Antwort auf: John Coltrane

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gypsy-tail-wind
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In Sachen Basser und Drummer in den 50ern: mich packt ja Doug Watkins deutlich mehr als Chambers – aber seine Soli finde ich auch fast immer toll. Was den steady Puls angeht, ja, das war die Rolle – aber es gibt ja schon Leute, die anders Akzente setzen, neben Mingus sicher auch Wilbur Ware. Und vielleicht sind dann auch Leute wie Percy Heath oder auch Sam Jones (der schwingt irgendwie freier) oder weniger bekannte (z.B. Addison Farmer oder Arthur Harper) in der Hinsicht interessanter? Ich müsste das auch überprüfen … Al McKibbon kommt mir auch noch in den Sinn, der geht wohl auch freier mit Akzenten und mit dem Beat um, unnd wirkt dadurch zugleich sicherer, ich finde Chambers da eben nicht besodners stark.

Wo gerade „Interplay“ gehört wird, meine liebste dieser Jam-Sessions (und nur haarscharf an der Top 20 vorbei, denke ich!) ist „Wheelin‘ and Dealin'“ mit Coltrane, Paul Quinichette und Frank Wess (der immer wieder die Lorbeeren einstreicht). Dort spielt Doug Watkins den Bass (auf „The Cats“ ja auch) und der lässt Taylor nicht so aus dem Ruder laufen, er und Mal Waldron haben zusammen einen so sicheren Beat, dass die Rhythmusgruppe hält (und mich dünkt dadurch vielleicht gerade auch etwas freier wird? frei sein heisst ja nicht, alle Freiräume nutzen, obwohl das in diesen Tagen leider keine Binsenweisheit mehr zu sein scheint).

Die Drummer: Philly Joe hat eine Explosivität, die sonst keiner hatte in der Zeit – und er ist auch deshalb (weil das ja auch „meine“ Zeit ist) ein absoluter Lieblingsdrummer von mir). Er überrascht, ist unberechenbar, manchmal auch zu laut und zu aufdrängend, aber toll finde ich sein Spiel immer! Einer der Gründe, weshalb „Blue Train“ eben doch anders (und ja, in den meisten Fällen finde ich: besser) ist als die Prestige-Alben von Coltrane ist Philly Joe Jones. Den Direktvergleich mit dem „dry run“ („Sonny’s Crib“ von Sonny Clark) finde ich eh spannend: Byrd, Clark und Taylor raus, Morgan, Drew und Philly Joe rein … und die Band ist eine vollkommen andere, weniger melancholische aber dafür irgendwie schwärzere, dunklere, mit einem vielfachen an Potential. So höre ich das jedenfalls …

Was Art Taylor angeht: einige Jahre später finde ich ihn dann auch ziemlich toll … aber die Trio-Sessions mit Bud Powell (die @soulpope ja über alles schätzt, bei dem Taylor eh hoch im Kurs steht :bye: ) finde ich z.B. auch noch nicht so super (aber ja, Sam Jones/Philly Joe sind für Powell dann definitiv keine optimale Rhythmusgruppe auf „Time Waits“, Chambers/Taylor auf „The Scene Changes“ funktionieren besser … und klar, ich möchte ohne die Duvivier/Taylor-Trios von Powell nicht sein, weder die von 1953 noch die von 1956/57).

Die anderen grossen Drummer damals waren wohl Kenny Clarke, Roy Haynes und Max Roach – von letzterem kann man ja viel hören, Clarke war in den frühen 50ern noch mit dem MJQ unterwegs, ist aber z.B. bei Davis toll, wo immer er auftaucht … dann ging er nach Europa. Was Haynes in den Jahren alles machte, habe ich weniger präsent, aber er hatte wohl irgendwelche Jobs als Sidemen in Bands, die nicht permanent ins Studio gingen (mit Sarah Vaughan tat er das aber so um 1954-56, er gehörte damals wohl zu ihrem Begleittrio, ist halt auch wieder ein anderer Job als eine Jam-Session bei RVG, die dann bei Prestige herauskam). Und Art Blakey war ja auch schon im Kommen, den kann man sehr gut verfolgen, u.a. ebenfalls bei Davis … aber als Sideman für die übliche Prestige-Session kann ich ihn mir eher nicht so gut vorstellen.

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