Antwort auf: Die letzte Dokumentation, die ich gesehen habe

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ford-prefect
Feeling all right in the noise and the light

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Als ich auf die Homepage des Momem gesurft bin, dem Museum of Modern Electronic Music, das letztes Jahr im April in Frankfurt/Main eröffnete, um fortan der Techno- und Rave-Kultur als sammelnder Wissensspeicher eine Heimstätte zu bieten, entdeckte ich, dass dort gestern eine Filmvorführung des Dokumentarfilms Modulations von Filmemacherin Lara Lee von 1998 stattfand. Da ich den Weg nach Frankfurt nicht machen konnte, hab ich ihn mir gestern in der Tube reingezogen, wo das filmische Dokument online steht. Während einer Einleitung definiert der Künstler Genesis P-Orridge, wie man Klänge zerschneiden und collagieren kann, indem man einzelne Samples neu zusammenfügt, zu Sound-Collagen eben. Danach erkundet der Film die Ursprünge der elektronischen Musik mit unverzichtbaren Klangalchemisten wie Pierre Henry und Pierre Schaeffer von der Musique concrète oder Karlheinz Stockhausen aus Köln und Kraftwerk aus Düsseldorf. Zwischendurch sieht man Robert A. Moog, den Erfinder des Moog-Synthesizers, die Hände dicht vor einem Theremin bewegen. Dabei handelt es sich um ein Instrument, dem man Töne entlocken kann, ohne es wirklich anzufassen. Wie von Geisterhand gibt das Gerät elektronisch fiepende Geräusche von sich. 2012 besuchte ich im Rahmen der lit.Cologne eine Lesung von Roger Willemsen in der Kölner Oper, bei der für ihn die Theremin-Spielerin Barbara Buchholz mit diesem sonderbaren Instrument auftrat.

Später vergleicht der Dokumentarfilm die Techno-Szenen der USA, von Großbritannien und Deutschland miteinander, etwa bezogen auf Untergattungen wie Acid, Gabber, Detroit-Techno, Ambient und Jungle. Als Szene-Urgestein in Detroit gilt der DJ Juan Atkins. Moby, Afrika Bambaataa, Giorgio Moroder, Bill Laswell, Westbam, Holger Czukay und Jaki Liebezeit geben auch ihren Senf dazu sowie der britische Musikjournalist David Toop. Der Publizist Simon Reynolds, von dem ich das Sachbuch „Retromania“ aus dem Ventil-Verlag Mainz besitze, geht darauf ein, welchen Einfluss Drogen wie Ecstasy auf die Techno-Kultur nahmen. Darüber hinaus inspiziert die Kamera den legendären Musikclub The Warehouse in Chicago als bedeutende Stätte für die Weiterentwicklung der elektronischen Musik hin zur Spielart Chicago House. Darüber hinaus spricht der Futurologe Alvin Toffler ein paar Sätze, dessen Sachbuch „Future Shock“ als inspirierende Standardlektüre in der Szene der sequenzierten und repetitiven Musikbeats gilt. The Prodigy rocken auf dem Roten Platz in Moskau. Über die Loveparade äußert sich Alec Empire von Atari Teenage Riot negativ. Man sieht Party-Szenen im schummrigen Berliner Tresor-Club und die Gegenüberstellung illegaler Raves der frühen 90er Jahre mit der zunehmend kommerziellen Ausrichtung von Techno-Events wie der Loveparade in Berlin. In den 1990ern kursierte der kritische Begriff der Spaßgesellschaft, mit dem Hedonismus verhafteten jugendlichen Menschen, die nur für das Wochenende leben. Um bei Raves aus dem alltäglichen Leben herauszutreten.

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Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!