Re: Jazz zwischen Kunst und Kommerz

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hal-croves
אור

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gypsy tail windNatürlich! Aber man braucht nicht diese Generalisten-Fähigkeiten auf hohem Niveau, überall und immer … sondern man entwickelt ein Skillset, das der eigenen Musik angemessen sein muss (das geht über technische Fähigkeiten auch hinaus, wie gesagt, ich habe mich auch schon an Konzerten junger Musiker fremdgeschämt, weil einfach nichts aufging – obwohl die Jungs rein technisch vermutlich mehr drauf hatten als jeder Jazzer der Fünfzigerjahre, den wir heute noch verehren).

Vollkommen d’accord! Wurde nicht damals schon Thelonious Monk vorgeworfen, er spiele falsch, fehlerhaft, schlecht? Und wäre er nicht längst (zu Recht!) zu einem Jazzgott erhoben worden, könnte man sicher erst recht heute bis ins kleinste Detail sein Spiel niederkritteln; gerade ein so wundervoll verschrobenes Stück wie „In Walked Bud“ wäre vor keiner noch so herablassenden Häme sicher. Und selbst in der klassischen Musik gibt es fundamental gegensätzliche Auffassungen, die in ihrer Schroffheit kaum zu überbieten sind; so wird mir niemand jemals erzählen können, Karajan sei ein besserer Dirigent als Klemperer gewesen, denn letzterer hatte vollkommen Recht, wenn er den Hauptakzent auf die Ausdruckskraft in der Musik legte und nicht auf den perfekten Klang.

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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=