Berlinale 2011 – 10. bis 20. Februar

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  • #7910219  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,679

    Witek DłTarr gesehen. W-O-W! Morgen mehr.

    Wir warten gespannt!

    Napoleon DynamiteSchreib‘ mal eine Mail an Clara Burckner von Basis-Film, die wieder den Filmkopien-Verleih für den neuen Tarr-Film übernimmt. Im Rahmen eines Filmclubs gibt es ja z.B. die Möglichkeit nichtgewerblichen Verleihs, eventuell lässt sich ja sowas im Großraum Nürnberg auf die Beine stellen?

    Klingt interessant. Vielleicht frage ich auch mal herum.

    Napoleon Dynamite
    Das verdient natürlich einen separaten Thread.

    Do it!

    Edit: Done.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #7910221  | PERMALINK

    flint-holloway

    Registriert seit: 05.10.2007

    Beiträge: 9,981

    latho
    Versuch es mit dem Argument, dass Leute aus dem Nachbardorf auch kommen würden.

    Ich werde alle Trümpfe spielen.

    Witek DłTarr gesehen. W-O-W! Morgen mehr.

    Bin gespannt.

    Napoleon DynamiteSchreib‘ mal eine Mail an Clara Burckner von Basis-Film, die wieder den Filmkopien-Verleih für den neuen Tarr-Film übernimmt. Im Rahmen eines Filmclubs gibt es ja z.B. die Möglichkeit nichtgewerblichen Verleihs, eventuell lässt sich ja sowas im Großraum Nürnberg auf die Beine stellen?

    Danke für die Info. Zum Thema Filmclub wollte ich eh schon lange mal Informationen einholen. Da kommt die Tage dann auch eventuell mal ein Thread zum Thema.

    --

    #7910223  | PERMALINK

    kicken

    Registriert seit: 24.11.2006

    Beiträge: 195

    Mein erster Höhepunkt der Berlinale:

    DAY IS DONE (Thomas Imbach):

    Faszinierend und berührend zugleich.

    http://www.negativ-film.de/2011/02/berlinale-2011-forum-day-is-done.html

    Läuft nur noch einmal am Samstag!

    --

    #7910225  | PERMALINK

    witek-dlugosz

    Registriert seit: 19.11.2010

    Beiträge: 5,114

    Ist der Text von dir?

    --

    #7910227  | PERMALINK

    witek-dlugosz

    Registriert seit: 19.11.2010

    Beiträge: 5,114

    “Tschuldigung, bin kurz eingenickt, was hab ich verpasst?“
    “Nüschte, er is immer noch mit sein Pferd im Sturm unterwegs.“
    “Wie lange habe ich denn geschlafen?“
    “Keene Ahnung, Viertelstunde?“

    “Mist, ich hätte echt Kaffee mitbringen sollen. Was war jetzt?“
    “Nächster Tach, Tochter hat Vatti bein Anziehn jeholfen und Wasser ausn Brunnen jeholt.“
    “Ist es draußen immer noch so stürmisch?
    “Ditt hörste doch.“
    “Stimmt. Ah, und jetzt Mittagessen. Er hat keinen Hunger oder was?“
    “Is schon fertig. Hat mit eener Hand die Schale vonne Kartoffel jerupft, druffjehaun und sich die heißen Brocken grunzend rinjeschoben.“
    “Wozu die Eile? Er hat doch eh nichts zu tun den ganzen Tag.“
    “Tja, da fragste watt.“

    “Was sollte das nun mit dem Nachbarn und seiner apokalyptischen Ansprache? Hätte der sich nicht auch einfach so den Schnaps borgen können und den Mund halten wie die anderen beiden?
    “Watt? Wie? Oh, jetz bin wohl zur Abwechslung icke ma kurz abjetaucht. Watt war?“
    “Ach, egal.“

    “Bei welchem Tag sind wir jetzt?“
    “Vierter, gloob ick.“
    “Was macht eigentlich das Pferd?“
    “Vatti war gerade bei ihn im Stall. Et frisst nicht.“
    “Wieso?“
    “Da musste ditt Pferd frahng.“

    “Tschuldigung, ich bin wohl wieder… Ist vorbei jetzt?“
    “Nee.“
    “Und wieso ist dann die Leinwand schwarz?“
    “War oof eima dunkel.“
    “Wieso das?“
    “Ditt hat Tochter ooch jefragt: Watt ditt Janze eijnklich is.“
    “Und?“
    “Weeß er ooch nich, sacht er.“
    “Aha. Welcher Tag?“
    “Sechster.“
    “Na dann.“
    __________________________________________________________________

    Zugegeben: Diese Dialoge sind reine Erfindung. Aber unrealistisch sind sie nicht. Ein Teil des Publikums reagierte mit verzweifeltem Unverständnis auf die extreme Langsamkeit und Ereignisarmut von Tarrs Film: Jedes Mal, wenn ein Zwischentitel den Beginn eines weiteren Tages ankündigte, ging ein Stöhnen durch den Saal. Immer wieder, selbst zehn Minuten vor Ende des Films, verließen Zuschauer den Saal.

    Was sie verpasst haben? Nicht weniger als ein großes Meisterwerk. Den (auch wenn noch zwölf Filme vor mir liegen, kann ich das mit Gewissheit sagen) besten Film, den ich auf der Berlinale gesehen habe.

    Die Ausgangsgeschichte, eine bekannte Anekdote aus der Philosophiegeschichte, wird zu Beginn aus dem Off erzählt: Friedrich Nietzsche sah, wie ein Kutscher sein Pferd misshandelte, warf sich dem Tier um den Hals und verschwand danach für den Rest seines Lebens in geistiger Umnachtung. Der Film setzt in direktem Anschluss an die Episode mit Nietzsche ein.

    Béla Tarr zeigt (in einer Art umgedrehten Schöpfungsgeschichte) sechs Tage im Leben des Kutschers, seiner Tochter und des Pferdes. Draußen peitscht unerbittlich ein Sturm, in der einsam gelegenen Hütte des Mannes passiert derweil größtenteils nichts. Anziehen, Wasser holen, Kartoffeln essen, aus dem Fenster schauen, Schnaps trinken, nach dem Pferd sehen, aus dem Fenster schauen – das ist im Grunde alles, was die Tage der beiden ausfüllt. Zweimal dringen andere Menschen in die Welt der beiden ein. Einmal ist es ein Nachbar, dem der Schnaps ausgegangen ist und der einen Monolog über das Ende der Welt hält. Ein anderes Mal ist es eine Gruppe von Zigeunern, die sich aus dem Brunnen bedienen und dann vertrieben werden.

    Das Pferd will nicht mehr essen, auch der Vater verliert den Appetit, der Brunnen versiegt, ein eiliger Aufbruch führt Kutscher, Tochter und Pferd nach kurzer Zeit zurück in die Hütte. Der Sturm ebbt ab, das Feuer erlischt, das Licht verschwindet, die Welt ist am Ende.

    Tarr zeigt diese apokalyptische Geschichte, oder vielmehr diesen Rumpf einer apokalyptischen Geschichte in extrem langen Einstellungen in klarem Schwarz-Weiß. Die Kamera bleibt dabei in Bewegung, auch wenn es teilweise nur minimale Bewegungen sind. Vater und Tochter sprechen nur hin und wieder das Allernötigste miteinander. Ansonsten hört man nur das Pfeifen des Sturms und die düstere Musik von Gábor Téni, die aus nur einem, von Geigen und Orgel gespieltem Motiv besteht, das sich durch den gesamten Film fräst und in dem sich der schleichende Untergang ankündigt.

    Tarr hat, obwohl er erst 55 Jahre alt ist, angekündigt, dass „A Torinói ló“ sein letzter Film ist. Auch wenn ich seine anderen Filme nur vom Hörensagen kenne: Einen imposanteren und in seiner radikalen Konsequenz ergreifenderen Schlusspunkt hätte er wohl kaum finden können: Die Entschleunigung wird auf ihren Höhepunkt getrieben und mündet im großen schwarzen Nichts. Möge Tarr dorthin bitte den Goldenen Bären mitnehmen!

    * * * * *

    --

    #7910229  | PERMALINK

    tugboat-captain

    Registriert seit: 20.03.2008

    Beiträge: 2,825

    :party:

    Ah, volle Fünfe. Die Vorfreude steigt und steigt!

    --

    detours elsewhere
    #7910231  | PERMALINK

    napoleon-dynamite
    Moderator

    Registriert seit: 09.11.2002

    Beiträge: 21,865

    Witek Dł
    Ein Teil des Publikums reagierte mit verzweifeltem Unverständnis auf die extreme Langsamkeit und Ereignisarmut von Tarrs Film: Jedes Mal, wenn ein Zwischentitel den Beginn eines weiteren Tages ankündigte, ging ein Stöhnen durch den Saal. Immer wieder, selbst zehn Minuten vor Ende des Films, verließen Zuschauer den Saal.

    Erstaunlich, aber die gleichen Reaktionen habe ich im Screening davor auch erlebt. Bestätigt unter Umständen wohl das, was eine Bekannte, welche die Berlinale seit 25 Jahren besucht, vorgestern zu mir meinte: Das Festival ist seit längerem für einen nicht unerheblichen Teil des Publikums eben nur das, wofür es die Vollpfeife Kosslick auch selbst hält, ein touristisches Ereignis, ein erzählenswertes Event, seit der Streuung auf verschiedene Punkte in Berlin (und der gleichzeitigen Konzentration auf den widerlichen Potsdamer Platz) ein Hauptstadt-Erlebnispark. Die Wahl des Filmes selbst nicht unbedingt der Kern des Spektakels. Eine ganz andere Erfahrung habe ich vor ein paar Jahren gemacht, als ich im Rahmen einer Tarr-Retrospektive u.a. „Sátántangó“ gesehen habe: Trotz der Länge (8 Stunden!) ein ausgewählt höfliches und aufmerksames Publikum, das in den kurzen Pausen ohne Murren Kaffee holte und sich nicht gegenseitig auf die Nerven ging mit Anekdoten über Anstehzeiten am Ticketschalter oder hyperbolisch hysterischem Was-werde-ich-nicht-noch-alles-sehen-Geplapper. Schade also, dass einem Film wie „A Torinói ló“ wohl nicht die Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, die er verdient hätte, letztlich aber auch egal, wenn einem dadurch immerhin nicht der eigene Genuss maßgeblich verwehrt wird.

    --

    A Kiss in the Dreamhouse  
    #7910233  | PERMALINK

    oldboy

    Registriert seit: 12.10.2004

    Beiträge: 7,593

    Bisher wirklich tolle Reviews, Witek. Nur wieso der Tarr- Film so phänomenal sein soll, wird mir nicht ganz klar. Kenne nichts von ihm, aber der obenstehenden Beschreibung des Filmes nach zu urteilen, wäre ich wohl auch irgendwann geflohen. Und hör gefälligst auf, dich über den kleenen Mann lustig zu machen!

    --

    sent via personal computer - bitte entschuldigen sie eventuelle INSZENIERUNGEN
    #7910235  | PERMALINK

    witek-dlugosz

    Registriert seit: 19.11.2010

    Beiträge: 5,114

    Napoleon Dynamite und sich nicht gegenseitig auf die Nerven ging mit Anekdoten über Anstehzeiten am Ticketschalter oder hyperbolisch hysterischem Was-werde-ich-nicht-noch-alles-sehen-Geplapper.

    Gerade der Austausch über die Filme, die man schon gesehen hat und noch vor sich hat, gehört für mich zur Berlinale schon dazu. Habe ich nie als störend empfunden. Aber klar: die Anstehzeiten muss man halt in Kauf nehmen. Aber wenn ein bisschen Lamentieren es besser macht, lass die Leute doch lamentieren!

    Mit früher kann ich die Berlinale nicht vergleichen, stelle aber fest, dass neben allerlei Hysterie (und einigen Wettbewerbsfilmen, die ich nicht mit der Zange anfassen würde) auf der Berlinale auch jetzt schlicht viele tolle Filme laufen.

    Kosslick kann ich auch nicht leiden, aber was haben seine Vorgänger denn besser gemacht?

    OldBoyBisher wirklich tolle Reviews, Witek.

    Danke!

    Nur wieso der Tarr- Film so phänomenal sein soll, wird mir nicht ganz klar. Kenne nichts von ihm, aber der obenstehenden Beschreibung des Filmes nach zu urteilen, wäre ich wohl auch irgendwann geflohen.

    Verständlich – ganz sicher nichts für jeden Geschmack. Man muss schon bereit für sehr viel Langsamkeit sein – und die soll ja in anderen Filmen von ihm noch erheblich extremer sein. Ich freue mich drauf – fast alle Filme liegen schon zu Hause bereit.

    Und hör gefälligst auf, dich über den kleenen Mann lustig zu machen!

    Lustig machen? Iwo. Das ist ausgesprochen zärtlich gemeint.

    --

    #7910237  | PERMALINK

    napoleon-dynamite
    Moderator

    Registriert seit: 09.11.2002

    Beiträge: 21,865

    Witek DłKosslick kann ich auch nicht leiden, aber was haben seine Vorgänger denn besser gemacht?

    Es liefen im Schnitt 200 Filme mehr auf der Berlinale, also ein gutes zusätzliches Drittel.

    Dass die besten Filme oftmals jenseits des Wettbewerbs laufen, hängt in erster Linie damit zusammen, dass neben Celebrate-good-times-c’mon-Kosslick weiterhin fähige Leute an der Organisation beteiligt sind, Christoph Terhechte im Forum insbesondere.

    Witek DłMit früher kann ich die Berlinale nicht vergleichen, stelle aber fest, dass neben allerlei Hysterie […]auf der Berlinale auch jetzt schlicht viele tolle Filme laufen.

    Natürlich. Das beweisen ja insbesondere auch deine tollen Rezensionen nachdrücklich.

    --

    A Kiss in the Dreamhouse  
    #7910239  | PERMALINK

    kluese

    Registriert seit: 23.02.2003

    Beiträge: 1,504

    „A Torinói ló“ von Béla Tarr, * * * * *
    zitternd im Kino, glückselig vorm Kino

    „Lollipop Monster“ von Ziska Riemann, * * * *
    gelungen überzeichnete Jugenerinnerungen

    --

    »Oh yeah, the world turned upside down.« »I hope I didn't brain my damage.«
    #7910241  | PERMALINK

    witek-dlugosz

    Registriert seit: 19.11.2010

    Beiträge: 5,114

    Napoleon DynamiteEs liefen im Schnitt 200 Filme mehr auf der Berlinale, also ein gutes zusätzliches Drittel.

    Wow, das wusste ich nicht. Und dabei feiert Kosslick doch jedes Jahr, wie viele Filme er wieder am Start hat.

    Dass die besten Filme oftmals jenseits des Wettbewerbs laufen, hängt in erster Linie damit zusammen, dass neben Celebrate-good-times-c’mon-Kosslick weiterhin fähige Leute
    an der Organisation beteiligt sind, Christoph Terhechte im Forum insbesondere.

    Ein Mann der Swanberg nach Berlin einlädt, verdient jedes Lob der Welt.

    Natürlich. Das beweisen ja insbesondere auch deine tollen Rezensionen nachdrücklich.

    Danke!

    --

    #7910243  | PERMALINK

    witek-dlugosz

    Registriert seit: 19.11.2010

    Beiträge: 5,114

    Kluese“A Torinói ló“ von Béla Tarr, * * * * *
    zitternd im Kino, glückselig vorm Kino

    Zitternd? Bitte erklären Sie!

    --

    #7910245  | PERMALINK

    kluese

    Registriert seit: 23.02.2003

    Beiträge: 1,504

    Zitternd, vor Freude.
    Erinnerte mich ständig an eines meiner beiden Großelternpaare und deren Arbeitsplatz, 50 Jahre.
    Ein kleiner „Melkstall“ (150 Tiere), 2 km außerhalb des 99 Seelen zählendes Dorfes. 365 Tage im Jahr, jeden Morgen 3.30 Uhr und 15.30 Uhr die Kühe von der bis zu 4 km entfernten Weide holen, Wetter und Gesundheitszustand interessierte keinen Menschen, es musste gemacht werden. Musste! Ich durfte noch ein paar Jahre davon miterleben. In meinen Erinnerungen wird es immer Sommer sein, die Geschichten der beiden bleiben jedoch immer, schwarz-weiß.

    --

    »Oh yeah, the world turned upside down.« »I hope I didn't brain my damage.«
    #7910247  | PERMALINK

    kicken

    Registriert seit: 24.11.2006

    Beiträge: 195

    @ Witek: Nein, der Text ist nicht von mir. Trifft aber meine Wahrnehmung sehr gut und wurde zudem aus Zeitmangel verlinkt… Und weil eine kurze Beschreibung des Films vielleicht nicht das Interesse eines Jeden wecken würde… Wie geschrieben: DAY IS DONE ist ein toller Film, der sowohl optisch als auch akustisch hervorragend funktioniert.

    --

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