Tindersticks

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  • #99073  | PERMALINK

    neiliebly

    Registriert seit: 11.02.2007

    Beiträge: 1,774

    Ich finde „Ypres“ schon sehr beeindruckend. Ursprünglich nur gekauft um die Sammlung komplett zu halten, bleibt die Feststellung das dieses Werk von mir wohl öfters aufgelegt werden wird als die typischen Tindersticks-Soundtrackalben.

    Hier mal eine der wenigen deutschsprachigen Rezensionen:

    Im Ersten Weltkrieg zählte Ypern zu den meistumkämpften Städten an der Westfront. Die drei großen Schlachten dort gingen als erste, zweite und dritte Flandernschlacht in die Geschichte ein. Die Stadt wurde während des Krieges fast völlig zerstört, Hunderttausende von Menschen starben und wurden unter anderem auf den zahlreichen Soldatenfriedhöfen in der Nähe beerdigt.

    2011 beauftragte das Flanders Fields Museum TINDERSTICKS mit der Musik für eine Dauerausstellung über die Schrecken dieser Zeit. Die Soundscapes, die Stuart A. Staples und Dan McKinna daraufhin erschufen, finden sich nun auf „Ypres“, die so beklemmend, intensiv und erschüttend ausgefallen ist, wie es sich bei einem Aufeinandertreffen dieser Thematik und diesen Künstlern erwarten ließ.

    Dabei fängt alles ganz still an – eine blecherne Totenglocke läutet „Whispering Guns“ ein, dessen massive Soundwände erst nach und nach ihre Melodiebögen erkennen lassen. Die Spannung ist fühlbar, die unheilverkündende Atmosphäre steigert sich über die zwölf Minuten stetig, und geschickt binden Staples und McKinna das Geheul einschlagender Granaten in die Orchester-Arrangements ein. Dabei hat „Ypres“ mit seinen wie eine Spirale in die Tiefe ziehenden Endzeitstreichern in jeder Minute den typischen TINDERSTICKS-Sound, auch wenn die Platte, ihrem Zweck entsprechend, rein instrumental bleibt und Staples’ charakteristische Stimme fehlt.

    Stilles Abwarten prägt „Ananas Et Poivre“, während „La Guerre Souterraine“, der auf das ausgedehnte Höhlensystem Bezug nimmt, mit dem die Stadt und die Umgebung während des Krieges untertunnelt wurden, die Angst in der Dunkelheit mit ihren Klopfgeräuschen großartig in Töne kleidet – weniger sinfonisch, aber ebenso unheimlich. Wieder anders „Gueules cassées“, das sich den entstellten und verstümmelten Soldaten widmet, die ihren musikalischen Ausdruck hier in reduzierten, an eine tiefe Bassflöte erinnernden Tönen finden, einsam und nackt. Der folgende „Sunset Glow“ mag einen Hauch verzweifelter Romantik in sich bergen, wie er auch andere TINDERSTICKS-Werken prägt, schlägt dann aber im zwanzigminütigen, finalen Epos „The Third Battle Of Ypres“ in schaurige Dramatik um.

    „Ypres“ funktioniert auch ohne die Bilder, für die sie geschaffen wurde, indem sie eigene entstehen lässt. Es ist eine mächtige Platte geworden, eine von denen, gegen deren stimmungsverändernde Wirkung es keine Gegenwehr gibt, die aber über die Emotionen, die sie weckt, auch Unerlebtes erfahrbar macht. Hören auf eigenes Risiko – aber trotzdem durch und durch empfohlen.

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    #10726879  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,644

    Gerade auf rollingstone.de gesehen: ein neuer Tindersticks-Track aus Stuart Staples Soundtrack für den Film High Life von Claire Denis.

    Der am Donnerstag veröffentlichte neue Song „Willow“ ist in der letzten Szene des Films zu hören. Es ist ein echtes Tindersticks-Stück und wurde mit den Vocals von Schauspieler Robert Pattinson aufgenommen. Das Video zu „Willow“ zeigt einige Szenen aus „High Life“.

    Langsam, sparsam, atmosphärisch, ein Blick in den Sternenhimmel ohne viel Bewegung – und Pattinsons dünne Stimme passt durchaus in dieses Klangbild.

    Tindersticks – „Willow“ feat. Robert Pattinson

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    To Hell with Poverty
    #10727117  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,394

    Ja, sehr faszinierend. Robert hat ja selbst auch ein paar Tracks aufgenommen, die durchaus in Ordnung gehen.

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    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #10734819  | PERMALINK

    kornkreis

    Registriert seit: 29.10.2018

    Beiträge: 68

    go1Gerade auf rollingstone.de gesehen: ein neuer Tindersticks-Track aus Stuart Staples Soundtrack für den Film High Life von Claire Denis.

    Der am Donnerstag veröffentlichte neue Song „Willow“ ist in der letzten Szene des Films zu hören. Es ist ein echtes Tindersticks-Stück und wurde mit den Vocals von Schauspieler Robert Pattinson aufgenommen. Das Video zu „Willow“ zeigt einige Szenen aus „High Life“.

    Langsam, sparsam, atmosphärisch, ein Blick in den Sternenhimmel ohne viel Bewegung – und Pattinsons dünne Stimme passt durchaus in dieses Klangbild. <iframe src=“https://www.youtube.com/embed/8xNSN6Kd8rI?feature=oembed“ width=“500″ height=“281″ frameborder=“0″ allowfullscreen=“allowfullscreen“></iframe> Tindersticks – „Willow“ feat. Robert Pattinson

    Aber auch ein bisschen sehr glatt und beliebig. Wie so ein typischer Soundtrack halt.

    zuletzt geändert von kornkreis

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    #10735055  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,644

    „Glatt“ mag sein, das gehört hier zur Ästhetik, aber „beliebig“ sicher nicht: Es ist ein Song der Hauptfigur Monte (gespielt von Robert Pattinson) an seine Tochter Willow (gespielt von Jessie Ross).

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    To Hell with Poverty
    #10737529  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,644

    Der jetzt gesperrte User kornkreis hat zu diesem Thema noch per Status-Update eine Antwort hinterlassen:

    Betrifft Tindersticks Soundtrack: Ich meinte mit beliebig, dass der Titel etwas charakterlos ist, da fehlen mir etwas die Ecken und Kanten oder das Überraschungsmoment. Schlecht ist der Song aber nicht. Ich mag ihre Platten sehr gerne.

    Das verstehe ich schon, aber auch bei dieser Wortwahl kann ich nicht zustimmen. Den Charakter des Stücks („Willow“) habe ich ja kurz zu beschreiben versucht; dazu gehört auch das Statische.

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    To Hell with Poverty
    #10922553  | PERMALINK

    neiliebly

    Registriert seit: 11.02.2007

    Beiträge: 1,774

    Zum Hören war leider noch keine Zeit, aber das schick ausgestanzte Vinylcover von „No Treasure But Hope” allein ist schon den Kaufpreis wert!!!  :heart:

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    #11161199  | PERMALINK

    stefane
    Silver Stallion

    Registriert seit: 24.07.2006

    Beiträge: 7,140

    Heute Abend im Radio:

    SWR 2
    12.07.2020, 23.03 – 24.00 Uhr
    Musikpassagen
    Tindersticks – Melancholisch aus Überzeugung
    Von Bernd Gürtler

    Der SWR schreibt dazu in seiner Sendungsankündigung:

    „In Zeiten wie diesen, da gute Laune Pflicht ist, gehört die Melancholie fast unter Artenschutz gestellt. Seit ihrer Gründung 1992 im englischen Nottingham sind die Tindersticks engagierte Hüter der Melancholie. Ihr jüngstes Album „No Treasure But Hope“ widmet sich Beziehungsangelegenheiten zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern, Söhnen und Vätern.“

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    "Bird is not dead; he's hiding out somewhere, and will be back with some new shit that'll scare everybody to death." (Charles Mingus)
    #11161213  | PERMALINK

    kurganrs

    Registriert seit: 25.12.2015

    Beiträge: 8,977

    @stefane: Danke. Ich werde reinhören.

    #11229189  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    „Ypres“

    Vor wenigen Wochen erst im Laden entdeckt, der sogenannte Zufall, und trotz der spärlichen Angaben auf den Covern mit einiger Erwartung nach Hause getragen. In den sehr, sehr überschaubaren Möglichkeiten, die ich mir außerhalb von Klassik und Jazz biete, waren Tindersticks, nun gut, nicht unwichtig.

    Bevor ich „Ypres“ dann heute endlich aufgelegt habe, stellte sich schon eine Überlegung ein, die in der von @neiliebly zitierten Rezension (danke!) angetippt wurde, mit allerdings sehr einfachen Worten, weil sie auf alles und jedes passen: Auch wenn man die Bilder nicht vor sich habe, stellen sich eigene ein. Ich will aber, kurz und schroff gesagt, keine eigenen, und hoffe, dass das nicht missverständlich ist, als ob Blindheit gut wäre, im Gegenteil; ich will diese Bilder, die Tindersticks, und das Orchester, mit „Ypres“ meinen. Also holte ich den Band von Holzer hervor, zum Great War und den „Letzten Tagen der Menschheit“ von Karl Kraus. Mit diesen Bildern und der – wie oft konnte man das jetzt schon vermutlich von Anbeginn der Zeit bis heute erkennen – wirkungslosen Aufdeckung der Sprachinfamie, die so groß ist, weil sie sich selbst nie erkennt, sondern ihr eigenes Antidot ist; damit, dachte ich hinterher, kann ich nachvollziehen, warum Tindersticks kaum eine Erhebung in der Musik (ich meine das schlicht von den Noten her) zulassen, nicht ganz die Hoffnung aufgeben, also etwas zwischen Morton Feldman und Gabriel Fauré, und dann doch auf dem Nicht-Vergessen insistieren. Demnach im Booklet: „The music in the museum itself loops seamlessly all day, everyday.“

    Es ist Musik, so ist sie gedacht, für das Gehen durch die Räume des Museums. „Schwere Kost“ – der Tod, das Schlachten, ist geläufig bei dem, was die Menschen einander antun – fällt mir dabei nicht ein, die Musik ist so, wie sie konnte, und sehr viel. Ein Requiem ist sie nicht. Aber Aufruf zu einem Gedenken, das über einen Wochenendausflug hinausgeht.

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    #11298271  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,394

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    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #11334341  | PERMALINK

    karmacoma
    Spin The Black Circle

    Registriert seit: 25.07.2008

    Beiträge: 7,607

    Nach dem letzten ganz gutem Album, gefällt mir das wieder weniger. Das über mir verlinkte Video reißt mich auch nicht vom Hocker. Werde wohl diesmal wegbleiben.

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    #11334957  | PERMALINK

    snowball-jackson

    Registriert seit: 09.11.2008

    Beiträge: 3,202

    „Man Alone“ ist auch nicht meins. Staples Stimme passt irgendwie nicht zum Sound und zur etwas krautrockigen Struktur. „You’ll Have To Scream Louder“ ist zumindest okay. Ich teile die erstmal karmacomas Befürchtung.

    --

    you can't win them all
    #11338409  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Mir gefällt, das sie von der Tindersticks-Formel abweichen, aber mir gefallen ja auch Simple Pleasure & Can Our Love…
    Aber ob ich eine 12. Tindersticks LP brauche weiß ich noch nicht.

    --

    #11381791  | PERMALINK

    atom
    Moderator

    Registriert seit: 10.09.2003

    Beiträge: 21,706

    Nach den Vorabtracks war ich ebenfalls etwas skeptisch, aber nach dem dritten Durchlauf gefällt mir Distractions immer besser.

    --

    Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...
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