Re: Die letzte Dokumentation, die ich gesehen habe

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hal-croves
אור

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Vorhin lief auf Phoenix eine total faszinierende Dokumentation über die Berliner S-Bahn in der Zeit des kalten Krieges. Da die S-Bahn aufgrund alliierter Übereinkunft zur Reichsbahn der DDR gehörte, gleichwohl aber in ganz Berlin betrieben wurde, bildete sie quasi einen Stachel im Fleische des Westens – ähnlich wie Westberlin einen Stachel im Fleische des Ostens darstellte. So kam es ständig zu Reibungen und Konflikten auf allen Ebenen; zum Beispiel galten Angestellte der S-Bahn, die in Westberlin lebten, dort allein aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeit als Handlanger des SED-Regimes und trauten sich kaum, in ihrer Dienstuniform nach Hause zu gehen. Ihr Gehalt wurde nur zu 60 Prozent in D-Mark ausgezahlt; die restlichen 40 Prozent, die in Mark der DDR ausbezahlt wurden, mussten sie beim Westberliner Senat umtauschen – immerhin zum subventionierten Kurs von 1:1. Wem ein Fehler in der Arbeit unterlief, womöglich noch am 17. Juni, bekam es mit etwas Pech mit der DDR-Kriminalpolizei zu tun, die inkognito in Westberlin ermittelte und die vermeintlichen Delinquenten mit Sabotagevorwürfen konfrontierte – nach damaligem DDR-Recht ein schwerwiegender Straftatbestand. Kein Wunder, dass viele den Dienst quittierten. Für die übrigen war die Arbeitsplatzgarantie attraktiv genug, um die vielfältigen Probleme hinzunehmen. Das galt aber nur bis etwa Ende der siebziger Jahre, als die DDR-Reichsbahn unter zunehmender Finanznot Westberliner Strecken verrotten ließ, schließlich stillegte und am Ende sogar betriebsbedingte Kündigungen aussprach. Ab 1984 wurden die Westberliner Strecken dann von der BVG betrieben.

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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=