The Necks – minimal jazz from down under

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  • #10007227  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 11,970

    der tourplan der necks scheint dein hartes urteil über die schweizer veranstaltungsorte zu stützen – sie waren zuletzt nur 2015 mal in der berner dampfzentrale bei einem festival dabei. in berlin habe ich sie jetzt schon zum vierten mal gesehen. aber falls du über einen australientrip im januar nachdenkst – da sind sie vorband von nick cave, wie auch immer das gehen soll. (und eigentlich wäre das für mich ein grund, ihnen all meine sympathien zu entziehen.)

    ja, die materialität. ist gerade bei mir ein thema in film/kulturwissenschaftlichem kontext, da spricht man ja seit einiger zeit vom materialistic turn, also davon, vor allem filme nicht nur als „texte“ zu lesen (zu denen irgendwer dann einen interpretations-schlüssel hat), sondern auch als „texturen“, die auf einer anderen ebene interaktiv wirken – da geht es um resonanzen, den moment der erfahrung, mit-bewegt zu werden. und das ist bei live-musik, vor allem der, von der wir hier sprechen, ein sehr naheliegender ansatz, um ihre wirkungen zu beschreiben. bei mir gestern hatte das wohl auch damit zu tun, dass ich schräg hinter tony buck saß (abrahams war am weitesten weg) und sich in der akustik des raums das klangerzeugende material sehr transparent und sinnlich erfahrbar machte.

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    #10007291  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,000

    Die „guten“ Orte hier sind halt Fabrikhallen mit Bühne und Plasticstühlen … im besten Fall ein kleinerer Raum (also nicht die einstige Fertigungshalle sondern eine Werkstätte oder sowas), das hat 80er Punk-Charme aber ist halt kein toller Konzert-Ort, d.h. da entsteht vom Raum her erstmal überhaupt gar nichts, nur wenn Musiker + Publikum das ändern, tut sich was. Für die üblichen Konzerte am Taktlos oder so passt das ganz gut, aber manchmal ist es halt doch zu charmefrei. Ist ja irgendwie witzig, Zürich als das rohe Punk-Pflaster und Berlin hat die schönen Säle … liegt halt an der Kleinheit hier, die schönen Säle werden weiterhin für „Hochkultur“ genutzt und Jazz in der Tonhalle ist auch nichts, was ich mir oft antun mag.

    Aber gut, zum interessanteren Thema, den Texturen, nochmal, weil ich das vorhin zuwenig heraushob: es ist eben gerade Samuel Rohrers Schlagzeugspiel, das eine solche Wirkung entfalten kann. Er arbeitet mit unzähligen kleinen Teilen, legt Ketten und Glöcklein auf die Snare, baut das Hi-Hat beim Spielen um, hängt Zeug an die Stange, nützt Tücher und Dämper und alle Arten von Schlegeln und Sticks usw. und ist permanent in solcher Bewegung dass man denkt der Mann hat wenigstens für Arme und drei Beine. Und das ergibt dann alles zusammen diese Dichten Klangtexturen, die in stetiger Bewegung sind, dabei dem Groove keinesfalls abgeneigt … das klappte auch im Trio von Colin Vallon manchmal ganz gut, aber das wunderbarste Konzert mit ihm war eben das erste, das ich von BraffOesterRohrer hörte (auch in der Roten Fabrik in Zürich, aber in der umgebauten Baracke, die als „Fabriktheater“ fungiert, wo die Stimmung eben sehr toll werden kann, aber der Raum ist zu klein für grössere Acts bzw. die Konzerte dort sind jeweils die „Nocturnes“ um 23 oder 24 Uhr).

    Der Übertrag auf den Film ist ganz in meinem Sinn. Ich verliere ja immer wieder den Text/Plot-Faden im Kino, weil ich mich dem Fluss der Bilder und Töne hingebe und die Worte dabei quasi in Laute zerfallen, die Teil eines ganzen sind. Ich führe immer noch die Hypothese spazieren, dass die besten Filme jene sind, die auch ohne Untertitel und in einer völlig fremden Sprache eine Geschichte erzählen – wobei diese Geschichte natürlich keinesfalls zwingend mit dem Plot bzw. dem Text zu tun haben muss … man kann damit ja auch spielen, auf verschiedenen Ebenen anderes sagen, die vordergründige Plot-Ebene z.B. durch Bilder oder durch die Tonspur unterwandern oder so.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10007803  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 11,970

    ich überlege seit gestern, was ich dazu sagen soll, außer, dass ich dem letzten absatz 100% zustimme ;-)

    was rohrer angeht: der bringt sein spiel ja auch ein bei elektronikprojekten von loderbauer und villalobos, die ihrerseits – im kontext von techno – totale fetischisten von klang als material sind. insofern ein ansatz, der auch weit über jazz hinausgeht.

    btw: ist samuel irgendwie verwandt mit thomas rohrer, dem brasilianisierten schweizer, der bei mazurek die rabeca (die forro-fidel) spielt? im netz finde ich dazu nichts.

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    #10007927  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,000

    Thomas Rohrer sagt mir nichts, ein paar schnelle Suchen im Netz geben da aber nichts her, vermutlich also eher nicht.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10011795  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,876

    vorgarten (…) die necks wurden nicht als jazzband angekündigt, sondern als „das aufregendste ambient-trio der welt“ (rolling stone). (…) alles schwimmt in einem strukturierten fluss, aber affiziert hat mich vor allem die materialität der musik, das schaben, klappern, streichen, trillern, die gefühlte ballung von sich in bewegung befindenden teilchen, entschieden ineinander verliebt. halb wache ich wieder auf, habe die spannung des raums förmlich vor augen, die positionswechsel auf hartem holzboden, die abgesunkenen fotografen-arme. massive wellen von staub wabern durchs scheinwerferlicht, der staub der alten ddr als in bewegung versetzte verliebte teilchen. die necks hören nicht mehr auf. niemand mag den letzten ton haben. zum schluss bewegt buck einhändig eine schnur mit riesigen holzblöcken und einer schellenkette, die noch dagegen schlägt. an den tatsächlichen schluss erinnere ich mich nicht mehr. nüchterner abgang unter stehenden ovationen. für mich gehörte das zum tollsten, was ich von dieser band je gehört habe, (…). ob sie die teilchen haben einfangen können? ich bin sicher, dass sich der staub im raum immer noch nicht gelegt hat.

    Ich war ja auch da, beruflich bedingt konnte ich aber nach einer odyssee-artigen Anfahrt nur das zweite Set miterleben. Nach einem Tag voller Stress und Krampf war der sich langsam aufbauende Auftritt der Necks daher für mich ein extremes Kontrastprogramm.

    Da ich das erste Set verpasst habe, kann ich natürlich keinen Vergleich ziehen zum zweiten Set. Mir fielen daher zunächst die Ähnlichkeit zu anderen Necks Auftritten auf: Der verhaltene, langsam tastende Anfang, das Anschwellen und Verdichten der Musik bis sie den gesamten Raum in Schwingung und das Publikum in einen betäubenden Rausch versetzt und am Ende der lange Ausklang. Frei improvisiert, aber natürlich schon nach einem wiedererkennbaren Muster. Innerhalb dieses Schemas ist aber alles ständig in Bewegung. Als vorgarten mir erzählte, dass er nachher über das Konzert schreiben würde, fragte ich mich, wie er das machen will – so flüchtig ist ein Auftritt der Necks. „When you hear music, after it’s over, it’s gone, in the air, you can never capture it again.“

    Zwei Tage später konnte ich ein anderes berauschendes Trio erleben, das frei improvisierte Musik spielt, aber in einem ganz anderen Genre. Dazu hier.

    zuletzt geändert von friedrich

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #10097347  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 11,970

    eine entfaltung. 4 albumseiten, 4 stücke. vinylformatbegrenzung. das entfalten muss schnell gehen.
    a-seite „rise“: arpeggien, orgelschimmern, geklapper. abrahams wiederholt nicht viel. bewegungen in einem akkord, die tastatur hochwandernd. das geklapper wieder kontrolliert arhythmisch. swanton streicht dann zwei töne: eine dramaturgie! sehr schnell zupft er sie auch. gibt dann aber auf. geklapper und geschimmer, immer mehr, immer voller. overdubbs. vorder- und hintergrund kippen.
    b-seite „overhear“. swantons gestrichener ton, in wellen. buck schabt, in frequenzen. melodiefiguren auf der orgel, blueshaftes verschmieren. alle paar augenblicke auf einem ton hängen bleibend, der zu dem von swanton passt. dann rutscht die orgel ab und umspielt den bass. wellen fließen ineinander. es geht wieder zurück, die orgel verziert melodien, der bass dröhnt weiter, kleine akzente von der bassdrum. und irgendwann gibt es einen puls, der die schwere orgel abhängt, wobei – die beschleunigung ist schwer zu fassen, eigentlich bewegt sich nicht viel. schwindel am ende.
    c-seite „blue mountain“. sofortiger ecm-alarm. snarewirbel in wellen, schwebender basston, esoterische orgelflächen. das klavier zirkuliert moll-arabesken. jarrett at his most depressing. so wie „endless“, der „changelss“-closer. kann man nur ganz selten ertragen. und nicht 21 minuten lang, wie hier. zur hälfte: paukenschwall, weinende orgelakkorde, aus dem klavier trieft’s. 2 akkorde, wie schluchzendes ein- und ausatmen im dröhnenden creszendo. nö.
    d-seite „timepiece“, super kontrast. stotterbeat, glöckchen, kratzer, e-piano-klirren. swantons saite schlägt aufs griffbrett. slap. später flageolet. eine percussion wie drei nebeneinander gestartete maschinen in unterschiedlicher größe. mücken-, wal- und menschenzeit. dazwischen wellt sich der eine akkord. die spannung hält sich. toll, wie das klirren des e-pianos in ein stakkato des akustischen übergeht, und umgekehrt: ton in geräusch. aufregend bewegte stasis. es entfaltet sich: nichts.
    UNFOLD (2017).

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    #10097457  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,876

    vorgarten(…)
    c-seite „blue mountain“. sofortiger ecm-alarm. snarewirbel in wellen, schwebender basston, esoterische orgelflächen. das klavier zirkuliert moll-arabesken. jarrett at his most depressing. so wie „endless“, der „changelss“-closer. kann man nur ganz selten ertragen. und nicht 21 minuten lang, wie hier. zur hälfte: paukenschwall, weinende orgelakkorde, aus dem klavier trieft’s. 2 akkorde, wie schluchzendes ein- und ausatmen im dröhnenden creszendo. nö.
    (…)

    Ich habe mich hier ja mal vorlaut, inkompetent und klischeehaft über ECM geäußert – etwas, dass mir inzwischen unangenehm ist. Aber ich bin ja lernfähig. Doch über diesen „ECM-Alarm“ habe ich mich dann doch sehr amüsiert. Und erst recht über das einsilbige Fazit. :-D

    Spaß beiseite: Eine The Necks-Aufnahme mit mediumbedingter Zeitbegrenzung, das finde ich reizvoll. Ich habe The Necks ja nur 3 x gesehen und gehört und kenne, glaube ich, auch nur drei Aufnahmen, die alleine wg. des immer gleichen zeitlichen Rahmens eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen. Oder sagen wir mal: Da gibt es einen immer wieder kehrenden Markenkern, den man irgendwann zu kennen meint. Tastender Einstieg, Anschwellen, Halten, Abschwellen, nach 45-60 min Schluss, blablabla. Da erscheint eine Veränderung der Versuchsanordnung doch spannend.

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #10098149  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 11,970

    friedrichIch habe mich hier ja mal vorlaut, inkompetent und klischeehaft über ECM geäußert – etwas, dass mir inzwischen unangenehm ist. Aber ich bin ja lernfähig. Doch über diesen „ECM-Alarm“ habe ich mich dann doch sehr amüsiert. Und erst recht über das einsilbige Fazit.

    ich weiß, da bin ich mir ja selbst doppelt in den rücken gefallen (pauschale ecm- und necks-kritik!). ich mag z.b. CHANGELESS ja auch (darauf gibt es vier freie improvisationen, die das jarrett trio live als zugaben gespielt hat), aber das letzte stück kann ich wirklich nur ganz selten hören. ein dräuendes anschwellen kann ja auch nerven. aber tatsächlich bin ich eher überrascht, dass mich die necks so selten nerven. bei UNFOLD wäre ich jedenfalls mit einem einfach-vinyl album, das aus a- und d-seite besteht, glücklicher.

    friedrich
    Spaß beiseite: Eine The Necks-Aufnahme mit mediumbedingter Zeitbegrenzung, das finde ich reizvoll. Ich habe The Necks ja nur 3 x gesehen und gehört und kenne, glaube ich, auch nur drei Aufnahmen, die alleine wg. des immer gleichen zeitlichen Rahmens eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen. Oder sagen wir mal: Da gibt es einen immer wieder kehrenden Markenkern, den man irgendwann zu kennen meint. Tastender Einstieg, Anschwellen, Halten, Abschwellen, nach 45-60 min Schluss, blablabla. Da erscheint eine Veränderung der Versuchsanordnung doch spannend.

    der „markenkern“ bezieht sich vor allem auf ihre live-konzerte. live-alben gibt es ja nur wenige, das letzte ist TOWNSVILLE von 2007. im studio machen sie eigentlich immer was anderes. die anpassungen an das vinylformat gibt es seit MINDSET (2011, 2 seitenlange stücke). beim letzten album, VERTIGO, konnte man in einem kurzen moment der stille die seite wechseln. seit HANGING GARDENS (1999) arbeiten sie mit overdubbs und anderen formen der nachträglichen bearbeitung, OPEN (2013) ist z.b. ein supercut aus disparatem session-material. insofern ändert sich die versuchsanordnung laufend, das ist teil des spiels.

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    #10098433  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,876

    vorgartender „markenkern“ bezieht sich vor allem auf ihre live-konzerte. live-alben gibt es ja nur wenige, das letzte ist TOWNSVILLE von 2007. im studio machen sie eigentlich immer was anderes. die anpassungen an das vinylformat gibt es seit MINDSET (2011, 2 seitenlange stücke). beim letzten album, VERTIGO, konnte man in einem kurzen moment der stille die seite wechseln. seit HANGING GARDENS (1999) arbeiten sie mit overdubbs und anderen formen der nachträglichen bearbeitung, OPEN (2013) ist z.b. ein supercut aus disparatem session-material. insofern ändert sich die versuchsanordnung laufend, das ist teil des spiels.

    Markenkern ist nur so eine Floskel, die ich hier mal reingeworfen habe und das von mir beschriebene bezeichnet tatsächlich eher den Ablauf eines The Necks-Sets.

    OPEN habe ich mir gerade mal aufgelegt. Wusste gar nicht, dass das aus verschiedenen Sessions zusammengeschnipselt wurde. Und ja, hier ist der Ablauf ein etwas anderer als ich ihn von Konzerten kenne: Bin gerade bei 11:00 und ein bisschen angekommen und da hält das Stück für eine paar Minuten inne, ein leichter Puls bleibt in der Luft hängen und irritierender Weise schwirrt dann so ein Netzbrummen umher, das ich zuerst für einen Produktionsfehler der CD hielt. Mal hören, wie die aus dieser Sache wieder rauskommen … ;-)

    Ich hatte bei The Necks-Konzerten irgendwann mal gedacht: The Necks fangen immer transparent und leise an und werden dann dicht und laut. Was würde eigentlich passieren, wenn das mal umgekehrt wäre?

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #10098505  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 11,970

    friedrich
    Ich hatte bei The Necks-Konzerten irgendwann mal gedacht: The Necks fangen immer transparent und leise an und werden dann dicht und laut. Was würde eigentlich passieren, wenn das mal umgekehrt wäre?

    das gibt es bisher nur im studio:

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    #10099429  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,876

    vorgarten
    das gibt es bisher nur im studio: (…)

    Danke, wieder was dazu gelernt. Ich will gar nicht erst bemäkeln, dass The Necks hier keineswegs das Prinzip von zunehmender Dichte umgedreht haben. Der Pegel bleibt eigentlich fast konstant, aber auch das ist ja schon was anderes.

    Ich hatte die Erinnerung an Live-Sets der Necks und mein erstes Necks-Album Aether so verinnerlicht, dass ich diesen Eindruck unzulässig verallgemeinert habe. Dabei ist Open eigentlich auch anders aufgebaut.

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #10288499  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 11,970

    “Can a great performance result when one of you is having a bad night?”
    “It depends what you mean by a bad night,” Tony said.
    “Like a heart attack?” Chris said.

    wirklich fantastischer text von geoff dyer über die necks in den new york times.

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    #10555206  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 11,970

    wieder im studio. kein live-album seit 2007. aber das live-format diesmal: 57 minuten am stück. es scheint aus einem guß, aber das täuscht gewaltig. es geht in phasen durch diskrepantes material, das sich im kopf (und woanders) zu einer einheit zusammensetzt. als würde man einen schimmernden gegenstand von verschiedenen seiten betrachten (oder berühren).

    stumpfe, eckige schläge auf das ride-becken. auf 1,2,3,4,5,6,7,8. beidhändige schläge auf die snare, meist auf 7, manchmal auf 3 und 7. rockjazz. bass, ein ton, auf 1 und 2. klavier in tremoli, von diesem ton ausgehend. hin und wieder kommt etwas dazu, geisterhafte assoziationen: orgel? eingeblendete gitarrenflächen? bisschen geraschel. heißt „körper“, macht hier einen steifen nacken. ist so lange langweilig, bis der punkt überwunden ist, dass man sich langweilt. eingependelt, eingestiehlt, von minimalen variationen des klaviers hinreichend wachgehalten. (phase 1)

    nach 15 minuten ein orgeldrone, eine schwankbewegung auf westerngitarrenseiten, der bass pausiert, das klavier auch. der nacken entspannt sich. ein herz beginnt schnell zu schlagen und setzt wieder aus. grundton, obertöne, untertöne. herzschlag und bass sind wieder da und wieder weg. uhrenschläge aus einem anderen rhythmus, zeit läuft ab, der bass läuft über. westerngitarrengeschrammel. das ridebecken behauptet sich gegen die zeit.(phase 2)

    10 minuten später explodiert der grundton zu einem krachigen rock-brett. 8 schläge becken und klavier, regelmäßig auf 2 und 4 die snare, verzerrte gitarrenwand dahinter. das ist wieder so unfassbar langweilig, bis es nicht mehr langweilt. headbanging. festes aufstampfen. erst kurz vor minute 40 der meltdown. (phase 3)

    glöckchen, bassfiguren des klaviers, es kommt bewegung in die grundtöne. der raum zieht sich in die länge. echos, hall. was abrahams über die letzten knapp 20 minuten andeutet, ist ganz nah an alice coltrane, ca. TURIYA SINGS. mantra. ein leichter wind weht durchs verschwitzte rockinstrumentarium. der körper schwankt. und zuckt, wenn das becken zusammenkracht und neue frequenzen in den raum schickt. eingehüllt, abgehoben. livesound und overdubs fließen ineinander, rechts, links, hinten und vorne auch, vielleicht schwebt man schon drüber, hat aber alles von vorher noch im ohr. der raum speichert und der körper erinnert sich. (phase 4) | BODY (2018).

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    #10555640  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,876

    … und im Oktober wieder live im Funkhaus Berlin.

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #10556016  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Das klingt sehr interessant, vor allem live stelle ich mir das toll vor. Da kann man sich richtig reinfallen lassen, auf CD kann man das eigentlich nur einem Stück hören…kommen auch Sequenzer/analog Synthesizer zum Einsatz? Von weit weg könnten manche Passagen auch aus frühen Klaus Schulze Tagen erinnern. Nur „Jazz“ höre ich da nicht so wirklich raus, und „minimal“ stelle ich mir auch etwas anders vor, in der Mitte rockt das für einige Minuten ziemlich straight, vom Rhythmus her. Doch, das gefällt mir…

    Im Oktober auch in Heidelberg

    Mal schauen, ob ich es einrichten kann….

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