Antwort auf: Mikkos 7" Faves

#10769867  | PERMALINK

mikko
Moderator
Moderator / Juontaja

Registriert seit: 15.02.2004

Beiträge: 34,399

Wieder ein Block von diesmal 19 Singles, die zwischen 1966 und 1969 erschienen. Die Cover stammen mit einer Ausnahme von den deutschen Veröffentlichungen. Die Auswahl der Singles folgt keinem festgelegten Muster. Es sind einerseits Singles, die ich besonders toll finde, andererseits sind etliche dabei, die in irgendeiner Weise meine besondere Aufmerksamkeit auf sich zogen. Nicht alle Singles dieses Blocks kannte ich schon damals, als sie rauskamen. Und die meisten habe ich tatsächlich auch erst wesentlich später erworben. Die Reihenfolge der Vorstellungen ist chronologisch.

Syndicate Of Sound – Little Girl / You (Columbia Stateside C 23 236, 07/1966)

Diese Single kannte ich im Jahr 1966 noch nicht. Wann ich sie zum ersten Mal hörte, weiß ich nicht genau. Es muss aber so Mitte der 1970er Jahre gewesen sein. Wahrscheinlich lernte ich den Track durch irgendeinen Sampler kennen. In den USA war „Little Girl“ ja ein veritabler Hit. Der größte der der kalifornischen Garage Pop Band. Und es ist ja tatsächlich auch eine ganz herzallerliebste Teen Pop, Garage Pop Nummer, schlicht aber absolut effektiv. Jangelnde Gitarren, schepperndes Schlagzeug und eine absolut eingängige kleine Melodie. Besser geht’s nicht! Auf der B-Seite ein eher melancholisches Garage Pop Stück mit Flötensolo und dezentem Piano unterlegt. Absolut stimmig. Die A-Seite ist aber natürlich der Klassiker schlechthin. Dabei wollte die Aufnahme wohl zunächst niemand veröffentlichen. Nachdem jedoch ein kleines lokales Label im Frühjahr 1966 innerhalb einer Woche 5000 Stück absetzte, nahm Bell Records die Single in Lizenz für den nationalen Vertrieb und „Little Girl“ kletterte bis auf Platz 8 der Billboard Charts. Das führte dann auch zu einer Lizensierung durch EMI in Köln. Ob allerdings die Empfehlung von DJ Fred „Das ist Spitze!“ zu erfolgreichen Umsätzen hierzulande führte, muss bezweifelt werden. In den deutschen Charts tauchte das „Little Girl“ jedenfalls nicht auf.

The Koobas – Sweet Music / Face (Columbia C 23 299, 09/1966)

Auch diese Single kannte ich damals nicht. Ja ich bin sogar erst vor wenigen Jahren auf die deutsche Veröffentlichung gestoßen. Und auch die Band The Koobas aus Liverpool kenne ich erst seit Mitte der 1980er Jahre. Da brachte das englische Label Bam Caruso die einzige LP der Band aus dem Jahr 1969 unter dem neuen Titel „Barricades“ als Re-Issue raus. „Sweet Music“ oder „Face“ waren da allerdings nicht drauf. „Sweet Music“ ist die Coverversion einer Single eines gewissen Christopher Cerf aus den USA, dessen Version heute als Northern Soul Klassiker gilt. Die Aufnahme der Koobas ist typischer Mod Soul mit einem grandiosen Fuzzgitarren Riff zu Beginn. „Face“ auf der B-Seite ist das, was man heute als Freakbeat bezeichnet, und ebenfalls ziemlich klasse! Die Single erschien im UK im August 1966, ging aber ziemlich unter. Erstaunlich, dass sie überhaupt für Deutschland lizensiert wurde. Möglicherweise traute man der Band, die immerhin Ende 1963 ein dreiwöchiges Engagement im Hamburger Star Club hatte, etwas zu. 1967 erschien die Single auch in Dänemark (mit anderer B-Seite), wo sie aber wie hier in Deutschland nur geringes Interesse weckte. Dementsprechend selten und teuer ist sie, egal in welcher Version.

John St. John – You Can’t Mean It / One In A Million (Ariola 19 126 AT, 11/1966)

Noch so eine absolut rare und obskure Single. Kannte ich damals natürlich auch nicht. Ich hab‘ die Single Mitte der 1980er auf einem Flohmarkt eher zufällig mitgenommen, da ich weder Künstler noch Tracks kannte. Und dann stellte sich raus, das ist ein Northern Soul Klassiker und eine Super-Rarität. Im UK wurden beide Tracks auf verschiedenen Singles unter dem Bandnamen Chapter Five veröffentlicht. Wie es zu der deutschen Veröffentlichung kam, ist mir ein Rätsel. Allerdings gibt es auch eine italienische Version der Single, bei der lediglich A und B Seite vertauscht sind. Und es sind ja auch beide Tracks gleich gut, wie ich finde. Klassischer Wigan Casino Northern Sound halt. Die Band Chapter Five stammt aus Barrow-in-Furness im Nordwesten Englands. Viel mehr als die beiden Singles hat sie nicht veröffentlicht. Allerdings war sie Ende 1966 auch in Deutschland auf Tournee, vermutlich u.a. wegen des Single Release hier. Warum diese Single aber als John St. John erschien, bleibt ein Rätsel. Von diversen Re-Issues der Single wurden vermutlich deutlich mehr verkauft als von allen Originalen zusammen damals.

Lord Knud – Love’s A Waiting Game / I’m Your Guy (Hansa 19 236 AT, 12/1966)

Auf diese Single bin ich irgendwann in den frühen 1990er Jahren gestoßen bei meiner Recherche zu Beatmusik aus Deutschland. Den Sänger kannte ich aber natürlich schon lange. Knud Kuntze aus Berlin Lichterfelde, besser bekannt als Lord Knud, war ursprünglich Bassist der Berliner Band The Lords. Eine der erfolgreichsten aber oft auch peinlichsten Beat Bands aus Deutschland. Nachdem Knud bei einem Autounfall Ende 1964 ein Bein verlor und lange im Krankenhaus war, ersetzte ihn die Band kurzerhand durch einen anderen. Daraufhin machte er sich in Berlin als DJ einen Namen. Diese Single war dann wohl der Versuch, an die Musiker Karriere doch noch anzuknüpfen. Beide Tracks sind hübscher Beat Pop an der Grenze zum Schlager. Nicht schlecht, aber auch nicht herausragend. Erfolgreich war die Single nicht. Ab Oktober 1968 moderierte Lord Knud die Sendung „Schlager der Woche“ beim RIAS Berlin, die wöchentliche Hörer Chart Sendung, in der sowohl Beat wie Schlager gespielt wurde. Diese Sendung war vor allem bei Hörern in der DDR sehr beliebt. Noch erfolgreicher war Knuds Sendung „Evergreens A-Go-Go“ am Samstagvormittag, die er so wie die „Schlager der Woche“ bis Mitte der 80er Jahre präsentierte. Dann wurde er wegen eines sexistischen Witzes aus dem Verkehr gezogen. Danach war er Berater von Ulrich Schamoni bei der Gründung des Privatsenders 100,6. Wer sich – oder mich – fragt, warum diese Single hier dabei ist? Ich finde, sie gehört zur Geschichte der Beatmusik in Berlin. Das ist für mich Grund genug.

--

Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!