Antwort auf: 2018: Jazzgigs, -konzerte & -festivals

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vorgarten

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danielmiehe
An der Rede hat mich eine ganze Menge gestört. Angefangen bei den ollen Kamellen von den weißen Jazzkritikern, die Jazz nicht verstanden hätten, bzw. nicht hätten verstehen können nach der unsäglichen Doktrin der aktuellen Identitätspolitik, die bestimmten Menschengruppen Wissensmonopole zuordnet, die mit noch so viel Intelligenz und Empathie nicht von außen durchdrungen werden können. Dann diese seltsamen Ausführungen über Heilung etc.; dieses ‚postmoderne‘ (nehme ich an???) Denken, nach dem jeder noch so absurde Aberglaube valides Wissen ist und (mindestens) genauso wahr ist wie jede wissenschaftliche Erkenntnis. Überhaupt diese Verknüpfungen von allem mit jedem, die so profund tun, wie sie nichtssagend sind. Vor allem aber fand ich diese Naivität unerträglich mit der solche leeren Konzepte wie ‚Frieden‘, ‚Gut und Böse‘ etc. in den Raum geworfen werden, als ob man sich einfach endlich mal für ‚Gut‘ entscheiden müsste und schon leben wir in seinem Utopia. Dieses Denken wurde mir in der DDR jedenfalls gründlich ausgetrieben. Möglicherweise reagiere ich daher auf Parolen sogar etwas überempfindlich und mein Ärger ist übertrieben?
Und noch etwas – ich glaube fest an die absolute Musik und finde Musik denkbar schlecht geeignet konkrete außermusikalische Konzepte zu übermitteln. Daher ‚What can Jazz do?‘ Sich musikalisch weiter entwickeln vielleicht? Überleben? Jedenfalls bitte nicht zu Agitprop degenerieren!

der glaube an die „absolute musik“ als etwas, was außerhalb von politik, von macht- und ohnmachtbeziehungen und geschlechterverhältnissen umherschwebt, ist mir ziemlich fremd. es war jedenfalls nicht deine und nicht meine „heilung“, von der im vortrag die rede war. und wenn du kein interesse an spezifischen, geteilten erfahrungen, die sich im jazz vermitteln, hast, wo ist dann die „empathie“, die du grundsätzlich jeder/m zutraust? ich fand einige verknüpfungen von postkolonialistischer lektüre hier auch ziemlich oberflächlich, aber grundsätzlich habe ich diese eröffnung als ein schönes angebot empfunden, jazz nicht aus der erleuchteten perspektive weißen wissens zu betrachten. wie er sich ausgerechnet in berlin neu mit leben füllen soll (wo alle immer so genau zu wissen scheinen, was er bedeutet), habe ich allerdings auch nicht verstanden.

gute musik habe ich am eröffnungsabend auch gehört! ;-)

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