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herr-rossi
motoerwolfWow, noch schnell ein Deadnaming untergebracht. Im Nachruf. Schon ziemlich widerwärtig. Da sieht man mal, wie viel dir Progressivität außerhalb des entsetzlichen Rockgenres, das du feierst, bedeutet. R.I.P. Carola Kretschmer
Ich würde nicht erwarten, dass jeder schon weiß, was „Deadnaming“ ist und warum man das vermeiden sollte. Da sollten wir nicht unbesehen vermuten, dass es böswillig gemeint ist, und stattdessen aufklären. Bei einer Person des öffentlichen Lebens, die auch schon unter ihrem alten Namen bekannt war, lässt es sich wohl auch kaum vermeiden, dass dieser bei einem solchen Anlass nochmal genannt wird. Auch Udo Lindenberg erwähnte ihn – in Anführungszeichen gesetzt – in seinem Nachruf auf Instagram, und die beiden standen sich ja nun wirklich nahe. RIP Carola Kretschmer
Den Begriff muss man nicht kennen. Ein gesundes Taktgefühl reicht schon aus, um zu wissen, dass man den abgelegten Namen eines anderen Menschen ruhen lässt. So neu ist das Phänomen ja nun auch wieder nicht. Ich bezweifle, dass jemand hier es gewagt hätte, Muhammad Ali in seinen besten Tagen mit seinem Geburtsnamen zu bezeichnen, den dieser als Sklavennamen abgelehnt und -gelegt hat. Bei einer verstorbenen Transfrau dagegen tut man so was völlig ungeniert. Wenn es wenigstens einen Zweck erfüllen würde, könnte man das ja vielleicht noch akzeptieren. Das einzige, was jedoch tatsächlich durch die Nennung erreicht wird ist ein Befeuern von Diskriminierung. Deadnaming vermittelt, dass man die Identität der Person eben nicht wirklich akzeptiert, dass einem die Person letztlich herzlich egal ist. OK, aber dann spare man sich auch sein R.I.P. Natürlich gibt es Gelegenheiten, in denen man die Identitätsfrage diskutieren / thematisieren kann, aber ein einzeiliger Nachruf, der nicht beispielsweise das künstlerische Schaffen würdigt oder auch nur erwähnt, statt dessen lediglich diesen einen Punkt der Identität herausstellt, den kann ich nur als boshaft lesen. Zumindest, wenn der Schreiber kognitiv nicht eingeschränkt ist. Hier weist jemand darauf, dass „Carola zwar irgendwie eine Frau ist, aber, seien wir doch ehrlich, im Grunde ist das schon ein Mann, der sie einfach nicht alle hat. Ich korrigiere das mal für meine Leser“. Und es behaupte jetzt bloß niemand, die Nennung sei einfach eine Form der Informationsübermittlung. Ein Nachruf ist kein Infotext. Die Information ist zudem banal, jedem Interessierten bereits bekannt und mithin an der Stelle überflüssig. Darüber hinaus erwarte ich, wenn mir jemand dieses Fass aufmacht, dass sich damit beschäftigt wurde. Dann wüsste man, dass Deadnaming ein Tabu ist. Wer sich nicht damit beschäftigt hat, dennoch so etwas so schreibt wie es hier geschah, der treibt lediglich eine Sau durchs Dorf. Ich bleibe dabei, der betreffende Post war widerlich.
Lindenberg betreibt kein Deadnaming (wenn du den Instapost meinst). Er thematisiert Carolas Kampf. Das ist etwas ganz anderes. Das man diesen Kampf nicht beschreiben kann, ohne das Ausgangsproblem zu benennen, ist einleuchtend.
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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame