Re: Musiker, mit denen ihr nichts anfangen könnt?

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themagneticfield

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Herr RossiRap nicht zu mögen ist ja eine Sache, aber dieser Bekenntniszwang, mit dem Rap abgelehnt wird, verlangt natürlich schon nach Erklärungen. Die Stichworte, die Du aufführst, taugen vordergründig gut, wenn man mal schnell seine Abneigung objektivieren möchte. Es ist allerdings genauso kurzschlüssig, als würde man Rock auf seine sexistischen und chauvinistischen Elemente und seine visuellen und musikalischen Stereotype reduzieren, die aber ebenso zweifellos existieren.

Bemerkenswert ist z.B., dass Gewalt im Rap nicht als fiktiv verstanden wird. Als ob Männer mit Knarren nicht zur DNS der US-Popkultur gehören, ob im Western, in den Gunfighter-Balladen der Country-Musik,im Mafia-Genre, im „hartgekochten“ Krimi, bei Tarantino usw. usw. Aber wenn Weiße Gewaltphantasien in Worte und Bilder fassen, dann weiß eigentlich jeder, dass die Künstler nicht anschließend losziehen und ein reales Massaker veranstalten. Die spielen nur. (Dass es Ausbrüche realer Gewalt gab, soll damit nicht wegdiskutiert werden, die gab es aber auch in der weißen Rockmusik.)

Auch das Zurschaustellen von materiellen Werten („Bling Bling“) irritiert uns Mitteleuropäer, die wir uns vordergründig lieber über „innere Werte“ definieren, aber auch das ist eher ein amerikanisches Phänomen denn ein Rap-spezifisches.

Naja, dass ist mir jetzt wieder zu sehr weiß gegen schwarz, anti Rock zum Aufwerten des Rap argumentiert. Ich finde die Aussage, dass man Sprechgesang per se einfach nicht mag als Erklärung durchaus ausreichend. Vielleicht fehlt den Usern da einfach der melodische Effekt. Natürlich hat auch Rap eine gewisse Art Melodie in den Rhymes, aber das ist dann doch mehr ein Flow, als das was man unter Melodien im Bereich des Rock/Pop/Alternative versteht. Viele schließen ja z.B auch auf Grund der Stimme manche Künstler kategorisch aus (was ich nachvollziehen kann), warum soll das bei einem Genre (und den ganzen diversen Subgenres) auf Grund der Art des Vortrages nicht ähnlich nachvollziehbar sein. Für mich bräuchte es in dieser Erklärung dann auch keinen Koks, keine Knarren und kein beschissenes Frauenbild, das würde mir mit diesem Argument völlig ausreichen. Blödsinnig wird es doch einfach nur durch solche Aussagen wie „Das ist doch keine Musik“ (so nicht wörtlich gefallen), da ist die Grenze zu hanebüchen einfach deutlich überschritten. Witzig wird es auch, wenn Rap-Verächter dann einen Song beim Crossover Rock/Rap plötzlich ganz knorke finden (nicht stormy), da würde dann die Argumentation ich kann mit Sprechgesang einfach nichts anfangen durchaus wackeln und man müsste sich fragen, ob nicht weniger der vorhandene Sprechgesang, als vielmehr das Fehlen der fetten (E)-Gitarre das Ausschlusskriterium darstellt.

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"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!