Antwort auf: Funde aus dem Archiv (alte Aufnahmen, erstmals/neu veröffentlicht)

#10200845  | PERMALINK

soulpope
"Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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gypsy-tail-wind Ben Webster Meets Piet Nordijk – Johnny Come Lately, Live in Groningen 1973 (Treasures of Dutch Jazz, NJA, 2016) Tatsächlich ein Glück, dass dieser Konzertmitschnitt endlich erschienen ist! So animiert hört man den ganz, ganz späten Webster selben. Die Ex-Pats Tony Inzalaco (d) und Irv Rochlin (p), der kurzfristig für den erkrankten Tete Montoliu eingesprungen ist und besonders der agile Bassist Rob Langereis sorgen für eine mehr als solide Begleitung (klar, Tete wäre als Solist gewiss toller gewesen, aber Rochlin wusste bestens, wie er mit Webster zu agieren hatte). Den Unterschied macht aber ein ungebetener Gast, der an diesem verrückten Abend auftauchte: Piet Nordijk, der heiss brennende niederländische Altsaxophonist. Da reicht es nicht mehr, dass Webster – was er immer tat, egal wie schlecht sein Zustand – sich im korrekten Tempo korrekt durch die Changes bewegte, sondern er musste sich wirklich etwas anstrengen. Sein Ton blieb ja bis zum Ende grandios, aber er wurde kurzatmiger, spielte oft nur noch Phrasenkürzel und überliess nach wenigen Chorussen seinen Sidemen für lange Zeit das Feld, um wieder zu Atem zu kommen. Nicht so hier. Der Abend im „Koffer“ in Groningen begann, so die Liner Notes, alles andere als vielversprechend: Webster war schon kurz nach Beginn des Soundchecks – das Radio war da, um eine Live-Ausstrahlung zu machen, von da stammen die Bänder – unauffindbar, Langereis hatte einen anderen Gig und kam in letzter Sekunde erst. Webster begegnete draussen dann zufällig der Frau von Rudolf Hidskes, dessen Erinnerungen an den Abend im Booklet neben anderen ausgiebig zitiert werden. Der anscheinend stark betrunkene Webster lüftete den Hut und fragte die hübsche junge Dame nach dem Weg, den sie ihm wies – er war anscheinend weniger als hundert Meter vom „Koffer“ entfernt. Und dann – nach dem ersten Set, das damals üblicherweise das beste war, danach ging’s kontinuierlich bergab – tauchte vor dem vollgepackten Club auch noch eine Gruppe ebenfalls stark betrunkener Musiker auf, die der rabiate Türsteher („you’d better not enter into a dialogue with the doorman, as this goon was wont to apply forceful arguments exclusively“, erinnert sich der Journalist Eddy Determeyer) nicht reinlassen wollte … mit einem Trick – und anscheinend einer zerbrochenen Scheibe – gelang es Nordijk dann doch, hereinzukommen und er ging schnurstracks auf die Bühne: „Hi Ben, what are we going to play?“ – und blieb für das zweite und dritte Set, von denen ein Grossteil auf der CD zu finden ist, dabei.

Werde ich mir wohl auch holen müssen :good: ….

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  "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)