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Anonym
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Weil ich heute in königlicher Stimmung bin und mich über die Kommentare hier sehr gefreut habe, gibt es direkt einen zweiten Beitrag.
Hyōtan suzume (Yokoyama Ryūichi; 1959)
Ein friedliches Dorf voller anthropomorphisierter Frösche. Die Welt im Einklang mit sich selbst. Bis in der Nähe ein Boot aus Blättern ans Ufer gespült wird und zwei weitere Frosch-Kollegen an Land gehen. Der größere, Danbei, ist ein Bully und Tyrann, der es sich zur Lebensmission gemacht hat, allen anderen Lebewesen mit seiner Körperkraft und einer Steinschleuder das Leben zur Hölle zu machen. Was folgt, ist eine knappe Stunde reduzierter, nicht nur für seine Zeit experimenteller Animation zu beinahe avantgardistischer Musik und einer in höchstem Maße eigenwilligen Geschichte.
Mein erster Beitrag zum Thema Anime wird ziemlich sicher der obskurste bleiben. Als Yokoyama Ryūichi bei Otogi Productions diesen quasi-Spielfilm Ende der 50er aus dem Ärmel schüttelte, steckte der japanische Anime-Markt noch in seinen Kinderschuhen. Die ersten Experimente mit Animation gingen zwar ins frühe 20. Jahrhundert zurück, ähnlich den Silly Symphonies waren es aber lange Zeit nur short cartoons bzw. short anime, die produziert wurden. Der ursprünglich als Propaganda-Film in Auftrag gegebene, erste Anime-Spielfilm Momotarō: Umi no Shinpei erschien zwar bereits 1945, danach sollte es meines Wissens nach aber bis 1958 dauern, bis aus dem legendären Tōei-Studio (das ich im Forum garantiert schon das eine oder andere Mal erwähnt habe) mit Hakujaden („Legend of the White Snake“) und im Folgejahr Shōnen Sarutobi Sasuke („Magic Boy“) die nächsten Langspielfilme veröffentlicht wurden.
In diese Zeit des Aufbruchs fällt eben auch Hyōtan suzume, für das ich nur den inoffiziellen englischen Titel „The Sparrow in the Empty Pumpkin“ finden (wobei wörtlich eher „(Flaschen-)Kürbis-Spatz“ passen würde) konnte. Während sich Tōei bei seinen ersten Spielfilmen bzw. seiner grundsätzlichen Ausrichtung deutlich an Disney orientierte, nicht zuletzt mit süßen Tieren in den Nebenrollen, dabei aber trotzdem sehr japanisch (bzw. im Fall vom Debüt Hakujaden auch chinesisch) blieb, war Yokoyama Ryūichi in seinem Mini-Studio Otogi Production auf ganz eigenen Pfaden unterwegs. Die visuelle Ausgestaltung mit Cutout-Animation, der verrückt verspielte Soundtrack, die eigenartigen Figuren und der mit Ausnahme eines gelegentlich auftauchenden Erzählers absente Dialog machen Hyōtan suzume zu einer Erfahrung, die nicht nur zu Veröffentlichungszeiten ihresgleichen suchte. Leider blieb es bei dem einen Langspielfilm, den vermutlich schon in jenen Tagen kein Schwein gesehen hat.
Ich weiß nicht, ob ich sonst noch einen Film kenne, der auf IMDB bislang keine einzige Wertung abgestaubt hat. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann ich aber sagen, dass sich unter den vielen unbekannten Werken kein so fantastisches finden lassen wird.
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