Re: Lieder ohne Worte – Delias Kreis der Davidsbündler

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katharsis

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Schön, mal wieder etwas von Dir lesen zu können. Deine „Werkbeschreibung“ liest sich sehr gut und weist zurecht auf ein wunderbares Werk hin.
Das gute an der Scheherazade ist zudem, dass man sehr gute Einspielungen zu sehr günstigen Preisen bekommen kann, da gerade dieses – als wohl bekanntestes von Rimskji-Korsakows Werken – auch häufig in 2nd-Hand Läden zu finden ist.
Das bringt mich aber dazu, zu mutmaßen, dass der Gute gar nicht sonderlich „vergessen“ ist – oder wurde, sondern vielmehr die Aufführungen seiner Werke sehr auf gerade dieses Werk fixiert sind, gibt es u.a. doch auch schöne Symphonien.
In seinen Ansätzen weist Rimskji-Korsakow in meinen Augen auch schon auf Schostakowitsch hin, der ja auch seine Musik als Rebellion, als Aufzeigen politischer Mißstände nutzte und sich damit den Ärger der Staatsführung zuzog.

Ich möchte hier aber auch nochmal eine Lanze für den von Dir bereits erwähnten Alexander Borodin (1833-1887) brechen, der mir fast noch vergessener erscheint, wenngleich seine Polowetzer Tänze ab und an zu hören sind, oder auch die Symphonische Dichtung „In den Steppen Zentralasiens“.
Das Besondere an Borodin, der eigentlich Arzt und als solcher ein bekannter Forscher war, ist, dass er sich nahezu alles musikalische Wissen und seine eigene Ausdruckskraft selbständig ohne professionelle Ausbildung angeeignet hatte. Da er entsprechend weiterhin in seinem originären Beruf tätig war, fällt sein musikalisches Schaffen zwar klein, aber nicht minder bedeutsam aus. So sind gerade seine zweieinhalb Symphonien wunderbar geerdete romantische Werke, ohne in das Pathos eines Tchaikovsky abzudriften – was aber generell sämtliche oben genannte Komponisten auszeichnet. Man merkt aber gerade bei ihm eine vorhandene Nähe zu Liszt oder Berlioz, aber auch die tiefgründigere „Bauweise“ von Brahms möchte man an einigen Stellen heraushören, die sich verbunden mit leichten Anklängen russischer Volksmusik (auch wenn Borodin aufgrund seiner Arbeit viel zu reisen pflegte) zu einem eigenen Personalstil amalgamieren. Dies spiegelt sich auch durch seine bevorzugte Einarbeitung der Celli bspw. in die erste Symphonie wieder.
Nicht zuletzt durch seine Oper „Prinz Igor“ geniesst Borodin auch heute noch einige Aufmerksamkeit, wenn auch weniger im öffentlichen Konzertgeschehen, was zu bedauern ist. Seine Qualitäten machen sich schon dadurch bemerkbar, dass er als unprofessioneller Musik und Komponist als Mitglied der Fünf Mächtigen voll angesehen war.

Nach seinem frühen Tode wurden einige halb fertige Werke von Alexander Glasunow (1865-1936), der seinerzeit Schüler bei Rimskji-Korsakow war (damit schließt sich der Kreis), fertig orchestriert, was scheinbar gut funktioniert hatte, da man Glasunow ein unfehlbares Gehör und ein musikalisches Gedächtnis nachsagte, mit dem er auch Stücke, die er Jahre zuvor gehört hatte fehlerfrei wiedergeben konnte.
Glasunow weist ein umfangreiches Schaffen (u.a. 9 Symphonien, 5 versch. Konzerte, 2 Ballette und 7 Streichquartette) auf, welches sich anfangs mehr an Tchaikovsky, später an Wagner orientierte. Insgesamt wurde ihm oft vorgeworfen, dass sein Kompositionsstil veraltet und er selbst rückständig sei, was man aber aus heutiger Perspektive nur bedingt nachvollziehen kann. Zeigt sein Stil doch sehr romantische bis spätromantische Auswucherungen – die sich besonders in der Art der klar strukturierten Orchestrierung wiederfinden, welche oft ihresgleichen sucht – aber auch einige moderne Akzente, wie in seinem Saxophonkonzert op.109 (1934).
Hingewiesen sei hier vor allem auf das Violinkonzert op.82, die Symphonien 4&7, oder auch die beiden Konzertwalzer, die eine Bereicherung eines jeden Ballsaals wären. Aber auch seine Geburtstagskantate für Präsident Pushkin op.46 ist äußerst hörenswert, da gerade hier deutlich wird, dass Glasunow pathetisch zu Werke geht, dies aber in feinen und unaufdringlichen Maßen (für meine Ohren).

Jetzt habe ich gemerkt, dass ich viel geschrieben habe, dabei wollte ich nur auf die beiden aufmerksam machen, da beide sich um Rimsky-Korsakow drehen.
Ich hoffe, das ist okay, wenn nicht – es ist ja Dein Thread, Clara -werde ich gerne kürzen, oder verschieben!

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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III