Re: AotW: Randy Newman – 12 Songs

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ah-um

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waHat schon jemand erwähnt, dass „12 Songs“ ziemlich dumpf und dünn abgemischt und klanglich eine einzige Katastrophe ist? Nein? Dann sei das hiermit geschehen. Die Qualität der Songs indes ist über jeden Zweifel erhaben, das ist Newman von seiner besten Seite. So war für mich „12 Songs“ immer die Platte der verschenkten Möglichkeiten.
Dem Skizzenhaften der Produktion kann man sicher einen gewissen LoFi-Charme abgewinnen, aber auf der anderen Seite wickelt man doch auch nicht Kaviar in billiges Zeitungspapier ein.

Sehe ich nicht so. Die Produktion ist von einer Beiläufigkeit, die man mit Nachlässigkeit verwechseln könnte. Zusammen mit dem entspannten Spiel der Band und der Kürze der Songs führt dies zu dem sehr charmanten und sicher gewollten lakonischen Grundton. Es ist auch dieses Understatement, das vieles hier im Vagen hält und dadurch die Platte so erfolgreich macht.

waNein, Newman ist kein Zyniker. Er kanzelt nicht ab, sondern er erzählt Geschichten, schlüpft in Rollen, ohne sich über seine Protagonisten zu erheben. Im Grunde humanistisch, richtig.

Eher nicht. Wenn Newman in die Rolle eines dummen Reaktionärs schlüpft, dann ist jedenfalls für seine Zielgruppe – hippe Intellektuelle und die sich dafür halten – klar erkennbar, dass es nur eine Rolle ist. Und diese Rollenhaftigkeit soll erkennbar bleiben, die volle Identifikation muss vermieden werden. Die Perspektive des Ich-Erzählers ist sozusagen nur ein Trick, sich möglichst schadlos in der Psyche seines Protagonisten umzutun. Newman kanzelt nicht ab, er ist subtiler, aber deswegen noch lange kein Philanthrop. Die Distanz bleibt stets spürbar. Der Autor kennt die dargestellten Figuren besser als diese sich selbst und lässt sie Verräterisches äußern. Er bleibt der überlegene Geist, der die anderen durchschaut. Zu einer wirklich humanistischen Haltung (im Sinne von Menschenliebe) fehlt hier ein überzeugendes Mit-Leiden, vorherrschend bleibt die leicht näselnde Lakonik und durchaus ein gerüttelt Maß an Zynismus.

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There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)