Re: Richard Wagner

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nes

Registriert seit: 14.09.2004

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otisWenn Wagner schwülstig ist, ist Bruckner der geborene Oberschwulst und Tschaikowsky ungenießbar.

Deine Meinung, meine nicht.

Wagner war menschlich ein kleiner, narzisstischer, kleinbürgerlicher Knilch. Wohl auch schlichtweg ein Kotzbrocken.

Zustimmung.

Musikalisch war er dagegen vorneweg. Eine nicht seltene Kombination.

Du siehst in ihm sowas wie einen musikalischen Rebellen?

So wenig Wagners Antisemitismus wegdiskutiert werden kann, so sehr war der in mancher Hinsicht aber auch ein Synonym für eine feindliche Außenwelt,von der er glaubte, dass sie ihn in seiner Kunst behindere.

Jawohl, so habe ich das auch in seiner Biographie verstanden: dennoch schmeckt mir das nicht.

Ich selber habe große Probleme mit Lohengrin und Meistersingern. Der Holländer ist musikalisch eher langweilig für mich. (Tannhäuser, wenn denn irgendwas, in Ansätzen „schwülstig“. Nie ganz gehört) An den Parzifal habe ich mich nach wie vor nicht wirklich herangetraut, wohl aber gehört. Es graust allein der Gedanke an einen wie auch immer gearteten „Karfreitagszauber“.
Aber Tristan und Ring kann ich guten Gewissens den Rang nicht absprechen (und natürlich nicht den Wesendonck-Liedern)

Der Ring des Nibelungen geht für mich sogar noch.
Rest: leider nein.

Apropos Wagner/Hitler: hier wird m.W. sehr verkürzt. Hitler war glühender Wagnerverehrer, aber nicht wegen seiner Schriften, sondern wegen seiner Musik. H. ging in jungen Jahren in Wien beinahe jeden Abend in die Oper, hatte offenbar wirklich eine musikalische Ader. Dem nachzuspüren ist nicht uninteressant. Später ließ H. Wagner eher fallen. War er überhaupt häufiger in Bayreuth zu den Festspielen?

Wenn Barenboim sich heute für Wagner einsetzt (auch in Israel), so wäscht das Wagner nicht rein, aber trennt seine Musik wenigstens etwas von der Person, was gerechtfertigt ist, zumal W. auch ein Kind seiner Zeit war (siehe auch Dostojewski). Wagners intensive Zusammenarbeiten mit jüdischen Musikern und Dirigenten waren ja keine ideologischen Ausrutscher oder Notlösungen.
Insgesamt eine schwer aufzublätternde Geschichte.
Jedenfalls liefert W. Gründe genug, grundlegend abgelehnt zu werden, seine Musik allerdings genauso viele gute Gründe, ihn anzuerkennen.

Zu Deinem letzten Satz: natürlich, aber man muss ihn nicht mögen, gar bevorzugen.
Da habe ich viel erquicklichere Klassik im Regal, die mich viel mehr interessiert und berührt. Da kann Wagner gerne verstauben.

PS: Wer mir Parzifal von jeder (christlichen) Erlösungs-Thematik loslösen und nahebringen kann, dem eine Solti-Walküre-Kassette.

Da bin ich nicht die Richtige.;-)

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