Antwort auf: John Ford

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latho
No pretty face

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tezukaNaja, weiss nicht ob Tarantino da so rein passt, er gerät ja selbst häufiger mal ins Visier der Politisch Korrekten – sei es durch exzessiven Gebrauch des N-Wortes, sei es durch die Darstellung von Bruce Lee in „Once upon a time in hollywood“. Dass die entsprechenden Vorwürfe eher nicht ernstzunehmen sind steht auf einem anderen Blatt…

Allerdings. Dem Twitter-Mob kann man es nicht recht machen, wie auch, es gibt ja für die „korrekte“ Sprache eigentlich keine Vorgaben, die nachvollziehbar, allgemeingültig oder anwendbar sind. Deswegen wundere ich mich, dass Quentin in diese Kerbe haut.

Zu Griffith: Habe „Django unchained“ seit dem Kinobesuch nicht mehr gesehen, „The Birth Of A Nation“ noch nie, aber meines Wissens sollte die erwähnte Szene aus „Django“ eher eine Parodie auf den Griffith-FIlm sein, Tarantino nahm es Ford wohl gerade übel in dem Streifen mitgewirkt zu haben.

Dann muss er einigen Schauspielern/-innen böse sein, weil die auch in Filmen mitgewirkt haben, die heute nicht mehr akzeptiert sind, ganz zu schweigen vom Grindhouse-Kino, dass QT so verehrt.
Birth Of A Nation ist schwierig: zum einen eindeutig rassistisch (der Film ist ja inzwischen Anschauungsmaterial – ob passend oder nicht), auf eindeutige Weise und weit über den gesellschaftlichen Mainstream der damaligen Zeit hinausgehend. Zum anderen ist er filmhistorisch wichtig (so wie auch Triumph des Willens). Man muss Technik und Inhalt trennen zur Bewertung. Dumm nur, dass das heutzutage kaum noch einer vermag, ganz bestimmt kein Twitterati mit Anima-Avatar.

Weiss auch nicht ob man die Formel „muss man innerhalb des zeitlichen Kontextes beurteilen“ überall anwenden kann. Hier liegt m.E. ein anderer Fall vor als wenn man z.B. in Comic-Klassikern wie „Tim und Struppi“ oder „The Spirit“ rassistische Darstellungen von Schwarzen findet, da kann man dann sicher drüber wegsehen.

Nein, eigentlich auch nicht. Tim im Kongo ist eindeutig rassistisch, war es damals und ging über das Maß des damals Akzeptierten hinaus. Schlimmer noch: es verharmlost und rechtfertigt die Verbrechen des belgischen Kolonialismus im Kongo, der so wüst mordete, dass das 19 Jhd. (!) dem Einhalt gebot. Hergé arbeitete damals für Le Petit Vingtième, einem ultrakonservativem Pfadfindermagazin, dass diese rechte Linie auch von ihm einforderte. Hergé hat sich Zeit seines Lebens dafür geschämt und die damals entstandenen Werke niemals überarbeitet wie das bei seinen anderen Werken der Fall war.

Bei Ford liegt der Fall wohl etwas anders, neben seinem immensen Einfluss auf andere Filmemacher liegt sein Stellenwert doch wohl auch darin so etwas wie ein amerikanisches Selbstverständnis festgeschrieben zu haben, und da gehörte damals doch wohl auch dazu dass der weisse Mann dem roten überlegen ist, oder nicht? Also fragwürdige Darstellungen im Mittelpunkt, nicht als Beiwerk…
Muss allerdings auch sagen dass ich mit dem fordschen Werk eher rudimentär vertraut bin, „The Grapes Of Wreath“ ist ja tatsächlich ein erstaunlich linker Film, an „The Searchers“ beisse ich mir regelmäßig die Zähne aus: Ist das jetzt ein rassistischer oder ein antirassistischer Streifen? In der FIlmzentrale sind zwei Kritiken zu lesen die meine Zerrissenheit ganz gut wiedergeben:
http://filmzentrale.de/rezis/schwarzefalkesk.htm
und
http://filmzentrale.de/rezis/schwarzefalkespo.htm

Es ist richtig, dass Ford das US-Selbstverständnis und die Mythologie geprägt hat, besonders in Bezug auf den Westen. Aber eben nicht unbedingt in Abgrenzung zu anderen, sondern die Besiedelung des Landes als Aufgabe und Charaktertest. Das massenhafte Abknallen von Indianern kommt bei Ford im übrigen nicht vor und wenn Indianer in seinen frühen Werken auftauchen, dann sind sie eher Staffage und Plot-Mittel als Gegner, die es zu vernichten gilt. In den 50ern, also nach dem 2 WK wurden die Western wesentlich nachdenklicher, auch in punkto Gewalt gegen andere. The Searchers ist da das Highlight (und mein zweitliebster Film). Es fängt damit an, dass die Weißen alle kritisch gesehen werden, „Gute“ gibt es da nicht. Und die „Roten“ sind, vor allem, was ihre Motivation angeht, sympathisch gezeichnet, nachvollziehbar angelegt. Die Weißen nehmen ihnen das Land weg, sperren sie ein (sehr deutlich in der „Schneeszene“ im Fort), ihre Gegenwehr ist berechtigt. Und John Waynes Figur ist ja wohl ambivalent bis zum Geht-nicht-mehr. The Searchers ist das Gegenteil von einem rassistischen Film.

Aber auf jeden Fall danke dass du mir geantwortet hast!

Anytime!

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