Antwort auf: Archie Shepp

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gypsy-tail-wind
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Vielen Dank! Schöner Schlusspunkt (auch wegen dem Statement von Brötzmann neulich in der DLF-Sendung: Brecht war Kommunist, nicht Deutscher, was ja „wenigstes etwas“ gewesen sei damals). Und gelernt habe ich auch was (hatte bisher Circle, das ich praktisch nicht kenne – nur Sam Rivers – für ein US-Label gehalten).

Was das „laut spielen“ angeht: das ist ja kein Können sondern ein Nicht-Können des leise Spielens (was Du ja dann weiter unten im Text andeutest). Also laut spielen kann eigentlich jeder Anfänger am Instrument (weiches Blatt, Mundstück fast egal, aber wenn das ein Problem ist vermutlich ein weites, und das ist dann so in etwa die Guggenmusik-Kombination, die wir alle nicht hören wollen). Also: das ist ein ganz krasses Handicap für einen Saxophonisten, und da überhaupt einen Weg zu finden und nicht einfach aufzugeben (oder wie der zahnlose Chet Baker sich vermehrt auf den Gesang zu fokussieren) ist schon allein vom technischen Gesichtspunkt her eine Leistung. Ich stelle mir das so vor, dass einerseits sehr viel Luft benötigt wird (was ja, siehe Brötzmann, oder Michael Brecker mit dem sich aufblasenden Ballonhals, auch nicht ungefährlich ist), andererseits bei der Menge an Luft und dem technischen Set-Up die Kontrolle umso schwieriger wird bzw. dazu neue Techniken erarbeitet werden müssen. (Etwas konkreter: weiches Blatt, offenes Mundstück – weil mit einem harten Blatt muss der Ansatz trainiert sein; mit einem weichen Blatt und viel Luft und engem Mundstück gibt’s Stau und Gequiekse, wie man’s eher von der Klarinette kennt, wo das aber den besten passieren kann, ist einfach sehr viel schwieriger zu kontrollieren als ein Sax).

Ich vermute, dass möglicherweise auch da mein Problem mit dem späteren Shepp herrührt. Die Nennung von 1975 als das „kritische“ Datum beruhte damals einfach drauf, dass ich bis „There’s a Trumpet in My Soul“ und „Steam“ (die ist ja eh erst 1976 entstanden ) Aufnahmen kannte, die ich mochte, und danach abgesehen von „The Long March“ (1979) nichts mehr, was mich ansprach. Dass ich das falsch datiert habe (und „The Long March“ als spätestes Datum davor hätte nehmen müssen) ist hoffentlich verzeihlich ;-)

Ich sehe es eher nicht, dass ich demnächst mit intensivem Shepp-Wiederhören anfange, aber ich weiss ja, wo ich drüber schreiben werde, wenn es mal dazu kommt – und die Pariser-Konzerte aus den späten 70ern möchte ich zumindest schon bald mal anhören!

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