Antwort auf: The Necks – minimal jazz from down under

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gypsy-tail-wind
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Die „guten“ Orte hier sind halt Fabrikhallen mit Bühne und Plasticstühlen … im besten Fall ein kleinerer Raum (also nicht die einstige Fertigungshalle sondern eine Werkstätte oder sowas), das hat 80er Punk-Charme aber ist halt kein toller Konzert-Ort, d.h. da entsteht vom Raum her erstmal überhaupt gar nichts, nur wenn Musiker + Publikum das ändern, tut sich was. Für die üblichen Konzerte am Taktlos oder so passt das ganz gut, aber manchmal ist es halt doch zu charmefrei. Ist ja irgendwie witzig, Zürich als das rohe Punk-Pflaster und Berlin hat die schönen Säle … liegt halt an der Kleinheit hier, die schönen Säle werden weiterhin für „Hochkultur“ genutzt und Jazz in der Tonhalle ist auch nichts, was ich mir oft antun mag.

Aber gut, zum interessanteren Thema, den Texturen, nochmal, weil ich das vorhin zuwenig heraushob: es ist eben gerade Samuel Rohrers Schlagzeugspiel, das eine solche Wirkung entfalten kann. Er arbeitet mit unzähligen kleinen Teilen, legt Ketten und Glöcklein auf die Snare, baut das Hi-Hat beim Spielen um, hängt Zeug an die Stange, nützt Tücher und Dämper und alle Arten von Schlegeln und Sticks usw. und ist permanent in solcher Bewegung dass man denkt der Mann hat wenigstens für Arme und drei Beine. Und das ergibt dann alles zusammen diese Dichten Klangtexturen, die in stetiger Bewegung sind, dabei dem Groove keinesfalls abgeneigt … das klappte auch im Trio von Colin Vallon manchmal ganz gut, aber das wunderbarste Konzert mit ihm war eben das erste, das ich von BraffOesterRohrer hörte (auch in der Roten Fabrik in Zürich, aber in der umgebauten Baracke, die als „Fabriktheater“ fungiert, wo die Stimmung eben sehr toll werden kann, aber der Raum ist zu klein für grössere Acts bzw. die Konzerte dort sind jeweils die „Nocturnes“ um 23 oder 24 Uhr).

Der Übertrag auf den Film ist ganz in meinem Sinn. Ich verliere ja immer wieder den Text/Plot-Faden im Kino, weil ich mich dem Fluss der Bilder und Töne hingebe und die Worte dabei quasi in Laute zerfallen, die Teil eines ganzen sind. Ich führe immer noch die Hypothese spazieren, dass die besten Filme jene sind, die auch ohne Untertitel und in einer völlig fremden Sprache eine Geschichte erzählen – wobei diese Geschichte natürlich keinesfalls zwingend mit dem Plot bzw. dem Text zu tun haben muss … man kann damit ja auch spielen, auf verschiedenen Ebenen anderes sagen, die vordergründige Plot-Ebene z.B. durch Bilder oder durch die Tonspur unterwandern oder so.

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