Re: soul soul soul soul

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blues-pfaffe

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Wo hört Soul eigentlich auf und mutiert zu belanglosem R’n’B? Für die Brooklyner Band The Revelations und ihren Sänger Tre‘ Williams ist die Sache klar: Soul braucht weder elektronische Beats noch gesamplete Klänge oder gar per Autotune angepasste Stimmen. Wenn es nicht echt ist, dann ist es auch kein Soul. Und heulende Teenager-Gören können schon gar nicht Soulsänger sein.

Die Retro-Debatte nicht nur im Soul sondern in der populären Musik der letzten Monate überhaupt ist eigentlich wirklich müßig. Eigentlich gilt noch immer die einzige Unterscheidung die zwischen guter und schlechter Musik. Und Aktualität ist lediglich eine temporale Bestimmung, kein Qualitätskriterium. Oder wenn man die Aktualität zur Beurteilung von Musik mit zu Rate ziehen will, dann sollte man diese beim Hören der jeweiligen Stücke zu Rate ziehen nicht bei der Suche nach den jeweils letzten Gimmicks.

Wenn man sich „Concrete Blues“, das aktuelle Album von The Revelations feat Tre Williams anhört, dann ist das in der ersten Hälfte ein höchst zeitgenössischer Blick auf die sozialen Verhältnisse nicht nur in New York. Und der Rest des Albums – quasi die persönliche Seite 2 der Platte – sind gleichsam zeitgemäße und zeitlose Stücke über Liebe und Zusammenleben. Ergo: Das ist ne höchst aktuelle Scheibe.

Doch gleichzeitig ist das in den legendären Hi Studios von Memphis produzierte Werk natürlich auch ein historisches Bekenntnis zum Soul und Blues des Südens. Da ist dieser unvergleichliche Groove der Stadt, da ist die Rauhheit, die man schon bei den klassischen Stax-Scheiben so liebte. Und vor allem da ist die Direktheit dieser Stimme von Tré Williams, dieser zeitweise an Johnnie Taylor erinnernde Bariton, der einem die Emotionen genau ins Herz wirft. Ergo: Das ist ein zutiefst altmodisches Werk.

Wer jetzt allerdings glaubt, The Revelations in die gleiche Ecke stellen zu können wie The Dap-Kings, der geht in die Irre. Denn bei aller Klassizität sind die Songs doch immer auch Werke von Künstlern, an denen die musikalische Entwicklung nach dem Ende des klassischen Soul nicht vorüber gegangen ist. So klingen Songs wie „Trouble Man“ auch wie ein Puzzle aus Motown, Memphis und R’n’B ohne zu zerfallen, transportieren die Rhythmen die Hektik und Brutalität der Straßen von heute.

Neben „Concrete Blues“ vertreiben The Revelations auf ihrer Bandcamp-Seite übrigens auch ein kostenloses Album mit neun Songs von den bisher erschienenen Werken der Brooklyner Soul-Band.

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