Antwort auf: ECM Records

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vorgarten

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ECM 1074
jack dejohnette’s directions: untitled

wir sind schon im jahr 1976. wenn man sich den jazz-output insgesamt ansieht, ist in diesem jahr nicht viel los. miles macht pause, return to forever räumt mit ROMANTIC WARRIOR ab, von weather report erscheint BLACK MARKET, vom mahavishnu orchestra das relativ nebensächliche INNER WOLRDS. die kreativste fusion kann man wahrscheinlich auf ornettes DANCING IN YOUR HEAD hören. auf ecm allerdings einiges neues von jarrett, garbarek, weber, rypdal, gismonti und abercrombie/towners SARGASSO SEA.

schließlich wechselt in diesem jahr auch jack dejohnette mit seiner ersten eigenen band zum label. von den directions gab es schon COSMIC CHICKEN auf prestige, im quartett mit alex foster, peter warren und john abercrombie. auf UNTITLED ist mike richmond neu am bass und zusätzlich gibt es einen mann für diverse tasteninstrumente und für weiche impressionistische flächen, warren bernhardt. innere welten für romantische krieger, getanzt wird woanders. titel wie „flying spirits“, „morning star“ und „the vikings are coming“ gehen wohl in die gleiche richtung.

aber neben den verquasten rocksphären (ich sehe männer mit stirnbändern vor augen) bietet UNTITLED auch eine ziemlich frische jam-atmosphäre, die nur einmal schief geht (2 minuten hand drum und irgendwie auf asiatische sounds gestimmte gitarre ohne thema und idee), ansonsten: dejohnette swingt los (mindestens 3 rhytmusebenen) und dann jagen sich foster und abercrombie im freien dialog hindurch („fantastic“, „struttin'“). abercrombie wechselt großartig zwischen kommentierender begleitung (oft nur hineinschießende akzente) und schönen soli, foster spielt dagegen ein ziemlich generisches macho-post-coltrane-tenor, was dann auf sopran auch mal etwas softiehafter werden darf, irgendwas zwischen liebman (stirnband!) und brecker (umgekrempelte sakkoärmel), makel- und emotionslos, aber effizient.

tatsächlich ist UNTITLED ein ziemlich schönes album, das eben spielwitz und zeitgemäßen pop ziemlich angenehm verbindet und dabei sehr unangestrengt viele farben aus der orientierungslosigkeit zwischen schweiß und yogi-tee herausholt. es ist vor allem die feinheit des schlagzeugspiels, das immer ins offene will, keine probenraum- oder clubbegrenzung kennt und sich wohlzufühlen scheint im hier und jetzt. und dem einiges dazu einfällt: dejohnette und abercrombie spielen bei der gelegenheit auch schon mal das material zu PICTURES ein.

p.s. 1976 gründen sich schon the clash und joy division, lese ich gerade.

Jack DeJohnette drums, tenor saxophone
John Abercrombie electric and acoustic guitars
Alex Foster tenor and soprano saxophones
Mike Richmond bass, electric bass
Warren Bernhardt piano, electric piano, clavinet, cowbell
Recorded February, 1976 at Talent Studios, Oslo
Engineer: Jan Erik Kongshaug
Produced by Manfred Eicher

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