Antwort auf: Paul Weller

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marbeckBerliner Morgenspost: Meist höflicher Applaus für Paul Weller im Huxley’s Paul Weller hat sich auf seinem neuen Album vom klassischen Song-Format weitgehend verabschiedet. Live kommt das nicht so gut an. Von Patrick Goldstein 01.06.2017, 07:38 Paul Wellers Experimentierfreude kam beim Publikum in Berlin mäßig gut an In 40 Jahren seit der Veröffentlichung seines ersten Albums durchlebte Paul Weller Höhen und Tiefen, Genres und Obsessionen – und einmal sogar eine Phase mit Schnurrbart. Der Besuch seines Konzerts ist da einerseits immer eine riskante Angelegenheit, denn so breit ist das Repertoire inzwischen, dass da Soul-Paul, Dadrock-Paul oder neuerdings sogar ein Prog-Paul auf der Bühne stehen könnte. Doch seitdem er in den 80er-Jahren im Metropol trotz gebrochenen Arms auftrat und dafür bejubelt wurde wie ein soeben wieder Auferstandener, weiß man andererseits in Berlin, dass auf Weller musikalisch und entertainmentmäßig eigentlich immer Verlass ist. Das Neuköllner Huxley’s ist also an diesem Abend wie zu erwarten war, prall gefüllt. Um fünf Mitmusiker verstärkt, legt er los mit „I’m where I should be“, danach „Nova“, „Long Time“, drei Stücke der aktuellen und der vorletzten Platte. Klarer Rock, psychedelisch, nicht übermäßig einfallsreich. Leben kommt dann ins Publikum bei Oldie „My ever changing moods“, den er in aktueller Version mit schönem Latino-Touch spielt. Nach richtig begeistertem Applaus regt sich beim nächsten Stück aber schon gar nichts mehr im Publikum. Weller hat wieder etwas aus jüngerer Zeit angestimmt. Rätselhafte Setlist irritiert Publikum In der vergangenen Woche ist er 59 Jahre alt geworden. Wer ihn noch mit gebrochenem Arm kennt, hat ebenfalls ein paar Lebensjahre hinter sich. Inzwischen verhöhnt man schon mal die Musik der eigenen Kinder und identifiziert den Einzug neuer Musikverbreitungswege als untrügliches Zeichen unmittelbar bevorstehenden Zivilisationsuntergangs. Das Schlimmste, weil Elternhafteste, das man sich als Wegbegleiter alter Helden manchmal sagen hört, ist: „Früher war er besser.“ So sprachen nämlich auch die Altvorderen einst, als viele der heutigen Huxley’s-Zuschauer Paul Weller erst entdeckten und begeistert waren, wie er mit neuer Band die Single „Speak like a child“ veröffentlichte und damit einen ganz unverschämten Genrewechsel hinlegte. Er hat’s seitdem nicht bleiben lassen. Schwierig daran ist, dass Weller, der jahrzehntelang als legaler Erbe Lennon/McCartneys und Ray Davies gehandelte Liedermacher, sich vom klassischen Songformat zunehmend verabschiedet. Sein aktuelles Album „A Kind Revolution“ quillt über vor gescheiten Sound- und Arragement-Ideen. Dass man aber einen Weller-Song einmal nach dem ersten Hören mitsingen konnte, interessiert ihn heute nicht so sehr. Rätselhaft an diesem Abend ist seine Setlist. Auf eine neue Ballade mit seinem neuen Faible für ausgebuffte Westcoast-Vocals, folgt ein temporeduzierter Klassiker, dann – noch einen Gang runter – mehr Latino-Sound und die starren Party-Bremsen „Suze’s Room“ und „Hopper“. Wenn Weller jetzt eine originalgetreue Coverversion von John Cages 4’33 hinlegen würde, wäre man auch nicht mehr groß verwundert. Vor der nächsten Zugabe lieber schnell nach Hause Der Kontakt zum Publikum ist jedenfalls abgebrochen – und alle merken es. Drummer Steve Pilgrim sagt zwar trotzig: „Also wir hier oben haben eine verdammte gute Zeit“, aber Weller entfährt nach einer Stunde ein erschrockenes: „Wir haben ja nicht einmal die Hälfte hinter uns.“ Kurz vor Ende zertritt er versehentlich fast seine Akustik-Gitarre. Und beim finalen Stück „The Changingman“, mit dem er so schön seine neue musikalische Richtung hätte rechtfertigen können – „Was wollt Ihr denn, ich bin halt der Wechselhafte!“ – ist schon die nächste Gitarre unbrauchbar verstimmt. Das Publikum hatte nach jedem Stück fröhlich bis höflich applaudiert. Nun geht es aber lieber schnell, bevor Weller auf die Idee kommt, noch einmal zurück zukehren.

Da war das Bullshit-Bingo schon relativ früh abgeschlossen. Ohne das Konzert miterlebt zu haben, stellt man fest, dass der Autor leider zu bräsig ist um es angemessen einzuordnen. Selbst wenn es, was ja sein kann, nicht so gut war wie Hamburg.

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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue