt das Stück dann einen gewissen Sog.

    #9
    Das Stück gewinnt mich erst mit dem ersten Saxophon-Solo, davor hat es etwas konstruiertes.
    Insgesamt ist mir das aber zu lang, beziehungsweise für die Länge zu flächig. Auch das Schlagzeug wirkt nach einiger Zeit etwas Schablonenhaft auf mich (wie die einprogrammierten Rhythmen auf meinem kleinen Casio-Keyboard; da steht dann „Funk“ oder Break Beat“ drüber).

    #10
    Wieder ein ähnliches Instrumentarium, aber dieser gemächliche Stück-für-Stück Aufbau gefällt mir gut. Wenn der Einstieg dann aber abgeschlossen ist und das Stück richtig beginnt, bin ich dann doch etwas ernüchtert. Das geht eher sentimental verhallt durch mich durch, und es bleibt leider nicht so viel hängen.

    Auch wenn die letzten drei Stücke nicht wirklich meinen Geschmack getroffen haben, hat diese Zusammstellung wirklich viel Spaß gemacht. Danke Friedrich.

    --

    so little is fun
    #8995569  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,879

    Vielen Dank für Deine knappen, klaren und sehr treffenden Kommentare. Mehr ist ja gar nicht nötig.

    UDW#1
    Klasse Einstieg. Schöner, lässiger, soulinfizierter Jazz. Der Schlagzeuger ist hier die Dampflok der Combo und lässt das Stück nicht zu gemütlich werden. Hier passt auch alles weitere, das minimale Piano, die leicht brüchige Trompete, der grundsolide Bass und das impulsive Sax.

    Der opener ist einer der Publikumsfavoriten in diesem BFT. Hard Bop mit Tendenz zum Soul Jazz, irgendwie konventionell, mit einem fast schon verboten einfachen Thema (warte mal, bis Du den Titel dieses Stückes erfährst!), aber mit einer Frische und Direktheit vorgetragen, dass es voll ins Schwarze trifft. Der Saxofonist und leader war eigentlich im R&B zuhause und hat nur gelegentlich Jazz gespielt. Aber offensichtlich beherrschte er auch das.

    #2
    Und ab geht es in bluesige Gefilde. Das nennt man wohl Schweineorgel, was da im rechten Kanal röhrt. Ich find das insgesamt nicht wahnsinnig aufregend, will es vielleicht auch gar nicht sein, aber es hat auf alle Fälle Charme.

    Ja, das hier ist schon umstrittener. Sicher keine Feinkost sondern was fürs Grobe. Der Saxofonist ist der gleiche wie bei #01, der Pianist und leader ist eine alter Blues-Haudegen.

    #3
    Oh, jetzt kommen wir in Bereiche, in denen ich mich noch weniger auskenne, die aber in letzter Zeit immer mehr mein Interesse geweckt haben. Dieser rudimentäre Minimalismus, der einen so wahnsinnigen Spannungsbogen aufbauen kann, indem er einfach Instrumente „ein- und ausschaltet“, und dem einen so emotionalen Gesangspart entgegen setzt, gefällt mir außerordentlich.

    Das ist der zweite Gewinner dieses BFTs. Einfacher geht es schon nicht mehr. Aber aus den paar wenigen Mitteln, die der Organist und Sänger einsetzt, holt er ein Maximum an Gefühl und Wirkung heraus. Eine Obskurität und auch für mich ein Zufallsfund.

    #4
    Das hier passt hervorragend zur #3. Und es ist sogar noch ein Akkord dazu gekommen. ;-)
    Schlagzeug, Saxophon und Gitarre machen gar nicht viel, und das ist genau richtig so, sie halten einfach die Spannung, dräuen ein wenig erwartungsvoll im Hintergrund. Immer wieder denke ich, jetzt bricht gleich ein hochintensives Solo los, aber nein, das war es einfach schon. Keine Entladung, keine Erlösung

    Zu Akkorden fällt mir gerade was ein: „One chord is fine. Two chords is pushing it. Three chords and you’re into jazz“ (Lou Reed) ;-) Ein Bluesmusiker (Gesang und Klavier), der in den 40er und 50er Jahren mit deutlich extrovertierteren Sachen sehr erfolgreich war, hier aber ausnahmsweise ganz understated agiert. Auch ich finde die Spannung, die hier erzeugt wird, aufregend. Stimmt, man wartet eigentlich darauf, dass sich das auflöst, aber es passiert nicht. Schön beschrieben.

    #5
    Schöner Groove des Schlagzeugs, der sich wunderbar mit dem (Orgel?)bass, sowie später Bläserriff und Gitarre verzahnt. Wieder Simplizität und repetitive Struktur, das funktioniert auch hier ganz wunderbar und wiegt mich in eine kleine Trance, während die Bäume am Zugfenster vorbeirauschen. Das Trompetensolo hat mehr Eleganz und Wumms als das Gitarrensolo zu Beginn, aber die gestoppten Begleitakkorde des Gitarristen harmonieren auch sehr schön mit dem grundlegenden Groove und fehlten vielleicht im ersten Solo. Der Saxophonist scheint ein Bluesprofi zu sein, der weiß ganz genau, was er hier machen muss.

    Dieses Stück findet hier in der Runde ein etwas geteiltes Echo. Der groove wird zwar einhellig gelobt, aber über Sinn und Zweck und Qualität der Soli ist man sich nicht ganz einig. Ja, sehr gut formuliert: ich finde auch, der repetitive Rhythmus mit dem Orgelbass und den rimshots (?) hat was tranceartiges. Der Saxofonist und leader war tatsächlich ein Profi aus dem bodenständigen Soul Jazz. Dieses Stück ist noch vergleichsweise raffiniert für ihn. ;-) Das Bläserriff ist schamlos von JIVE SAMBA geklaut.

    #6
    Wieder so ein hypnotischer, simpler Groove, der über nur zwei Akkorde funktioniert. Hier könnte ich mir jetzt gut eine Soulstimme drüber vorstellen.

    Das ist eine Soul Band und ich darf verraten, dass der Organist der leader und Namensgeber dieser Band ist. Vielleicht ist das Stück etwas skizzenhaft geraten und deswegen vermisst Du eine Stimme. Du bist im Publikum nicht der einzige, dem hier etwas fehlt.

    #7
    Und nun sind wir vom Soul zum Funk gekommen. Ah, eine Version vom „Watermelon Man“. Damit kann man ja gar nicht viel falsch machen. Besonders fasziniert mich der „faule“ Funkgitarrist auf der rechten Seite.

    Klar, WATERMELON MAN in einer funk version. Ist natürlich schon längst erkannt worden. Das ist eine Band, die eigentlich als Begleitung eines ganz Großen im show business fungierte, der sich hier aber mal mit der Rolle des drummers begnügt. Der nominelle leader ist der Posaunist.

    #8
    Es bleibt funky, diesmal mit E-Piano. Irgendetwas mag für mich hier aber nicht hundertprozentig zusammenpassen. Das Piano bleibt seltsam oberflächlich, und ich habe das Gefühl, der Drummer ist ein eher rustikaler Vertreter seiner Zunft, der sich hier ins Filigrane müht. Das wiederum klingt nicht uninteressant. Bei mehrmaligem Hören entwickelt das Stück dann einen gewissen Sog.

    „Das Piano bleibt seltsam oberflächlich“ Das traut sich wahrscheinlich kaum jemand über den leader dieser Aufnahme zu sagen. ;-) Jedenfalls nicht in dieser Phase (späte 60er) seines Werkes, auch wenn das Stück nicht ganz typisch für ihn ist. So funky und sehr erfolgreich wurde er erst wieder ein paar Jahre später. Ich finde die Dichte und die Intensität dieses Stückes toll! Eine tightly knitted Band, die sich in einen Rausch spielt. Vielleicht ist deswegen der leader hier nicht so der Star. Der Saxofonist, der hier so schön reingrätscht, ist auch ein großer seines Fachs. Der drummer ist mindestens ein routinierter professioneller Begleiter. Das Stück ist wie das Album, von dem es stammt, eine Auftragsarbeit fürs Fernsehen. Ich habe hier schon das eine oder andere mal mit dem Zaunpfahl gewinkt, aber gypsy will den Urheber des Stückes partout nicht erkennen!

    #9
    Das Stück gewinnt mich erst mit dem ersten Saxophon-Solo, davor hat es etwas konstruiertes.
    Insgesamt ist mir das aber zu lang, beziehungsweise für die Länge zu flächig. Auch das Schlagzeug wirkt nach einiger Zeit etwas Schablonenhaft auf mich (wie die einprogrammierten Rhythmen auf meinem kleinen Casio-Keyboard; da steht dann „Funk“ oder Break Beat“ drüber).

    Der Saxofonist ist der gleiche wie bei #08. Vorgarten wird sich freuen, dass Du den magst. Die Pianistin und leaderin ist keine ganz so große Nummer, hat sich aber als sehr professionelle Musikerin in der zweiten Reihe später viel Respekt erworben. „Schablonehaft“ ist ein übler Vorwurf! ;-) Nun gut, das scheint ein jazz funk Profi zu sein, der hier seine Arbeit macht und ich finde, gar nicht schlecht. Etwas zu lang geraten? Na ja, da würde ich nicht widersprechen …

    #10
    Wieder ein ähnliches Instrumentarium, aber dieser gemächliche Stück-für-Stück Aufbau gefällt mir gut. Wenn der Einstieg dann aber abgeschlossen ist und das Stück richtig beginnt, bin ich dann doch etwas ernüchtert. Das geht eher sentimental verhallt durch mich durch, und es bleibt leider nicht so viel hängen.

    Ich finde auch, das hat eigentlich keine besonders starke oder prägnante Komposition, Melodie oder was auch immer, obwohl ich die Bläser am Anfang eigentlich gerne höre. Das ist ein entspannter groove mit – ja – Athmosphäre. Der drummer ist der leader, auch die Bläser und die anderen Musiker sind routinierte Profis, die sich nicht sträubten, auch mal publikumsfreundlichen R&B-gefärbten Jazz zu spielen. Und zwar sehr gut, finde ich. Aus Jazz-Perspektive mag das etwas schlicht sein, aus Groove-Perspektive hat das Klasse! Dem label, auf dem das Anfang der 70er erschien, wurde/wird öfter mal der Vorwurf der Kommerzialität gemacht. Dabei wird aber oft übersehen, dass es da auch und trotzdem viele tolle Sachen gab.

    Danke Friedrich.

    Gerne!

    --

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    friedrich

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    Auch ich bin in der Pflicht, ich weiß, Friedrich. Es ist hier so ein Trubel, dass ich zu Notizen – die bei mir ja ohnehin immer nur rhapsodisch sind – nicht komme. Zum ersten Mal habe ich den Herbstquick gestern hören können und seitdem nun schon dreimal und ich wundere mich wohl selbst, dass mir das ausnahmlos den Hintern auf die Beine bringt. Ein paar Pianisten, Tenoristen besonders trieben an und dann gab’s da noch eine Trompete. Gelesen habe ich hier noch nichts, weil ich doch schon noch etwas schreiben möchte. Aber ich weiß nicht, wann’s klappt. Jedenfalls eine feine Zusammenstellung, für die ich danke, Friedrich.

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