Re: Soul Anfänger

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soulpope
"Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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Sonic JuiceIch habe mir die Frage von Dir – insbesondere mit Blick auf L.A. – von ein paar Jahren auch mal gestellt und bin dem für einen Artikel nachgegangen. Dabei habe ich ich auch diverse Soul-DJs und Experten um Einschätzungen und Playlists gebeten. In Kürze wäre meine Antwort auf die Frage, warum der West Coast Soul Sound nicht so identifizierbar ist wie der von Detroit, Memphis oder New Orleans, dass L.A. in den 60er Jahren neben New York eine der großen Zentren der Musikindustrie war, Soul insofern nur einer von vielen Genres war und es keine herausstechenden großen Erfolgslabels wie Motown oder Stax gab, die einen charakteristischen wiedererkennbaren Sound produzierten, an dem sich alle anderen orientierten. Bei genauerem Hinhören zeigt sich aber, dass L.A. durchaus auch für Soul ein wichtiger Standort war. Zu den Künstlern, die (zeitweilig) vor Ort lebten und arbeiteten, zählen u.a. B.B. King, Little Richard, Johnny Otis, Ike Turner, Ray Charles, Bobby Womack, Willie Hutch, Barry White, Brenda Holloway, Bettye Swann und nicht zuletzt Sam Cooke. Man profitierte hier natürlich von den exzellenten Aufnahmebedingungen und der Zahl an Profimusikern, die von Jazz über Sinatra, Beach Boys, Rock und Soul alles auf Abruf spielen konnten. Motown verlagerte schon Mitte der 60er einen Teil ihrer Produktionen an die Westküste, bevor sie dann in den 1972 sogar das Hauptquartier nach L.A. verlegten und das Sub-Label Mowest gründeten. Einzelnes ist umstritten, aber in L.A. entstanden wohl auch viele Backing Tracks für Künstler wie Mary Wells, The Temptations, The Four Tops, The Supremes und Stevie Wonder. Stax zog es in den frühen 70ern ebenfalls nach L.A., sie richteten dort das legendäre WattStax-Festival aus.
Neben den großen Labels wie Capitol, 20th Century Fox, MGM, United Artists und Warner Bros., die durchaus auch Soul veröffentlichten, gab es hunderte von kleineren Labels, die den Soul-Sound prägten. Am typischsten für L.A. ist wohl der Sound von Mirwwod, der mit seinen luftigen Arrangements (oft mit Vibraphone) recht gut wiedererkennbar ist. Weitere wichtige Label sind Modern/Kent, Liberty, Doré, Renfro, Money, Audio Arts, Loma (gehörte zu Warner Bros.), Tangerine (von Ray Charles) und SAR (von Sam Cooke).
Wie bekommt man hier den Einstieg? Es gibt von Kent diverse gute Kompilationen für einzelne oben genannte Labels (The Mirwood Soul Story Vol. 1 und 2, The Modern Records Story, Renfro Soul Story, Double Shot of Soul…). Für den Start würde ich persönlich den Kent/Modern-Sampler „Where Soul Begins… For Dancers Only“, die LP „The Duck“ von Jackie Lee, alles von Brenda Holloway und die sehr schönen „Northern Soul of L.A. Vol. 1 & 2“ (Goldmine) empfehlen.

Danke für diese profunde Antwort, welche u.a einige der vor mir eingebrachten 45er Clips in Kontext setzt. Die grossen Labels haben – wie Du korrekt anmerkst – an unterschiedliche Orten Soul Produkte eingekauft bzw „machen lassen“, so segelt so manche Southern Soul Aufnahme unter kalifornischer Flagge. Dies war auch bei manchen der kleineren Labels der Fall (Kent, Liberty, Tangerine um ein paar zu nennen) ….

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