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In der Süddeutschen gibt es auch einen netten Bericht. Besonders „Flowers In The Window“ ohne jede Verstärkung hat uns alle wirklich bewegt.
TravisPoesie und Zorn
Das mache mal einer nach! Für die Zugabe kehrt Fran Healy, der Schlacks im weißen Anzug, allein auf die Riesenbühne zurück, besänftigt mit einem Lächeln die vor Glück rasende Masse, stöpselt seine Westerngitarre vom Strom ab, geht weit vor an die Rampe und singt – gänzlich unverstärkt – „Flowers In The Window“, die hauchzarte Hymne vom kleinen, großen Gärtner-Glück. Einfach so. Tausende werden mäuschenstill, summen bald schüchtern mit. Und das Zenith, diese Klangkatastrophe von Konzerthalle, verwandelt sich in eine Kathedrale. Poprock, perfekt. So einfach, so erhebend!Wie schon der Beginn des fabelhaften Konzerts von Travis. Im Takt eines herzschlagartigen Hip-Hop-Beats betreten die vier Schotten und ihr Gast-Keyboarder die Bühne. Drei Sehnsuchts-Akkorde später zieht sich eine wohlige Weltschmerz-Wolke über der Halle zusammen. „Happy to hang around“, singt Healy mit rauchiger Stimme – und klingt verzweifelt. Zwei Takte lang setzen die Musiker aus. Der bullige Herzschlag pumpt weiter. Kollektiver Atemstillstand. Bis Andy Dunlop die Gitarre aufdreht, brummkreiselnd um die eigene Achse rotiert und sich all der Schwermut in einem Krach-Gewitter erlöst. Ekstase!
Travis sind noch die netten Typen mit den luftig-duften Liedern. Sie singen aber nicht mehr vom Wetter und der Liebe allein. Einer flockig-folkigen Herzschmerz-Hymne folgt schon mal ein zorniger Antikriegs-Song. Die älteren Muntermacher-Melodien klingen zwar immer noch famos, wirken aber neben den neuen, aggressiveren Polit-Popnummern wie ein zynischer Kommentar: Jungs, was waren wir naiv. Die Zeiten, in denen Travis das akustische Pendant zum Poesiealbum waren? Passé! Die Tagträumer sind aufgewacht.
ANDREAS KRIEGER
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