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Der Film ist super! Was für ein Seemannsgarn! Das grenzt phasenweise ja an Spinal Tap. Der Schauspieler, der den alten Dylan von heute spielt, hat einen Oscar verdient…
Ach so, der ist ja echt. Im Vergleich zu dem Zeug, das er zusammenfabuliert, sind die Beiträge des sogenannten Herrn van Dorp aber vermutlich nachgerade realitätsnah.
Da stimmt ja gar nichts. Bei den authentisch-dokumentarischen Aufnahmen sind die Zeiten von Anfang an munter durcheinandergeworfen, wodurch Bezüge entstehen, die eigentlich gar keinen Sinn ergeben. Manche Aufnahmen, die hier wirken wie dokumentarisch, sind in Wahrheit Renaldo&Clara-Improvisationen. Die erfundenen Zeitzeugen erzählen Glaubwürdiges, die echten fabulieren teilweise das Blaue vom Himmel runter. Und Sharon Stone ist der Brüller.
Indem der Film so offen albern und spielerisch zeigt, wie unzuverlässig und mythenbildnerisch sogenannte dokumentarische Verfahren und historische Rekonstruktionen auf der Basis von Zeitzeugenerinnerungen immer sind (bloß dass Guido Knopp das nicht zugibt), ist dieses Schelmenstueck jedenfalls ehrlicher als die meisten Dokus.
Ich habe beim Anschauen mehrmals laut gelacht, die wirklich irren Konzertszenen (Dylan, der die Augen stellt wie ein Voodoopriester auf Droge) genossen und immer wieder daran gedacht, dass dieses Verfahren schon in Chronicles ausführlich zur Anwendung kam (wo ja auch vieles im naiv-dokumentarischen Sinne „total falsch“, also fiktiv, erfunden, an den Haaren herbeigezogen, verbogen, verfremdet ist).
Dankenswerterweise drückt Dylan den Deutungsschluessel zu diesem Film wie womöglich zu seiner ganzen künstlerischen Biografie in einer Interviewsequenz dem Zuschauer großzügig in die Hand: „Es geht nicht darum, sich zu finden, sondern, sich zu erschaffen.“
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