Antwort auf: Tindersticks

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„Ypres“

Vor wenigen Wochen erst im Laden entdeckt, der sogenannte Zufall, und trotz der spärlichen Angaben auf den Covern mit einiger Erwartung nach Hause getragen. In den sehr, sehr überschaubaren Möglichkeiten, die ich mir außerhalb von Klassik und Jazz biete, waren Tindersticks, nun gut, nicht unwichtig.

Bevor ich „Ypres“ dann heute endlich aufgelegt habe, stellte sich schon eine Überlegung ein, die in der von @neiliebly zitierten Rezension (danke!) angetippt wurde, mit allerdings sehr einfachen Worten, weil sie auf alles und jedes passen: Auch wenn man die Bilder nicht vor sich habe, stellen sich eigene ein. Ich will aber, kurz und schroff gesagt, keine eigenen, und hoffe, dass das nicht missverständlich ist, als ob Blindheit gut wäre, im Gegenteil; ich will diese Bilder, die Tindersticks, und das Orchester, mit „Ypres“ meinen. Also holte ich den Band von Holzer hervor, zum Great War und den „Letzten Tagen der Menschheit“ von Karl Kraus. Mit diesen Bildern und der – wie oft konnte man das jetzt schon vermutlich von Anbeginn der Zeit bis heute erkennen – wirkungslosen Aufdeckung der Sprachinfamie, die so groß ist, weil sie sich selbst nie erkennt, sondern ihr eigenes Antidot ist; damit, dachte ich hinterher, kann ich nachvollziehen, warum Tindersticks kaum eine Erhebung in der Musik (ich meine das schlicht von den Noten her) zulassen, nicht ganz die Hoffnung aufgeben, also etwas zwischen Morton Feldman und Gabriel Fauré, und dann doch auf dem Nicht-Vergessen insistieren. Demnach im Booklet: „The music in the museum itself loops seamlessly all day, everyday.“

Es ist Musik, so ist sie gedacht, für das Gehen durch die Räume des Museums. „Schwere Kost“ – der Tod, das Schlachten, ist geläufig bei dem, was die Menschen einander antun – fällt mir dabei nicht ein, die Musik ist so, wie sie konnte, und sehr viel. Ein Requiem ist sie nicht. Aber Aufruf zu einem Gedenken, das über einen Wochenendausflug hinausgeht.

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