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heute bis samstag, reihe „au topsi pohl“ in der isotop bar berlin:
سم [ism]
pat thomas (p), joel grip (b), antonin gerbal (dm).wird auch aufgenommen. infos hier.
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WerbungHat Grip mit der Reihe was zu tun? Kenne die Location leider nicht, aber letztes Jahr gab’s bei Astral Spirits schon ein schönes Live-Album von dort:
https://swingingattopsis.bandcamp.com/album/swinging-at-topsisDas Trio ist Ahmed ohne Sax – sicher spannend! Gehst du hin?
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbadie location ist ein ganz kleiner hinterraum einer bar, da passen höchstens 30 leute rein. heute müssen sie für einen flügel die bühne vergrößern. hab da schon mal gratkowski mit clyton thomas gesehen, zuletzt (kurz vor der zweiten welle) nick dunston, ich werde heute abend hingehen und vielleicht nochmal.
joel grip ist kernmitglied des vereins, der die reihe organisiert, allerdings nur noch bis september, dann sortiert sich die berliner jazz- und impro-szene wieder neu und woanders, leider. natürlich war ich nicht oft genug da.
die aufnahme kommt bestimmt auf umlaut records raus, wie auch das erste ahmed-album.
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Danke, klingt toll! Wünsche viel Vergnügen! (Hier gibts am WE wenigstens wieder Klassik … was Jazz angeht, sitze ich nach wie vor ziemlich auf dem Trockenen, aber das passt schon für den Moment.)
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaUnerhört – Zürich, Theater Neumarkt – 18.11.2022
Anthony Braxton QuartetAnthony Braxton – alto, soprano & sopranino sax, sound effects
Mette Rasmussen – alto sax, little instruments
Carl Testa – double bass, sound effects
Mariá Portugal – drums, little instrumentsDas erste – und wohl letzte – Jazzkonzert des Jahres … Anthony Braxton wieder mal da, also muss ich hin, Ehrensache. Was mich beim aktuellen Line-Up erwarten würde, davon hatte ich keinerlei Vorstellung. Ein Foto habe ich nicht gemacht (war auch nicht erlaubt, was diverse andere nicht davon abhielt) und das eine von direkt vor dem Konzert ist leider unscharf rausgekommen. Links stand Braxton, quasi vor meiner Nase, bediente mit dem Wah-Wah-Pedal die Sound-Effekte, die über den Laptop-Computer auf dem Tisch hinter ihm eingespielt wurden; er konnte sie mehr oder weniger einfach ein- und ausschalten, ev. die Lautstärke regulieren. Ganz aus waren sie nur mittendrin für eine kurze Zeit, mehrmals ging er zum Computer und machte da irgendwas, wohl andere Sounds einblenden, aber so richtig nachvollziehbar war das nicht. Dahinter lag vor dem Bass von Testa, der wohl der Mastermind hinter der Elektronik ist, auch noch was am Boden (auf dem Foto knapp zu erkennen), wo er mit den Füssen drauf was einstellen konnte. Mariá Portugal hatte keine Elektronik mit, dafür viele verschiedene Sticks und Mallets (auch diese „Reisigbündel“, die in ihrer Version mehr wie Spaghetti aussahen, die erstaunlicherweise nicht zerbrachen) und einen Haufen anderer kleiner Gegenstände, auch drei dieser runden Kinderboxen, die das Muhen einer Kuh imitieren, wenn man sie umdreht, und passend dazu auch ein paar Kuhglocken. Vorne rechts stand Mette Rasmussen, die neben einer langen Kette mit Glocken dran (sie hängt auf dem Bild am Mikrophonständer) und ein paar kleine Dinger zum Reinblasen (eine eine art Miniatur-Okrania, sah wie eine winzige Gieskanne aus, das andere eine Art runde Mundharmonika).
Die vielen Notenpulte sind auch schon auf dem Foto zu erkennen: während des gut einstündigen Sets (es folgte noch eine kurze Zugabe) wurden eifrig Noten geblättert, Braxton gab mit Handzeichen Anweisungen, wann und wie es weiterging. Herkömmliche Noten gab es auf jeden Fall – die Saxophone spielten oft zusammen Themen, wiederkehrende Motive, manchmal unisono, manchmal in völlig dissonanter Parallelführung (kleine Sekunden?), manchmal im dialogischen Austausch … mit der elektronischen Dauerkulisse dazu, quasi dem akustischen Pendant zum Teppich, auf dem Testa spielte, wurde daraus eine unglaublich breite Klangpalette. Rasmussen dominierte das Geschehen oft (war zu laut im Mix, aber sie spielt halt einfach wahnsinnig druckvoll, das sind ja eh Aufnahmemikros und nicht welche für den Saal, die kleine Lautsprecher (im Bild nicht zu sehen, sie standen links und rechts an der Bühnenkante) waren primär dazu da, die Elektronik hörbar zu machen. Diese blubberte manchmal wie eine Unterwasserkulisse, dann grummelte und brummelte sie, fiepste zwischendurch etwas, schien auch auf das musikalische Geschehen zu reagieren (was eine Illusion sein mag, keine Ahnung). Rasmussen spielte das Saxophon öfter als Braxton mit unkonventionellen Spieltechniken (Flatterzunge, ohne Mundstück …) aber auch Braxton spielte mal eine längere Passage, in der er während des Spielens auch noch ins Instrument sang, summte.
So richtig fesselnd fand ich das nicht, es mangelte oft an Spontanität, wurde sehr schnell klar, dass es hier kaum Ausbrüche oder längere Improvisationen geben würde, stets ging es weiter, wurden Notenblätter umgeblättert (Braxton legte sie auf den flach geklappten Notenständer nebenan, Testa stapelte sie sorgfältig auf dem Boden … die 50 oder mehr Blätter jeden Abend wieder in die richtige Reihenfolge einzusortieren macht bestimmt wenig Spass). Dennoch: das war ein abwechslungsreiches Set, klanglich oft sehr attraktiv. Testa spielte seinen Bass meist mit dem Bogen, liess ihn aber auch mal jazzig walken, verfremde den Klang zusätzlich. Es entstanden dabei nie Grooves – oder wenn sie es taten, wurden sie bald wieder abgeklemmt. Das kam Portugal, so mein Eindruck, am wenigsten zu gute. Sie spielte oft phantastisch, aber ich hätte Lust gehabt, sie mal ohne dieses dauernden Stop-and-Go und ohne die kleinteiligen Anweisungen zu hören. Momente des Ausbruchs gab es einmal für Testa und mehrmals für die Saxophone, Rasmussen nutzte das aus, ging dabei ganz wie zu erwarten an die Grenzen des Aushaltbaren, spielte ihr Sax in den Momenten zwar völlig konventionell, aber mit einer Intensität, die an Leute wie Albert Ayler gemahnte. Braxton fand daran sichtlich seinen Gefallen – überhaupt war es ganz schön, dem alten Herrn dabei zuzuschauen, wie er mit den drei jungen Leuten auf der Bühne stand, auch dass das Geschlechterverhältnis ausgeglichen ist, sieht man nicht oft (beim anderen Braxton Quartett, das ich vor einigen Jahren mal live hörte, war das aber auch der Fall: Taylor Ho Bynum, Ingrid Laubrock und Mary Halvorson). Und natürlich konnte auch Braxton immer wieder glänzen, tat das zurückhaltender als Rasmussen, weniger demonstrativ, spielte manchmal auch halb im Ensemble verdeckt die irrsten Flatterzungenläufe, griff das Sopransax und legte drauf sofort los. Allein seine technische Meisterschaft ist beeindruckend, aber die allein würde natürlich noch keinen guten Musiker aus ihm machen.
Keine wirklich runde Sache also, aber am Ende eben doch in sich stimmig, von einer guten Länge, mit einer durchaus gelungenen Dramaturgie. Eine Zugabe hatte ich danach nicht erwartet, doch es gab sie – und sie Begann damit, dass Portugal direkt vor einem der herabhängenden Mikrophone lustvoll in einen knackigen Apfel biss. Und sie war nach maximal zwei Minuten auch schon wieder vorbei. Eine Fussnote, die durchaus passte – und weil Portugal nicht nach vorn guckte, wo Braxton schon lange ein Kreiszeichen mit beiden Händen bildete (steht für „Stop“, wie wir dann alle lernten), dauerte sie noch etwas länger als vorgesehen und endete dann mit einem gemeinsamen Lachen aller vier auf der Bühne. Eine schöne Auflösung nach der davor so konzentrierten Stunde.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbadanke fuer den Bericht, Rasmussen / Braxton haett ich mir auch angehoert, unbedingt… die zwei Male Rasmussen in Mulhouse waren ja super bzw, beim zweiten Mal im Duo mit Sofia Jernberg, absolut fantastisch… letzteres ein Konzert, das in der Erinnerung ueber die Jahre immer mehr gewachsen ist, von dem her wuerd ich Rasmussen gern mal wieder hoeren…
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.weiß nicht, ob sich ein 2023er thread lohnt, aber weil ich gerade für das berlinkonzert reserviert habe: dave hollands europa-tour ab 1. märz mit kevin eubanks und eric harland bzw. marvin smitty smith:
https://daveholland.com/performances/
für viele hier was dabei: bimhuis, moods, porgy & bess, und für mich der zig zag club.
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Hatte ich gesehen – der dritte Anlass an dem Abend, den ich besuchen müsste. Eins ist ein Abokonzert und dort werde ich sein.
Leider typisch: die guten Leute kommen nur an „off nights“ (Mo/Di) nach Zürich (was die Terminkollision umso unwahrscheinlicher macht … doppelt Pech). Hab Holland leider noch gar nie live gehört.--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaIch hab hier mal den Titel auf 2023 erweitert … und mich gerade gefragt, wo wohl die Zeilen von @vorgarten zum Dave Holland Trio in Berlin abgeblieben sind – im Hörfaden?
Egal, ich gehe heute Abend zu Bill Frisell/Thomas Morgan und wenn ich mag morgen auch noch zu Bänz Oester & The Rainmakers (wo Afrika Mkhize leider durch Florian Favre ersetzt wird, was neben dem neuen Saxer Javier Vercher und dem Leader am Kontrabass nur noch einen Südafrikaner übrig lässt, Drummer Ayanda Sikade).
Und wo wir’s neulich davon hatten, dass Ralph Alessi in der Schweiz lehrt und ich mich wunderte, dass es so wenig Auftritte von ihm gibt … er ist halt mehrheitlich wie es scheint Sideman (ich hörte ihn auch erst einmal mit dem Quartett von Marc Coplands, das 2015 am selben Abend beim Unerhört-Festival auftrat wie das inzwischen bei Intakt dokumentierte Duo Irène Schweizer/Joey Baron und ein an dem Abend leider ziemlich fokuslos wirkender – aber dennoch abgefeierter – William Parker). Auf der Website des Moods (wo heute Abend Frisell/Morgan spielen) stolperte ich aber gerade über dieses Set vom März – mit demselben Florian Favre als Gast am Klavier. Den Stream stellt’s mir nach 10 Minuten oder so ab, aber da gibt’s ja Möglichkeiten … und klar, Grab ist völlig okay, aber wegen sowas geh ich halt eher nicht ins Konzert bzw. dafür müsste Alessis Name halt auch im Header stehen:
https://www.moods.ch/christoph-grabs-blossom-2023-03-09
Christoph Grab (sax), Ralph Alessi (t), Lukas Traxel (b), Pius Baschnagel (d), Florian Favre (p)
Moods, Zürich, 9. März 2023--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-windIch hab hier mal den Titel auf 2023 erweitert … und mich gerade gefragt, wo wohl die Zeilen von @.vorgarten zum Dave Holland Trio in Berlin abgeblieben sind – im Hörfaden?
Egal, ich gehe heute Abend zu Bill Frisell/Thomas Morgan und wenn ich mag morgen auch noch zu Bänz Oester & The Rainmakers (wo Afrika Mkhize leider durch Florian Favre ersetzt wird, was neben dem neuen Saxer Javier Vercher und dem Leader am Kontrabass nur noch einen Südafrikaner übrig lässt, Drummer Ayanda Sikade).ich hatte nur kurz hier was geschrieben, weil ich mir ob des interesses unsicher war. viel spaß bei frisell/morgan, spannend finde ich ja bei frisell immer, wie aufwändig die fußarbeit ist und wie wenig man es hört.
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Danke fürs Suchen/Verlinken – dann lassen wir das dort
Und danke auch – höre Frisell zum ersten Mal, hätte mir vielleicht ein anderes Setting gewünscht, aber passt an diesem irgendwie tristen Tag vielleicht ganz gut. Hoffe, es klappt mit einem guten Platz, von dem auch ich ein wenig was sehen kann.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaBill Frisell / Thomas Morgan – Moods, Zürich – 25.04.2023
Bill Frisell (g), Thomas Morgan (b)Mein erster Besuch im Moods seit Dezember 2019 … was viel mit der Pandemie zu tun hat, denn diese hat die Programmgestaltung die letzten Jahre vermutlich recht stark beeinträchtigt. Zürich ist ja eh längst kein Stop mehr für Jazzmusiker (abgesehen von den Intakt-Leuten, bei denen sich der Fokus aber auch wieder etwas stärker auf lokale Leute zu verschieben scheint) und das Konzert vom David Virelles Trio (Ben Street, Andrew Cyrille) von vor einigen Wochen wurde leider abgesagt (verschoben heisst es, warten wir es ab, würde Cyrille definitiv gerne wieder mal sehen). Am Vorabend hätte im Moods auch noch das Trio von Sylvie Courvoisier gespielt (Drew Gress, Kenny Wollesen) – da wäre ich auch wieder hin, wenn das nicht in derselben Woche wie zwei Konzerte von Gruppen, die ich noch nie live hören konnte, stattgefunden hätte. Bill Frisell habe ich überhaupt endlich zum ersten Mal live gehört.
Insgesamt war das ein recht verhaltenes, auch ziemlich leises Konzert. Klangschön, teils nahezu symbiotisches Interplay der beiden – die auf der Bühne ebenfalls ziemlich zurückhaltend auftraten, fast nerdig eigentlich (die beiden Stofftiere vor Frisells Amp, auf dem Foto unten zu erkennen, verstärkten den Eindruck – weiss jemand, was es mit denen auf sich hat?), Morgan sprach kein Wort, Frisell grinste ab und zu und sagte ein paar Worte zum Publikum – aber ohne Stücke anzusagen.
Der Einstieg war grandios: eine Zeitlupen-Dekostruktion von „Save the Last Dance for Me“ (ev. als Medley wie auf dem – mir nicht bekannten – Album?), Frisells Sound irgendwo zwischen C&W, Folk und immer wieder kurz mit einem Hawaii-Twang. Das Stück flog bei dem Tempo fast auseinander, und gerade, dass es das nicht tat, löste die unendliche Faszination aus. Ein Fesselungsakt in Zeitlupe und Mezzoforte. Viel intensiver wurde es im recht kurzen (40 Minuten – zweimal 45 waren angesagt worden) ersten Set nicht mehr. Als zweites folgte ohne Unterbruch ein Stück, das mehr wie eine freie Improvisation klang, noch zerklüfteter, voller Pausen, mit verschatteteren Klängen, für die er mit dem Fuss kurz auf eins der Pedale tippte, die vor ihm lagen (die lange Schlange, die schon vor dem Eingang wartete, als ich kam, strömte nach recht rein und konnte dann nur Frisells Seite sehen, während wir von ganz links einen perfekte Blick hatten – er stand den ganzen Abend praktisch am selben Ort, immer mit dem Gitarrenhals im 90-Grad-Winkel ins Publikum raus). Als drittes folgte dann so in Set-Mitte eine umwerfende Version von „Days of Wine and Roses“, und Mancini glaubte ich auch im zweiten Set nochmal zu hören, bin mir aber alles andere als sicher. Ich habe mich unterwegs auch mal gefragt, warum man die Musik dieses Duos eigentlich als Jazz bezeichnet – denn das ist einfach schöne, gut gemachte, allerlei Einflüsse zwischen Folk, Country und Pop aufgreifende Instrumentalmusik. Der Blues kommt praktisch nicht vor, nur da und dort in kleinen Tonverfärbungen oder halben Riffs der Gitarre – eigentlich nur so ein kleiner Biegeton am Ende einer Phrase oder sowas, kürzelhafte Chiffren, die anzeigen, dass er eben doch irgendwie im Untergrund mitläuft. Auch in der verschatteteren Momenten – Morgan griff zwei- oder dreimal über den ganzen Abend auch kurz zum Bogen – war das warme, ziemlich sonnige Musik.
Nach der Pause ging es mit einem Standard in 3/4 los, den ich bestimmt kenne, aber nicht erkennen konnte. Ich war mir auch nicht sicher, ob das ein 3/4-Stück ist oder nicht eher eines, das Frisell/Morgan von 4/4 in 3/4 geändert hatten. An zweiter Stelle folgte Monks „Epistrophy“ – und damit war die Musik des Duos nun wirklich im Jazz angekommen. Die Klangpalette war unverändert, aber die Changes, die Art und Weise, in der Frisell sein Solo in Angriff nahm – das war jetzt eben wirklich Monk und Jazz. Und dann war da dieser Typ mit einer analogen Kamera, der schon seit Beginn des zweiten Sets von ganz hinten zu hören war und zwischen den Stücken plötzlich direkt neben mir am Rand der ersten Reihe kniete. Frisell setzte mitten im Solo ab, „Klick Klick“, sagte er, „… Klick … Klick“ und meinte, das sei ein schwieriges Stück und es falle ihm schwer, sich zu konzentrieren. Dabei wirkte er aber nur so halb grumpy, hatte kurz darauf wieder ein verstohlenes Grinsen im Gesicht. Für seinen Wiedereinstieg blickte er zu Morgan und fragte „Where are we?“, worauf der Bassist ihm schön deutlich die Changes von Monks Stück ausspielte, damit Frisell wieder einsteigen konnte. Trotz des Unterbruchs war das richtig toll, und genau so ging es direkt danach mit „Lush Life“ weiter. Dann folgte noch ein Standard (glaub ich), für den Morgan etwas am Bass-Amp rumdrehte. Er hatte oben auf dem Verstärker, leider nicht sichtbar, auch noch irgendwelche kleinen Gerätschaften, mit denen er den Klang etwas verändern konnte. Sein Ton änderte sich aber nicht gross, er klang stets recht natürlich, nicht riesig, nicht so rund, aber in der Gestaltung der Linien erinnerte mich sein Spiel manchmal ein wenig an Charlie Haden. Für diesen Standard jedenfalls suchte er was ganz bestimmtes, und Frisell wartete darauf, denn das folgende Stück (das vierte im zweiten Set – ich denke es gab fünf Stücke pro Set, vielleicht waren einzelne wie gesagt auch Medleys) war in Sachen Interplay ein Höhepunkt, hier wurde klar, wie blind die beiden zusammen funktionierten, wie sie nahezu symbiotisch agieren können. Den Ausklang machte dann ein Stück, bei dem ich nochmal auf Bacharach (oder Legrand oder sowas, Mitt/Spät60er-Hochglanz-Pop) getippt hätte – aber ich kam auch da nicht drauf, was es war.
Der Applaus war gross, das gut gefüllte Moods begeistert – und ich auch. Stille, faszinierende Klänge, die doch immer wieder ordentlich Swing entwickelten und vor allem in Sachen Gitarrensound echt beeindruckend war. Frisells Klangspektrum war nicht sehr breit, aber unglaublich nuanciert und wahnsinnig schön. In der Begleitung, wenn Morgan den Lead übernahm, klang er manchmal fast ein wenig wie Wes Montgomery, andere Male war da ein Glanz zu hören, der mich an Pat Metheny – und natürlich an den grossen Jim Hall – denken liess. Das waren aber nur kurze Blitze, Augenblicke – denn da stand Bill Frisell und das war schon immer sehr klar. Was ich mich auch gefragt habe: das Mikrophon, das vor dem Gitarren-Verstärker hing (auf dem Foto unten gut zu sehen): ob das für allfällige Ansagen gedacht war oder ob das die Klänge aus dem Verstärker nochmal ins Mischpult fütterte? Im Raum klang das alles eher so, als wäre es nur mittels der beiden Amps auf der Bühne verstärkt, aber das ist von ganz vorn schwer zu sagen, weil der linke der beiden grossen Lautsprechertürme in etwa über meinem Kopf schwebte, ich von denen also eh nicht viel gehört hätte an diesem Abend.
Nach dem grossen Applaus folgte eine recht lange (10 Minuten?) Zugabe, wohl noch ein Medley, dessen zweiter Teil ziemlich sicher „On a Clear Day“ war (also noch so ein Mitt60er-Hochglanz-Popsong) – und das war dann auch noch ein letztes Highlight dieses verhaltenen, aber sehr, sehr schönen Abends. Dass ich danach ordentlich verregnet wurde auf meiner Fahrt heim ans andere Ende der Stadt war dann ein durchaus passender Abschluss.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaBänz Oester & The Rainmakers – Jazz im Seefeld, GZ Riesbach, Zurich – 26.04.2023
Javier Vercher (ts), Florian Favre (p), Bänz Oester (b), Ayanda Sikade (d)Am Abend drauf ging es weniger weit: im Gemeinschaftszentrum Riesbach bin ich zu Fuss in 10 Minuten, die Jazzreihe dort (ein Konzert pro Monat) verfolge ich zwar einigermassen, hab’s aber noch fast nie dahin geschafft (zweimal erst, glaub ich). Nils Wogram war vom veranstaltenden Verein dort und die Töchter im Schulalter (seine? die von Oester?) sassen hinter dem CD-Tisch. Bänz Oester habe ich vor nicht ca. 20 Jahren im Trio mit Malcolm Braff und Samuel Rohrer, in dessen Musik ich mich im Konzert schockverliebt habe, kenne und schätzen gelernt. Später hörte ich ihn u.a. auch mit Pierre Favre (auch mal im Quintett, bei dem auch Wogram mitspielte).
Die Rainmakers haben vor einigen Jahren zwei CDs herausgebracht. Die erste war mir eher zufällig mal in die Hände gekommen (ein Live-Mitschnitt von 2012 aus dem Bird’s Eye in Basel, 2014 beim schweizer Label Unit Records erschienen), die zweite scheint dann für Jazzverhältnisse in Erfolg gewesen zu sein, „Ukuzinikela – Live In Willisau“ vom 2014er Festival (2016 bei Enja herausgekommen). Die Band bestand damals aus einem zweiten Schweizer (Ganesh Geymeier am Tenorsax) und zwei Südafrikanern (Afrika Mkhize am Klavier und Schlagzeuger Ayanda Sikade). Seit 2019 (glaub ich) ist am Sax der aus Valencia stammende Javier Vercher dabei – ich dachte zuerst, ob doch wieder Geymeier dabei sei, fast lookalikes, die beiden. Eine CD dieses neuen Line-Ups erscheint im September bei Enja, wenn ich Oester gestern nach dem Konzert richtig verstanden habe. Leider musste Mkhize krankheitshalber die Tour absagen, die derzeit stattfindet (Infos auf Insta, wo alle vier präsent sind) und man habe, so Wogram, angefragt, ob das Konzert denn trotzdem stattfinden solle. Natürlich sollte es das, denn wenn Oester und die anderen zwei sich auf einen Ersatz einigen, wird ihrer Wahl vertraut. Und das war gut so! Der Ersatz war der westschweizer Pianist Florian Favre (im Netz gibt er Berlin als Homebase an, Oester meinte bei der Band-Vorstellung aber, er lebe in Yverdon-les-Bains). Favre fügte sich hervorragend in die Band ein und steuerte immer wieder phantastische Soli bei, am geöffneten Klavier, das ein Pianohaus um die Ecke dem Verein zur Verfügung stellt (inkl. regelmässiges Stimmen – das Ding sieht zwar old school aus, klang aber bestens).
An diesem Abend gab es nun keine dreiviertelstündigen sondern fünfviertelstündige oder stündige Sets, keine leise sondern laute, überschwängliche Musik – doch es gibt auch eine grosse Gemeinsamkeit: die Freude an schönen Melodien. Das gespielte Material stammte wohl grossteils von Oester und Sikade (Oester sagte in zwei oder drei Ansagen fast alles an, aber so gut hab ich dabei nicht aufgepasst).
Los ging es gleich mit einer Hochenergie-Nummer, von Null auf Hundert in einer Millisekunden: Vercher lässt sein Horn heulen, Favre spielt dichte Riffs und rasende Linien, Sikade trommelte einen an Elvin Jones gemahnenden polyrhythmischen Sturm auf seinem eigenen kleinen Kit (die vier reisen wie es scheint im randvoll gepackten Kastenwagen durch den Kontinent, wobei sie am Vorabend in Valencia gespielt hatten … da sind sie geflogen und ich tippe mal, dass Oester und Sikade nicht ihre eigenen Instrumente mithatten, geht ja heutzutage fast nicht mehr). Als Kaltstart fand ich das recht heftig. Dazu kam, dass Oester mit seinem kleinen Pick-Up ein Problem hatte – Bass und Klavier hatten die Verstärkung bei der geballten Power dringend nötig, Vercher war laut genug, um auch etwas auf der Bühne herumtigern zu können. Vercher spielte für meinen Geschmack manchmal etwas zuviel: auch bei betörenden Hymnen, von denen die Gruppe einige im Repertoire hat, verdichteten sich seine Linien bald stark, er fiel fast immer in Doubletime oder rasende Läufe à la „sheets of sound“. Doch er tat das dann eben doch so gekonnt, dass es mich am Ende kaum noch störte.
Das erste Set dauerte in etwa eine Fünfviertelstunde – und leider sind viele Leute danach bereits gegangen. Leider, weil es nachher noch besser wurde. Oester hatte den Sound nun im Griff, sein tiefer Bass war besser zu hören und gibt der Band ihr Fundament, auch weil Sikade sich sehr viele Freiheiten nimmt, immer wieder den Beat auf den Kopf stellt, Zweier- und Dreierbeat überlagert usw. Ein grosses Vergnügen, diesem Drummer zu lauschen! Favre entpuppte sich im Lauf des Abends als wahnsinnig intensiver Musiker – ich kannte von ihm bisher nur die ziemlich meditative, aber wunderschöne Solo-CD „Idantitâ“ (habe sie letztes Jahr mal bei StoneFM vorgestellt), auf der er alte schweizer Lieder und Traditionals re-interpretiert, teils am präparierten Klavier. Im Konzert zeigte sich einerseits, dass er auch die südafrikanischen Sachen (vor allem Changes und Klangfarben, aber auch die rhythmische Ebene) total drauf hat – Sikade hatte bei den Klaviersoli und manchmal auch bei besonders guten Comping-Einfällen immer wieder ein breites Grinsen im Gesicht. Sehr schön, dass ein langjähriges Bandgefüge auch mit einem kurzfristigen Einspringe so exzellent funktionieren kann. Favre verdichtete sein Spiel in manchen Stücken so sehr, dass das Post-Tyner-Klavier eher zu einem Post-Pullen-Klavier wurde, beeindruckende Läufe, ein hervorragendes Gespür für Gestaltung und Dramatik. Überhaupt muss so ein Power-Quartett sich natürlich an den grossen Vorbildern (Coltrane, Sanders, Adams/Pullen …) messen lassen – und da bringt natürlich gerade der südafrikanische Einschlag eine eigene Note rein. Dass diese mich total anspricht, wird hier niemand überraschen.
Das zweite Set war kürzer, eine Dreiviertelstunde oder etwas mehr: die Suche aus dem ersten war vorbei, die vier hatten sich gefunden, sich den Raum erspielt – und was nach der Pause zu hören war, wirkte auf mich bei aller gebündelten Energie irgendwie auch gelassen, locker. Die Freude stand besonders dem Leader am Bass ins Gesicht geschrieben, immer wieder ein breites Lachen. Sikade war mindestens so laut wie Blakey (oder Kikuchi), summte oft die Themen mit – natürlich besonders die eigenen, zu denen Oester meinte, das sei eine der Besonderheiten der Rainmakers: die Stücke mit den schönsten Changes und Melodielinien trage nämlich der Schlagzeuger bei. Ein beglückendes Konzert, das auch eine perfekte Ergänzung zum Programm des Vorabends war. Ein Kontrastprogramm, bei dem aber eben auch die Verbindungslinien zu hören waren – auch, was die Freude am Musizieren anbelangt, die beide Male sehr deutlich wurde.
*) Hatte zunächst fälschlich „Gemeindezentrum“ geschrieben – die Kirchgemeinde aus dem Stadtviertel ist zwar auch im selben Gebäudekomplex, aber die „GZ“, von denen es 17 in der ganzen Stadt gibt, werden von der Stadt geführt und stehen eben für solche niederschwelligen Angebote zur Verfügung – so erwähnte Wogram in der Begrüssung auch, dass es bei früheren Konzerten zu Beschwerden wegen Kindern gekommen sei, dass diese hier aber ausdrücklich willkommen seien und daher bitte von solchen Beschwerden abzusehen sei.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaGegen das Fotografieren bei Konzerten hat Bill Frisell übrigens nichts – das Foto hat Danilo Codazzi am 18. April gemacht, beim Piacenza Jazz Festival (Sala degli Arazzi, Galleria Alberoni, Piacenza, IT).
Hier gibt es eine ganze Menge Fotos von dem Konzert:
https://www.allaboutjazz.com/bill-frisell-and-thomas-morgan-small-town-duo-at-galleria-alberoni-piacenza-jazz-fest-2023-bill-frisell--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaLove In Exile
Arooj Aftab (voc), Vijay Iyer (p, elec), Shahzad Ismaily (b, Moog synth)05/07/2023 – Donaufestival 2023 – KREMS AN DER DONAU
05/09/2023 – Les Nuits Botanique 2023 – BRUXELLES
05/11/2023 – Neimënster – LUXEMBOURG
05/13/2023 – Xjazz! 2023 – BERLIN
05/24/2023 – CODES Festival – LUBLIN
05/25/2023 – Elbphilharmonie – HAMBURG
05/29/2023 – Moods – ZURICH
05/30/2023 – Tivoli Vredenburg – UTRECHT
06/01/2023 – HAY FESTIVAL 2023 – NEWPORT
06/02/2023 – Barbican Centre – LONDONKennt irgendwer das Trio schon und plant, an eins der Konzerte zu gehen? Okay, ist ja eigentlich eine Frage nur für @vorgarten
Finde das Stück in der Tube sehr schön, kann mir das live aber irgendwie nicht gut vorstellen … ich kenne Aftab bisher gar nicht.--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba -
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