Re: Spex

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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nail75Gerne: Der Markt ist da, man kann sie verkaufen, die Original-Mono-Pressungen sind kaum oder nur schwer erhältlich (Beatles UK geht, aber Dylan US ist schwierig) und deutlich teurer als die Reissues. Außerdem klingen die Platten sehr unterschiedlich in Mono, bei Dylan weil die Stereo-Platten deutlich mehr Höhen haben, bei den Beatles weil bei den frühen und mittleren Alben mit Stereo experimentiert wurde (Ping-Pong-Stereo).

Ja, okay, in diesen Fällen – zumindest bei den Beatles – kann ich dem zustimmen. Da gibt es einen klaren Unterschied und Mehrwert im Vergleich zu alten Stereo-Vinyl-Ausgaben oder CDs. Wo der Mehrwert bei z.B. Led Zep Vinyl-Remasters liegt, leuchtet mir jedoch nicht so ganz ein. Ich weiß, es ist was Emotionales, aber mir scheint das doch am Ende hauptsächlich Geldschneiderei einer Not leidenden Musikindustrie zu sein, die ihre Backkataloge wieder und wieder in neuen Editionen auf den Markt wirft, ohne dass das irgendeinen künstlerischen Wert hat.

Das ist eine sehr idealisierte Sicht der Dinge, die so schlichtweg unzutreffend ist. Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass Platten nicht „einfach nachgepresst“ wurden. Und selbstverständlich haben viele Musikhörer verkratzte Platten nachgekauft.

Ja, schon, aber natürlich waren gerade Beatles, Stones, Dylan, Led Zep et al. immer erhältlich und das hat sich auch durch die CD nicht geändert. Im Gegenteil: Das kam alles noch mal digital auf den Markt und ist in dieser Form jederzeit verfügbar.

MikkoWarum ich die Spex nicht brauche? Nun, Friedrich, ich denke Du hast die mich interessierenden Passagen gut zusammengefasst. Da muss die nicht noch im Original lesen.

Ich habe ja nur zitiert. Es gibt in der SPEX wie gesagt noch ein paar andere Essays. Man muss nicht mit der Meinung der jeweiligen Autoren übereinstimmen, aber interessante Themen sprechen sie durchaus an.

Mich ärgert es auch, dass die Kapazitäten von den Majors okkupiert werden für zum Teil völlig am Markt vorbei gehende Produkte. Die Majors handeln wieder nach der Devise „nicht kleckern, sondern klotzen“. Da wird ohne Sinn und Verstand Zeug gepresst. Irgendwas wird schon gekauft werden. Den Rest verramschen wir dann wieder irgendwann.

Kleine aber feine unabhängige Produktionen bleiben da auf der Strecke. Das betrifft ja nicht nur die Techno und Hip Hop Labels, sondern auch Punk, Garage, Mod etc., eben alle, die eher Nischen bedienen.

Genau das beklagt der Autor ja auch. Die Presswerke werden mit Re-Issues verstopft, während für Neuerscheinungen keine Kapazitäten mehr frei sind

Doc F.Ich wühle – sehr zum Leidwesen meiner Familie :lol: – auch ständig und überall in Plattenkisten herum, aber dieses Gelaber ist genauso wie ich Spex in (schlechter) Erinnerung habe.

Ach, das ist für SPEX-Verhältnisse ja noch relativ leserfreundlich formuliert und ist auch inhaltlich durchaus diskutierenswert. Wie gesagt: Man muss nicht mit dem Autor übereinstimmen, aber er liefert Denkanstöße – wie ja auch die Antworten in diesem Thread bestätigen. Ich finde auch, dass die SPEX Pop-Journalismus in Deutschland auf ein viel höheres Niveau gehoben hat. Dass sie dabei auch mal über das Ziel hinausschießt – naja …

Die SPEX ist sich übrigens wohl durchaus bewusst, dass sie zu Klugscheißerei neigt. Das ist wohl auch Teil des Konzepts mit dem man sich abheben und auch als etwas elitär positionieren will. Am Anfang der neuen Ausgabe sind einige „Gratulationen“ von Musikern zum 35. Jubiläum abgedruckt. Die SPEX hat immerhin so viel Humor, sich dort von Inga Humpe als „neo-spießiger, männlich beschränkter Haufen“ und „flach und humorlos“ beschimpfen zu lassen, Francoise Cactus schreibt, die SPEX sei „klugscheißerisch“ und „die Interviews öden (sie) an, sie „geht (ihr) auf die Nerven“ und schreibt über Musik „die (sie) nicht leider kann“ und Niels Frevert macht es ganz kurz: „Ihr Arschgeigen ignoriert meine Platten und wollt jetzt ein Kommentar von mir? Alles Gute zum Jubiläum.“ :lol:

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)