Steve Coleman und M-Base

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  • #7659833  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    redbeansandricenaja, streng genommen, wenn man Funk-Elemente als Hilfeschrei deutet, dann muss man auch an jedem Bossanova… herumkritteln… Rhythm People war eine meiner ersten CDs (so 1995?) hat mich damals enorm beeindruckt (Neutral Zone ist mein Lieblingsstück)… aber mittlerweile höre ich das drumherum auch mehr als ein Korsett… ob die Sache mit dem „intellektuellen Zugang“ Coleman wirklich gerecht wird (was ich oben schrieb) bezweifel ich doch ein bißchen… aber es ist kaum zu leugnen, dass diese Leute bewusster mit der Jazzgeschichte gearbeitet haben als die Generationen vor Ihnen, sich ein gutes Stück ihren Platz darin ausgesucht haben… klingt erstmal super… aber bei Coleman hab ich das Gefühl, es hat ihn auch belastet… viele Konzepte sind super, aber zu ambitioniert… die Rapper find ich teilweise echt nervig (mein zweites Album war Tale of Three Cities – glaub es gibt kein einziges Solo darauf… danach war die Coleman Euphorie erstmal verflogen, damals, war mir für mein knappes Budget zu riskant); was man fairerweisew aber auch sagen muss, ist, dass es ganze ALben ohne Rap und Gesang gibt… Transmigration etwa…

    Ja, das ist eine sehr richtige Beobachtung. Man merkt fast, alles ist so durchdacht, so hintergründig, so ernsthaft, dass man ihm zurufen möchte: Spiel doch einfach! Ich habe mir gerade nochmal „Resistance Is Futile“ angehört und da hat alles ist alles so sorgfältig konstruiert, dass es zum Heulen ist. Ich bin sicher, Coleman kann bis ins kleinste Detail erklären, was er will, aber das macht es nicht besser, sondern schlechter, weil die Musik so mit Bedeutung überfrachtet ist. Es ist nicht so, dass er die Geschichte kennt und deshalb bessere Musik macht, sondern er ist ein Gefangener seiner Theorien und Ambitionen und darunter leidet seine Musik.

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    #7659835  | PERMALINK

    fef

    Registriert seit: 05.04.2010

    Beiträge: 127

    @ gypsy tail wind:

    >> Zur „Monorhythmik“ des Jazz: das ist ein wenig übertrieben … < < Ja sicher! Elvin Jones hat sich ja auch mit afrikanischen Rhythmen beschäftigt. Usw. Interessant finde ich die folgende Analyse des Steve-Coleman-Stückes „Drop Kick“: [url]http://www.m-base.com/music_collectivism.html#part4 Hier kann man das Stück hören: [url]http://www.m-base.org/drop_kick_mp3_files/drop_kick.mp3 Berendts Jazzbuch über M-Base: Einerseits sagte es, Steve Coleman wirke wie ein Charlie Parker der heutigen Zeit, aber diese Kategorisierungen als Fusion usw. waren einfach danebengegriffen. Colemans CDs der damaligen Zeit (1989, also z.B. „World Expansion“) mögen so erschienen sein. Andererseits war seine erste CD deutlich anders. Auch der Konnex zu Ornette Colemans Prime Time ist Kritiker-Fantasie. Steve Coleman hat einen Einfluss von daher entschieden verneint und eigentlich ist das ja auch hörbar. Im Übrigen ist auch der Einfluss von Maceo Parker, von dem immer wieder die Rede ist, nach Colemans Aussage falsch. Auch ein Einfluss von Lee Konitz ist falsch. Kritiker stellen für sich offenbar irgendwelche Verbindungen her und behaupten das dann. Dass Musiker mit all diesem Kritiker-Zeug und ihren Kategorisierungen nichts zu tun haben wollen und sogar den Begriff „Jazz“ ablehnen, verstehe ich. Mir kommt mittlerweile vor, dass es etwas für einen selbst bringt, wenn man möglichst wenig in Kategorien wie „Bebop“ usw. denkt. Warum soll Monk und Bud Powell zur selben Kategorie (Bebop) gehören, Art Tatum zu einer anderen? @ nail75: >> Ich habe mir gerade nochmal „Resistance Is Futile“ angehört und da ist alles so sorgfältig konstruiert, dass es zum Heulen ist. … er ist ein Gefangener seiner Theorien und Ambitionen und darunter leidet seine Musik.<< Das, was Du hier beschreibst, ist nicht in der Musik, sondern in Deinem Empfinden. Es gibt Leute wie mich, die einen sehr direkten Zugang zu dieser Musik haben und die die Musik überhaupt nicht so empfinden. Gerade heute ersuchte mich ein 22 jähriger, cooler Typ, ich möge ihm die „Resistance is Futile“ brennen, denn er fahre sehr darauf ab. Ich sah bei einem Konzert eine junge Frau zu dieser Musik tanzen. Mir geht es selbst genauso. Ich weiß effektiv aus eigenem Empfinden, dass Dein Eindruck von der Musik nicht richtig ist. Und ich weiß genug über diese Musik, um sicher zu sagen: Da rennt (gerade bei Live-Aufnahmen wie „Resistance“) sehr viel Spontanes. „Konstruiert“ ist schlicht falsch. In diesem Zusammenhang ist interessant, was Berendt in der ersten Ausgabe seines „Jazzbuchs“ in den 1950ern über Charlie Parker schrieb: „Seine Musik ist schwer zu verstehen. Sie geht niemandem leicht in die Ohren, auch vielen Jazzfreunden nicht. Man hat sie asketisch genannt, und es gibt wahrscheinlich kein Wort, das sie besser kennzeichnet ....“ Wer würde heute noch Parkers Musik „asketisch“ nennen? – Ich denk, es ist einfach so: Wenn einem eine Musik nicht ins Gefühl geht, dann erscheint sie einem als „asketisch“, „konstruiert“, „kopflastig“, „intellektuell“ usw.. Aber das muss keineswegs an der Musik liegen. Und gerade bei Coleman stimmen solche Eindrücke absolut nicht. Man kann gescheit sein, tausend Sachen wissen usw. usw.: Wenn einem eine Musik nicht ins Gefühl geht, ist man draußen. Solange andere einen so unmittelbaren Spaß an den Grooves der „Resistance“-CDs haben, kann man nur sagen: Tut mir leid, funktioniert bei mir halt nicht! Punkt! Ist ja auch nicht weiter schlimm. Man muss nicht überall dabei sein.

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    #7659837  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,339

    Na ja, ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, aber der Fall, dass Kritiker (oder blosse Hörer und Fans) Verbindungen herstellen, die ein Musiker ablehnt oder gar entrüstet zurückweist, müssen ja nicht zwingend heissen, dass daran nichts ist… (bei Freud und Schnitzler hiess sowas „Doppelgängerscheu“)

    Ich will damit nicht konkret auf Deine Beispiele hinweise (dazu kenn ich ja Coleman viel zu schlecht), nur darauf, dass man auch die Worte eines Musiker (erst recht eines Musikers, der die Jazz-Geschichte so gut kennt) mit einem „grain of salt“ nehmen muss!

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    #7659839  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 14,067

    nur ein paar Fetzen für den Moment, „andere hören dass aber anders als du“ ist kein gutes Argument, um klarzumachen, dass jemand etwas „falsch hört“, ich würd soweit gehen zu behaupten, dass es hier überhaupt kein gutes Argument geben kann; abgesehen davon: wer weiß, vielleicht würd dein cooler 22-jähriger viel lieber Noah Howard oder Byard Lancaster hören, wenn man sie ihm aufschwatzte;-)? und wenn man alles toll fände, wozu junge Frauen tanzen…

    an Sachen wie der der Verwirrung über die Eingruppierung bei Fusion und dem Maceo Parker Vergleich sieht man – find ich – sehr schön, dass bei der Erfindung des Fusion-Genres in den 70er Jahren irgendwie versäumt wurde zwischen Rock- und Funk-basierter Fusion zu unterscheiden… letztere hätte an sich einen eigenen Namen verdient… (Free Funk trifft es nur sehr bedingt und beginnt glaub ich, zumindest bei Behrendt, erst später)

    was Monk und Powell vs Tatum betrifft – da kann man die Genre-Grenze auf jeden Fall biografisch rechtfertigen, das ist doch auch was wert…

    hab eben nochmal die Soundsample von Doug Hammonds Spaces gehört, Quintet mit Lancaster und Coleman, das macht einen sehr starken Eindruck (Einschätzung anyone?), werd mich wohl demnächst auf die Suche machen…

    und wie wohl schon erwähnt, hier kann man die Label Bleu Alben hören…

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    #7659841  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Jedenfalls schön, dass dieser Thread jetzt inhaltlich zündelt … drum dürfte ich eigentlich gar nicht schreiben, da ich S. Coleman so gut wie nicht, also nicht, kenne. ;-) Ich habe mir die Sache mit der Wilson angehört – finde gar nicht, dass sie irgendwann „auscheckt“, die war sehr aufmerksam und was der Körper dabei anstellt, ist ja wieder was anderes, musikalisch jedenfalls hat sie 1. Coleman gelassen und 2. richtige Antworten gefunden; mein Eindruck.

    Dann: Genau diese „Resistance is Futile“ hatte ich mir gestern auch – aber nur zum Teil – angehört und kann im Augenblick nails Eindruck nur bestätigen. Im Augenblick – schon klar, dass einmaliges Hören kein Kriterium ist, ich sag’s auch nur aus dem Off.

    Nicht aus dem Off gesprochen: Ich finde das ganz richtig, was gypsy und redbeans zum Verhältnis von „Künstlern“ und „Kritikern“ sagen – das ist ein uraltes Unbehagen oder auch ein uralter Spaß. Und dagegen ist ein junger cooler Mann eigentlich nicht mehr zu halten; finde das also auch etwas beliebig. Kurz: Das musikalische Empfinden von X ist logisch gesehen genau dasselbe wie das von Y. Die Logik kennt nämlich kein Empfinden, darum kannst Du, Fef, nicht eine Meinung gegen eine andere ausspielen. Diskutieren kann man frühestens eine Ebene drüber – da bin ich, was Coleman betrifft, allerdings noch nicht.

    Aber noch einmal: schöne Mauserung des Threads, lese ich gerne.

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    #7659843  | PERMALINK

    fef

    Registriert seit: 05.04.2010

    Beiträge: 127

    Ich meinte nicht, dass eine Musik-Empfindung unbedingt richtiger wäre als eine andere. Ich finde nur, wenn einer sagt, eine Musik groove nicht, und eine andere tanzt voller Spaß dazu, dann muss man einschränken: Die Musik groovt im Ohr des einen nicht. Man kann nicht sagen, die Musik habe schlechthin keinen Groove. Denke ich. Coleman hält z.B. offenbar viel von Threadgill. Ich mochte früher schon ein paar Sachen von Threadgill, aber wenn ich jetzt seine aktuelle Musik höre, stellt sich bei mir kein Gefühl ein, wegen dem ich sie hören wollte. Z.B.: http://www.youtube.com/watch?v=zUQ28HFO5ag&feature=related Ich kann nur sagen: Da bin ich nicht dabei! Ich muss auch sagen, dass mir Coltrane nach 1964 (bis auf wenige Stücke) schlechthin unerträglich ist. Ich verstehe, dass er toll war usw., aber ich mag es nicht hören. Mein Empfinden erzeugt dabei nichts Erfreuliches. Aber manche sind hingerissen davon.

    Doug-Hammond-CD:
    Ich hab mir die CD gekauft, weil auf ihr Colemans Stück „Uhren“ drauf ist. Coleman spielte es letztes Jahr im Konzert, bei dem ich war.

    Im Übrigen ist mir ein Coleman-Stück eingefallen, bei dem man den Aufbau aus unterschiedlichen „Patterns“ gut verfolgen kann und bei dem auch der spontane Charakter offensichtlich ist: Coleman spielt die Bass-Linie vor und der Bass übernimmt, Coleman spielt den Gitarren-Part so lange vor, bis ihn der Gittarist drauf hat. Dann singt er den Klavier-Part vor. Der Pianist übernimmt, kommt draus und Coleman hilft noch einmal nach. Dann singt er den Schlagzeug-Rhythmus vor. Schließlich improvisiert er darüber, die Gitarre beginnt, mit ihm zu kommunizieren … :
    http://www.m-base.org/tao_of_mad_phat_mp3_files/laid_back_schematics.mp3

    Auf der neuesten CD ist die Band extrem gut aufeinander eingespielt. Ständig übernimmt einer, unterstützt, antwortet, sodass die Musik zu einem großen Teil aus einer Art Kollektivimprovisation besteht. Der Schlagzeuger, Tyshawn Sorey, ist so kreativ, dass keine Spur von einem starren Pattern zu spüren ist.
    Coleman sagte (ich glaube 2009), bei seiner Musik sei es „wie in der Kirche“. Das ist natürlich eine „schwarze“ Kirche, wo geklatscht, gesungen, getanzt und improvisiert wird.

    --

    #7659845  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Fef
    Im Übrigen ist mir ein Coleman-Stück eingefallen, bei dem man den Aufbau aus unterschiedlichen „Patterns“ gut verfolgen kann und bei dem auch der spontane Charakter offensichtlich ist: Coleman spielt die Bass-Linie vor und der Bass übernimmt, Coleman spielt den Gitarren-Part so lange vor, bis ihn der Gittarist drauf hat. Dann singt er den Klavier-Part vor. Der Pianist übernimmt, kommt draus und Coleman hilft noch einmal nach. Dann singt er den Schlagzeug-Rhythmus vor. Schließlich improvisiert er darüber, die Gitarre beginnt, mit ihm zu kommunizieren … :
    http://www.m-base.org/tao_of_mad_phat_mp3_files/laid_back_schematics.mp3

    Sooooo anders als „Resistance“ war das aber nicht. Wenn ich ein Lob sagen soll, dann: der verdammte E-Bass, der mir meistens mächtig auf den Geist geht, passt. Andererseits: Ich höre nicht recht, dass Coleman da ständig Nachhilfe gibt, das scheint mir eher am Stück zu liegen. Und wäre ich Gitarrist, Pianist, was weiß ich, würde ich mich nach einem Konzert, in dem mir ständig geholfen wird, auch nicht sehr gut fühlen. Ist womöglich auch ein Unterschied zum „klassischen“ Coltrane-Quartet? Gerade scheint mir, dass Coleman mich am ehesten mit seinen schriftlichen Analysen reizen kann – kann in den Enthusiasmus nicht einstimmen, zumal mir just heute wieder Coltrane aufgefallen ist. :-)

    --

    #7659847  | PERMALINK

    fef

    Registriert seit: 05.04.2010

    Beiträge: 127

    Das mit der Nachhilfe ist ein Missverständnis. Es bezog sich nur auf die eine Stelle. Die Band kannte diese Komposition Colemans offenbar noch nicht und der Piansit brauchte einen Moment, bis er sie drauf hat. Das ist ja sehr schwierig. Mir gefiel dieser Pianist (Andy Milne) immer ausgesprochen gut – unter anderem gerade auch auf der „Resistance is Futile“-CD.

    Ich steh einfach auf gute Grooves … mochte schon als Junger all das Latin-Zeug bis zu afrikanischer Musik …

    Coleman über das Coltrane-Quartet:
    „Ich hatte einmal in einem japanischen Restaurant ein Gespräch mit McCoy Tyner und ich stellte ihm die selbe Frage über Trane. Ich sagte: „Hast du verstanden, was Trane machte?“ Er sagte gerade heraus: „Nein“. Ich sagte daher: „Wie hast du dann mit ihm gespielt?“ Ich kannte gewissermaßen die zu erwartende Antwort, aber ich wollte seine Worte hören, denn er ist ein älterer Musiker und ich habe vor ihm Respekt. Ich wollte wissen, woher er kam. Er war dort und ich nicht. Er sagte: „Ich wusste, dass Trane mit all diesem Zahlen-Zeug arbeitete, neben all dem anderen Zeug, das sich abspielte. Ich konnte ihn lesen sehen, aber ich ließ ihn einfach allein. Ich hab mich mit dem nicht beschäftigt. Wir haben nicht so viel gesprochen und wir haben nicht so viel geprobt. Das war die Art dieser Gruppe. Trane brachte diese Skizzen ein, gab uns minimale musikalische Anleitungen und dann legten wir los. Meine Reaktion auf das war intuitiv. Ich habe es durch Osmose aufgegriffen.” Als McCoy sich erstmals der Band anschloss, spielte er nicht so viel. Er sagte: „Ich hielt mich nicht zurück, um cool zu wirken, sondern weil ich nicht wusste, was Trane spielte.“ [lacht] Wenn man ihn mit dem Pianisten vergleicht, der vor ihm eingesetzt war, sieht man den großen Unterschied. Dieser Musiker versuchte allem zu folgen, was Trane machte, und wurde gefeuert. Als McCoy hineinkam, hielt er sich zurück. Das war geschickt. Wenn man sich die Platten und Bootlegs [Raubkopien] anhört und in der Zeit schrittweise weitergeht, dann sieht man, wie er immer mehr mit Trane spielte. Wenn man zum Jahr 1964 kommt, dann spielt er viel mehr. Bestimmte Dinge wurden zur Gepflogenheit, wie: Trane spielt mit Bass und Schlagzeug und nur mit dem Schlagzeuger. Das war etwas, das sich in der Band entwickelte, und McCoy durchschaute es. Er durchschaute es in der McCoy-Tyner-Sprache, nicht in der John-Coltrane- Sprache. Er machte die Dinge so, wie er dachte, dass sie funktionieren, und nachdem Trane nichts dazu sagte, fuhr er mit dem, was er machte, fort. Und Tranes Motto war: “Das ist der großartige McCoy Tyner. Ich kann ihm nicht sagen, wie er sein Klavier zu spielen hat.“ Das selbe mit Elvin Jones. Er ließ sie machen, was sie machten. Tranes Job war, die Leute aufzugreifen, die die richtige Sache machen werden und ihn sogar überraschen, damit er die Reaktion bekommt, die er wollte – natürlich.“

    Bei Coleman ist es sehr ähnlich, wie das weitere Interview zeigt:
    http://www.jazzseite.at/Zur_Musik_von_Steve_Coleman/text_I19.html

    --

    #7659849  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 14,067

    FefIch meinte nicht, dass eine Musik-Empfindung unbedingt richtiger wäre als eine andere. Ich finde nur, wenn einer sagt, eine Musik groove nicht, und eine andere tanzt voller Spaß dazu, dann muss man einschränken: Die Musik groovt im Ohr des einen nicht. Man kann nicht sagen, die Musik habe schlechthin keinen Groove.

    ah, das ist eine sprachliche Konvention, die wir hier haben – hab ich jedenfalls immer so verstanden – wenn jemand sagt „Das Album … ist wirklich beschissen“, dann soll das nicht mehr heißen als „ich finde das Album … wirklich beschissen“; kann man so abkürzen, weil ohnehin niemand in der Position ist mehr zu sagen als das zweite… gleiches für alle anderen wertenden Statements… (wobei ich zugeben muss, dass ich nicht immer konsequent bin und doch gelegentlich vergesse ein „ich glaube“ oder „ich finde“ wegzulassen)

    --

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    #7659851  | PERMALINK

    fef

    Registriert seit: 05.04.2010

    Beiträge: 127

    Ok, versteh! Sorry!

    --

    #7659853  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 14,067

    ach, da sind schon viele drüber gestolpert, wenn dein erster Post so gewesen wär wie die späteren, hätten wir dich vielleicht auch behutsamer aufgenommen ;-)

    Fef

    Ja, ich sehe Ornette Colemans Stärke auch in dieser unkonventionellen, irgendwie „freien“, sehr kreativen, in positivem Sinn „naiven“, ursprünglichen Herangehensweise. Sie war wohl erfrischend gegenüber den eher weniger kreativen Konventionen, die aus Parkers Musik als „Bebop“-Stil abgeleitet wurden. Aber bei Parker war das alles komplett frisch. Er war in der Lage, eine wahnsinnig dichte, bis ins kleinste Detail fabelhaft gestaltete Musik hervorzubringen – natürlich mit einer Menge internalisierten Phrasen, die er aber total kreativ einsetzte. Offenbar setzt Steve Coleman da an: Er spricht viel von „Struktur“. Es scheint um ein spontanes Spiel mit äußerst komplexen Strukturen (rhythmisch, harmonisch, melodisch) zu gehen, das aber wirklich im Feeling funktionieren muss. So verstehe ich es. In meinen Augen geht diese Sichtweise in eine andere Richtung als die doch ziemlich von den Ideen des Free-Jazz geprägte Jazz-Auffassung der vorhergehenden Jahrzehnte. Ich sehe darin eine neue Linie, die eigentlich eine alte fortsetzt.

    wie gesagt – dass Steve Coleman das so plant, geschenkt; dass er vergleichsweise originell ist – auch geschenkt… die große Frage ist doch, wie weit diese ambitionierten Bemühungen geklappt haben… letzlich ist Improvisieren nun mal nicht vollkommen spontan, zumindest bei fast niemandem, ein Stück „Sprache“ ist immer dabei, da braucht man keine Illusionen zu haben… eigene Sprache ist da… aber wie reich die Sprache ist – da kann man diskutieren

    Fef

    (Thread-Umbenennung – kein Problem!)
    Für mich hat Colemans Musik sehr viel „Bauchelement“ und „cool“ ist so eine Sache: Er ist insofern eher „cool“, als er weniger auf expressive Klangfarben setzt (völlig im Gegensatz zu den Free-Jazzern). Allerdings: Wenn man z.B. das 1. Stück der neuen CD hört, dann kommt da einem schon eine ordentliche Wucht an Sound entgegen. In jungen Jahren wirkte seine Musik gewiss wesentlich cooler. Aber auch damals spielte er durchaus auch mit schneidendem Ton, z.B. im Laufe des folgenden Stückes: http://www.m-base.org/rhythm_people_mp3_files/aint_goin_out.mp3

    hier ist jetzt wirklich die Frage wo man den Free Jazz aufhören lässt… in diesem Text von Iyer auf Colemans Homepage zeichnet jener eine Linie Sun Ra, AACM, M-Base, alles drei „Bewegungen“ mit Wurzeln in Chicago; sowohl die AACM als auch Sun Ra wird man wohl mit gutem Recht dem Free Jazz zurchenen können . dann sieht man sehr schnell, dass der nicht bei Ayler und spätem Coltrane stehengeblieben ist, dass sich viele klge Menschen viel Mühe gegeben haben, Strukturen in die Musik einzuarbeiten, Einflüsse aus früheren Zeiten aufzunehmen… grad Sun Ra ist ein Musterbeispiel dafür wie man einen großen Summs an Theorie und Geschichte in seine Musik einarbeitet, ohne dabei besonders kalkulierend zu wirken (bloß ein bißchen bekloppt…); das ist zum Beispiel dem AEC noch überzeugender gelungen als Coleman, find ich – aber letztlich kann man das wohl alles als Versuche lesen ähnliches zu tun…

    hast du dich mal mit Phil Cohran beschäftigt? ehemaliger Trompeter von Sun Ra, der in den 60er Jahren in Chicago blieb, um seine eigene Version einer ganz ähnlichen Vision umzusetzen, unter anderem mit stärkeren Soul und Funkeinflüssen, expliziterer sozial-politischer Komponente… war auch ein Mitgründer der AACM; seine Alben von damals (kürzlich auf CD erschienen, zB) sind zumindest als Puzzleteile interessant und weil der Ansatz auf dem Papier mit Colemans durchaus Parallelen hat… musikalisch vielleicht weniger ambitioniert, aber sehr schön anzuhören… (sample)

    Ich sehe den schwierigen Punkt darin, dass Coleman zunächst einmal ganz stark auf der rhythmischen Ebene innovativ war, und für die Rhythmik haben wir wenig Background….

    schönes Argument!

    dieses Video mit Wilson fand ich übrigens auch ziemlich überzeugend… lohnt das Doug Hammond Album?

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    #7659855  | PERMALINK

    kingberzerk

    Registriert seit: 10.03.2008

    Beiträge: 2,214

    gypsy tail wind

    In der Auswahldiskographie gibt’s dann an M-Base relevanten Sachen:

    Geri Allen: Open on All Sides in the Middle (Minor Music)
    Geri Allen: Twilight (Minor Music)
    Steve Coleman: World Expansion (JMT)
    Robin Eubanks: Different Perspectives (JMT)
    Dave Holland: The Razor’s Edge (ECM)
    Greg Osby and Sound Theatre (JMT)
    Marvin „Smitty“ Smith: Keeper of the Drums (Concord)
    Gary Thomas: Code Violations (Enja)
    Cassandra Wilson: Days Aweigh (JMT)

    Vielleicht noch
    David Gilmore: Ritualism
    Gary Thomas: While The Gate is Open (mit Dennis Chambers, Dave Holland und Kevin Eubanks)

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    Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.
    #7659857  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 14,067

    ich stelle mal in den Raum:
    Banned in New York von Greg Osby ist das eine Jazz-Album aus den neunziger Jahren, das einfach jeder mag…

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    #7659859  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,339

    Wer ist der Pianist, der vor Tyner bei Coltrane war und von dem Coleman es für so selbstverständlich hält, dass er gefeuert wurde?

    Find ich eine sehr irritierende Aussage!

    Müsste Steve Kuhn gewesen sein, der war für kurze Zeit im Quartett – Coltrane spielte vom 3. Mai bis am 3. Juli in der Jazz Gallery in NYC, laut „Coltrane Reference“ (S. 198f.) spielte Kuhn „until mid-late May or early June“ und Tyner „beginning mid-Late May or early June“ (wobei als Reference Porter, 1998, 176f. angegeben wird). Am Schlagzeug war zu diesem Zeitpunkt Pete La Roca (ab dem 1. September dann Billy Higgins, der während des Gigs vom 28. September bis 1. Oktober in Denver dann von Elvin Jones ersetzt wurde).

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7659861  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

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    Beiträge: 0

    redbeansandriceich stelle mal in den Raum:
    Banned in New York von Greg Osby ist das eine Jazz-Album aus den neunziger Jahren, das einfach jeder mag…

    Aber schade, dass man Jason Moran kaum hört – ist das wirklich nur mit einem Mini-Disc-Recorder aufgenommen, wie allmusic sagt?

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