Antwort auf: bft#21 – wahr

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gypsy-tail-wind
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Der Zug ist längst abgefahren, aber was soll’s … einmal durchgehört (Miles und Ornette jeweils repetiert), einmal Pause gemacht, in Echtzeit ein paar Notizen gemacht, jetzt Espresso und dann später mal die anderen Eindrücke und die Auflösung lesen …

#1
Den Track hatte ich ja schon erkannt, als ich die Files ausgepackt hatte und kurz in den Player zog … Coltrane aus dem Village Vanguard 1961 mit einem tollen langen Solo von McCoy Tyner zum Auftakt, Elvin Jones swingt an den Besen. Mit dem Einstieg von Coltrane am Sopran wechselt Jones zu den Sticks und die Gruppe legt ein paar Gänge zu … ich mag den Song sehr (bin allerdings nicht mal sicher, ob ich irgendwo eine gesungene Version habe … doch, wenigstens von June Christy auf „Something Cool“, habe ich aber gerade gar nicht im Ohr)

#2
Was ist das? Ein Hybrid aus gypsy jazz, westafrikanischer Musik und etwas Appalachen? Ist das dieser Herr Thiele an der Mandoline, den gewisse Leute für eine Art neue Gottheit halten (er kann auch Bach!)? Ist mir wohl am Ende etwas zu bunt, zu hybrid – aber für ein faires Urteil bräuchte ich natürlich mehr Material, das Album mit Brad Mehldau z.B. kenne ich natürlich auch nicht (reizt mich aber nicht besonders … wenn ich mal Mandoline brauche, lege ich ein paar entsprechende Vivaldi-Konzerte ein, die haben nicht weniger Schwung als das hier).

#3
Und wir bleiben im Hybridland … Bossa, Sixties-Chöre, ein Wurli, eine Prise Mariachi Brass, dazu ein paar summende Damen – Filmsoundtrack?

#4
Miles Davis (der Mann), „Bitches Brew“ (die Platte), „Spanish Key“ (die Nummer) … auch im seltsamen Edit unverkennbar und nach ein paar Sekunden klar. Diese Fanfare, die er wiederholt, hat sich längst in meine Hörgänge eingeritzt. Die grosse Ausgabe („Anniversary Edition“, 2LP + 3CD + DVD) zählt wie ich finde zu den schönsten unter diesen Luxus-Ausgaben, habe sie mit gehöriger Skepsis (die fünfte oder sechste Ausgabe von „Bitches Brew“) gekauft, als der Preis bei 50€ unten war, war dann von der Aufmachung aber sofort begeistert (die „Kind of Blue“-Box kann da nicht mithalten, obwohl auch die ein tolles Buch mit vielen schönen Photos bietet).

#5
Harmolodics, Ornette aus den späten 70ern oder 80ern, ja? Schon irgendwie toll, wie die alle völlig aneinander vorbeispielen und doch alles passt … der old school Groove vom Bass, dazu die mäandernde Gitarren, die langweilige Bläserlinie (zunächst von der zweiten Gitarre sekundiert, die danach rumdreckelt) … klingt halt alles schrecklich nach 80er-Plastic (Barbie und Ken lassen grüssen), aber ist schon ziemlich toll! Kenne die Alben längst nicht gut genug als dass ich wüsste, von welchem das hier stammt – das ist eins der vielen Projekte: Ornette nach 1972 oder so mal in Ruhe hören, möglichst komplett.

#6
Fast möchte man glaube, es gehe direkt weiter … aber der Sound ist anders. Auch wieder ein tolles Bass-Lick, aber das ist alles etwas kaputter und dreckiger, und die Gitarre klingt zupackender, härter, ruppiger. Ulmer? Der ist hier weiterhin ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, wie @vorgarten ja weiss. Sehr toll, wie der Bass das Stück immer wieder ankickt mit seinem Stotterriff!

#7
Erste Assoziation: Sun Ra. Ellington und Afrika … überhaupt zieht sich irgendwie eine Afrika-Connection durch diese Tracks – nicht im oberflächlichen Sinn sondern durchaus greifbar. Ein Zirkel-Groove, den man endlos spielen könnte (auch das … von Sun Ra zu Fela Kuti ist es ja eh nicht so weit).

#8
Sing-Sang, Baritonsax … fügt sich gut an, aber kommt aus einer völlig anderen Ecke, vermute ich (eine, die mir nicht vertraut ist). Dazwischen klingt es manchmal ein wenig nach Gil Evans. Und dann ein Klaviersolo. Gefällt mir ziemlich gut, aber wäre wohl eher nichts, was ich auf Albumlänge hören würde.

#9
Hä?

#10
Schrammelbass, Rascheltrommler und ziemlich solides Tenor drüber, das da und dort in Coltrane-Manierismen fällt … ach, da ist ja noch ein Saxophon, und dann auch ein Klavier … da die letzten Tage hier recht viel später Coltrane lief, klingt das alles halbwegs vertraut, aber das ist später (Siebziger?). Schöner Schluss!

#11
Erste Assoziation: Devendra Banhart. Aber das ist wohl eher eins von dessen Vorbildern … und dann eine Gitarre, ein wenig à la Gabor Szabo. Gefällt mir, tolle Stimmung!

#12
Auch das fügt sich super an … keine Ahnung, aus welcher Ecke das wieder kommt, aber der Sound spricht mich an und ein schönes Vibraphonsolo gibt es auch noch. Wenn der Sänger bloss nicht so einen grauenvollen Akzent hätte.

#13
Ein filmischer Closer … passt sehr gut zu den Tracks davor. Überhaupt fast alles raffiniert kombiniert!

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