Antwort auf: Die letzte Dokumentation, die ich gesehen habe

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ford-prefect
Feeling all right in the noise and the light

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Nicht unbedingt ein Dokumentarfilm, dafür aber ein historisches Konzertdokument. Darauf aufmerksam wurde ich durch den Visions-Podcast „Der Soundtrack meines Lebens“, in dem Redakteur Jan Schwarzkamp in der letzten Episode diesen Konzertfilm erwähnte: Am 8. Januar 1997 feierte David Bowie seinen 50. Geburtstag. Aus diesem Anlass veranstaltete er im Madison Square Garden in New York, einem der größten Konzertsäle der Welt, ein Konzert unter dem Titel 50th Birthday Concert mit illustren Gastmusikern auf der Bühne, mit Robert Smith von The Cure, Lou Reed, Billy Corgan und Frank Black von den Pixies. Wenige Wochen vor Veröffentlichung seines Albums „Earthling“, von dem er viele Songs vorstellte, etwa „Little Wonder“.

Ein Highlight ist der gemeinsame Auftritt mit Dave Grohl und den Foo Fighters, mit denen David Bowie die Songs „Hello Spaceboy“ (wann hört man schon drei Schlagzeuge parallel auf einer Bühne?) und „Seven years in Tibet“ performt. Oder die Nummer „The Hearts Filthy Lesson“, die legendäre Abspannmusik des Fincher-Thrillers „Sieben“ mit Brad Pitt und Morgan Freeman von 1995, einer meiner Lieblingsfilme. Voller Faszination schaut man seiner dunkelhäutigen und kahl geschorenen Bassistin Gail Ann Dorsey zu, die einen pulsierenden und hypnotischen Basslauf durch die Musik zieht. Mitte der 1980er Jahre spielte Dorsey in der Charlie Watts Big Band und frönte dem Jazz, also vielseitig einsetzbar. Dazu die wie eine Kreissäge kreischende E-Gitarre von Reeves Gabrels, der Flitzefinger. Einen Monat später saß David Bowie auf der Couch in „Wetten, dass..?“ und bekundete, Fan der deutschen Krautrockband Neu! zu sein. Aber was ist das? Fangen da etwa Teile des Publikums zu buhen an, wenn Lou Reed auf die Bühne kommt und mit dem Geburtstagskind den Song „Queen Bitch“ zum Besten gibt? Und Bowie stimmt amüsiert in das Buhen mit ein. Nach dem Stück scheint der Orkan der Entrüstung im Publikum noch anzuschwellen. Kein leichter Stand für den Reed, der muss ganz schön angepisst gewesen sein. „All the young dudes“ mit Billy Corgan dagegen kommt schmissig rüber.

Mit Sonic Youth interpretiert der Bowie „I’m afraid of Americans“. Vor dreieinhalb Jahren hatte ich das Vergnügen, Thurston Moore solo im Musikclub „Das Bett“ in Frankfurt am Main zu erleben. Nach dem Auftritt traf ich Thurston am Merchandising-Stand. Was für ein Kulturschock: Vom gigantischen Madison Square Garden in Übersee runter in einen kleinen schummrigen Club in Deutschland. Ein Wandler zwischen den Welten. Als ich ihm mein Notizbuch reichte mit der Bitte „Für Christian“ reinzuschreiben, erlaubte sich Thurston Moore den Spaß, meinen Vornamen kunstvoll verschnörkelt reinzuschreiben … aber ohne seinen eigenen Namen darunterzukritzeln. Was mir erst später auffiel. Wahrscheinlich wäre es ihm lieber gewesen, ich hätte den gesamten Merch-Stand leergekauft und ihm zum Signieren gegeben. Dafür schüttelte er mir jedoch freundschaftlich die Hand.

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Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!