Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Über die Klasse der Klassik › Die Zauberflöte ein "Machwerk“? › Re: Die „Zauberflöte ein Machwerk“? Anderes?
otisDas hatte ich gar nicht gelesen. Langsam. Liszt ist kein Nazi gewesen, natürlich nicht. Die Ästhetik der Preludes aber ist eine sich selbst verabsolutierende, eine Apotheose an die musikalische Macht und Vereinnahmung. Insofern passte sie 100 Jahre später perfekt. Von dieser Ästhetik habe ich gesprochen, sie behagt mir nicht, sie macht mich klein, da gruselt’s mich. Ich will keine Musik hören, deren erstes Ziel es zu sein scheint, meinen Verstand auszuschalten und mich zu vereinnahmen.
Das ist aber ein höchst subjektives Empfinden, das man kaum auf alle Hörer verallgemeinen kann. Außerdem rührt das Unwohlsein ja aus dem Bewusstsein späterer Verwendung bzw. späteren Missbrauchs. Das hat pinch ja auch schon geschrieben.
gypsy tail wind@nail: das Thema ist ja gewissermassen eine Variation über eine Diskussion, die wir in der Jazz-Ecke schon einmal hatten – einfach ging es da um Coltrane und nicht um Antisemitismus … na ja, Kleinigkeiten
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Ich bin mir jedenfalls nicht ganz so sicher, dass sich die Sache immer so klar verhält, wie Du es schilderst. Grundsätzlich gebe ich Dir recht: Gegen postumen Missbrauch ist keiner gefeit. Aber die Frage brennt mir in manchen dieser Fälle eben doch auf der Zunge: Warum suchten sich die Nazis gerade die Werke aus, die sie sich eben ausgesucht haben? Klar, bei Nietzsche gibt es mannigfaltige Erklärungen (geisteskranke angeheiratete Nachfahren und deren Machwerk), aber es gibt eben auch mal die Situation, in der solche offensichtlichen Herkunftslinien fehlen und die Frage brennt: Warum dieses Werk? Was steckt da drin, das genau dieses Publikum in einem Masse anspricht, dass es das Werk vereinnahmt und für seine Zwecke einspannt oder missbraucht? Sowas muss natürlich sehr vorsichtig und im Einzelfall betrachtet werden – und vielleicht bleibt am Ende dann doch nur eine Polemik übrig und keine wirklich stichhaltigen Argumente … vielleicht aber auch nicht.
Ich denke bei den Nazis ist die Antwort relativ einfach. Sie verwendeten eben vor allem Werke, die einen primitiven Aspekt enthielten, der sich propagandistisch ausschlachten ließ. Alles Komplizierte, Widersprüchliche etc. ließen sie weg, übrig blieb nur ein Gedanke, der im eigentlichen Werk vielleicht gar keine große Rolle spielte oder nur einen Aspekt unter vielen darstellte. Es ist ja typisch für die Nazis, dass sie die gesamte Welt, die gesamte Geschichte, Gesellschaft und Politik mit einem banalen, aggressiven, menschenverachtenden und in jeder Hinsicht primitiven völkisch-rassistischen Denkschema überziehen.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.