Re: AotW: Randy Newman – 12 Songs

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otis
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Sonic JuiceZunächst verstehe ich unter Humanismus eine philospophisch fundierte Weltanschauung und nicht einfach jemanden, der irgendwelche (mit)menschlichen Züge aufweist oder in seiner Kunst transportiert. Ich bin nun selbst nicht in den einschlägigen Geisteswissenschaften so firm, dass ich mich hier profund um begriffliche Details streiten könnte, aber Newmans Texte würde ich nicht diesen Stempel verleihen, dafür ist mir seine Grundansatz doch zu spöttisch, entblößend, ins Mark treffend und in gewisser Weise auch resignierend, hoffnungslos. Newman beobachtet und analysiert, aber m.E. nicht mit der Hoffnung oder Absicht, den Menschen ändern zu wollen. Er predigt allenfalls zu den Bekehrten.

Otis, vielleicht magst Du ja noch mal etwas ausführlicher begründen, was Du unter humanistisch verstehst und insbes. was ein „Humanismus mit zynischem Einschlag“ ist? Für mich geht das begrifflich noch nicht zusammen.

Ich kann zu Newmans Geisteshaltung natürlich auch nichts beitragen, ich kenne ihn nicht. Ich kann mir auch vorstellen, dass das von dir als spöttisch etc. Beschriebene später etwas deutlicher zum Vorschein kam.

Ich glaube, ich sagte es schon: ich stelle mir Newmans Songs oft als kleine Filme vor. Darstellungen des Menschlichen in seiner ganzen Bandbreite, beschreibend nicht sezierend. Ihm ist nichts fremd, er erhebt sich aber auch über nichts. Da ist kein Zeigefinger, er predigt nicht, es gibt auch keine Bekehrten. Er verurteilt nicht, er konstatiert und akzeptiert. Das meine ich mit im Wesen „humanistisch“.
Der pädagogische Weltverbesserer, der Händchenhalter, der harmoniesüchtige Weichspüler etc. das ist nicht, was ich unter Humanismus verstehe. Humanismus ist in meinen Augen der Glaube an und das Wissen um das Menschliche, mit seinen guten und schlechten Seiten.
Dass angesichts des Alltags ein solcher Humanismus irgendwann mit Zynismus durchtränkt wird, liegt in der Natur des Menschlichen. Bin ohnehin der Meinung, dass echter Zynismus nur die Kehrseite der Medaille Humanismus ist.
Thomas Mann war auch so einer, und sicher viele andere mehr.

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