Re: Spex

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castles-in-the-air

Registriert seit: 09.04.2005

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Als die Spex vor ein paar Jahren nach Berlin umzog, konnte ich den Aufschrei der Redakteure, die das Blatt in den Jahren zuvor mehr und mehr in Richtung Bezahl-Intro führten, anfangs kaum nachvollziehen. Zwar ließ es sich nicht leugnen, dass der neue Chefredakteur Max Dax als Honorarschreiber bei der Wahl seiner früheren Auftraggeber nicht immer sehr wählerisch war (WOM-Journal!) bzw. sein konnte, doch musste man ihm auch zugute halten, dass er sein Interview-Magazin Alert aus lauter Idealismus gleich zweimal gründete und nach jeweils ca. zwei Jahren an die Wand fuhr. Kurz, ich gönnte Dax zunächst den neuen Posten. Gerade seine größte Schwäche – die fast schon radikal anmutende Humorlosigkeit – schien der Spex am Anfang seiner Tätigkeit sogar zum Vorteil zu gereichen, denn wenn man mal bei der Abarbeitung wichtiger Themen scheiterte, dann immerhin auf hohem Niveau. Leider entwickelte sich Dax mehr und mehr zum etwas peinlichen Gernegroß, er hat den Bogen mittlerweile schlicht überspannt. Da wären seine stets viel zu aufgeblasenen Editorials sowie die Tatsache, dass kein anderer Redakteur neben ihm so etwas wie ein wirkliches Profil entwickeln konnte, ein Spex-Festival, das selbstverständlich nicht veranstaltet, sondern gleich „kuratiert“ werden musste, und neuerdings Plattenbesprechungen in Form von kleinen, leicht verdaulichen Häppchen, die kurzerhand zum „Pop-Briefing“ stilisiert werden. Aus meiner Sicht befindet sich die Spex seit ihrem Neustart in ihrer ersten großen Krise, momentan kaufe ich das Heft nur noch aus Gewohnheit. So schnell kann das manchmal gehen: Vor wenigen Monaten freute ich mich bereits Tage vorher auf die neue Ausgabe.

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