Re: Berlinale 2011 – 10. bis 20. Februar

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napoleon-dynamite
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Witek Dł
Ein Teil des Publikums reagierte mit verzweifeltem Unverständnis auf die extreme Langsamkeit und Ereignisarmut von Tarrs Film: Jedes Mal, wenn ein Zwischentitel den Beginn eines weiteren Tages ankündigte, ging ein Stöhnen durch den Saal. Immer wieder, selbst zehn Minuten vor Ende des Films, verließen Zuschauer den Saal.

Erstaunlich, aber die gleichen Reaktionen habe ich im Screening davor auch erlebt. Bestätigt unter Umständen wohl das, was eine Bekannte, welche die Berlinale seit 25 Jahren besucht, vorgestern zu mir meinte: Das Festival ist seit längerem für einen nicht unerheblichen Teil des Publikums eben nur das, wofür es die Vollpfeife Kosslick auch selbst hält, ein touristisches Ereignis, ein erzählenswertes Event, seit der Streuung auf verschiedene Punkte in Berlin (und der gleichzeitigen Konzentration auf den widerlichen Potsdamer Platz) ein Hauptstadt-Erlebnispark. Die Wahl des Filmes selbst nicht unbedingt der Kern des Spektakels. Eine ganz andere Erfahrung habe ich vor ein paar Jahren gemacht, als ich im Rahmen einer Tarr-Retrospektive u.a. „Sátántangó“ gesehen habe: Trotz der Länge (8 Stunden!) ein ausgewählt höfliches und aufmerksames Publikum, das in den kurzen Pausen ohne Murren Kaffee holte und sich nicht gegenseitig auf die Nerven ging mit Anekdoten über Anstehzeiten am Ticketschalter oder hyperbolisch hysterischem Was-werde-ich-nicht-noch-alles-sehen-Geplapper. Schade also, dass einem Film wie „A Torinói ló“ wohl nicht die Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, die er verdient hätte, letztlich aber auch egal, wenn einem dadurch immerhin nicht der eigene Genuss maßgeblich verwehrt wird.

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A Kiss in the Dreamhouse